Druckerabteilung von Big Blue auf Schlingerkurs in ungewisse Zukunft

09.10.1998

MÜNCHEN: Big Blue will offensichtlich Ballast abwerfen. Von unternehmensnahen Quellen verlautete, daß neben dem weltweiten Telekommunikationsnetz nach wie vor auch die erfolglose Drucker-Division unter den Hammer kommen soll.Mit Douglas Maine hat Big Blue-Chef Louis Gerstner Mitte April offensichtlich einen beinharten Sanierer an Bord geholt. Denn nunmehr reißen die Meldungen über mögliche Verkäufe unprofitabler Geschäftsbereiche nicht mehr ab. Investmentbroker Merrill Lynch soll mit der Suche eines Käufers für IBMs weltweites Telekommunikationsnetz beauftragt worden sein, und bereits im Juli veröffentlichte das renommierte New Yorker Wirtschaftsblatt "Wall Street Journal", daß für die Printer-Division (weltweiter Umsatz 1997: zwei Milliarden Dollar) ein Abnehmer gesucht werde. Dementiert hat IBM diese Berichte bis heute nicht. Bereits 1991 schlug der IT-Gigant schon einmal seine erfolglose Druckerabteilung los. Aus ihr ging die heutige Lexmark hervor.

Während sich Dieter Weißhaar, Leiter des Geschäftsbereichs Drucksysteme bei der IBM Deutschland Informationssysteme GmbH in Düsseldorf, bis oben hin zugeknöpft zeigt und gegenüber ComputerPartner zu keiner Stellungnahme bereit ist, scheint der Verkauf des erfolglosen IBM-Anhängsels für Branchenkenner bereits beschlossene Sache. "Die Weichen sind längst gestellt, da die Division mittlerweile völlig autark arbeitet", weiß ein Unternehmenskenner zu berichten. "Mich würde es wundern, wenn sich die IBM nicht schleunigst von diesem Verlustkandidaten trennt", kommentiert ein Mitbewerber. Ein langjähriger Geschäftspartner berichtet gar, daß einige "gemeinsam geplante Projekte seit geraumer Zeit auf Eis liegen". Neben Lexmark wird auch Xerox (liefern fast alle Laserprinter als OEM-Ware an IBM) in der Branche als möglicher Käufer gehandelt, Canon soll - so ein Insider - bereits dankend abgewunken haben.

Noch vor zwei Jahren, dem Zeitpunkt des Wiedereinstiegs in das Printergeschäft von Big Blue, peilte der damalige Chef der hiesigen Druckersparte, Frank Wuschech, einen Marktanteil von zehn Prozent bei Netzwerkdruckern binnen der nächsten zwei Jahre an. Davon jedoch ist IBM meilenweit entfernt. Auch Wuschech-Nachfolger Weißhaar, der im März dieses Jahres das Druckergeschäft erbte, konnte das Ruder nicht herumreißen. In aktuellen Markterhebungen dieser Produktkategorie ist der Anbieter unter "ferner liefen" einzustufen.

Auch die Partner werden langsam unruhig. "Das Geschäft läuft so gut wie gar nicht", so Thomas Wendtland, bei Distributor CHS für IBM-Drucker zuständig, gegenüber ComputerPartner. "Wenn wir dann schon mal einen Auftrag haben, dauert es bis zu sechs Wochen, bis der Drucker angeliefert wird. Dabei weiß ich, daß die Ware verfügbar ist. So kann man einfach keine Geschäfte machen", wettert er weiter. Kritik hagelt es auch seitens des Handels. Michael Hauser, zuständig für das Produktmarketing bei der Debis Systemhaus PCM Computer AG in Feldkirchen, hat bereits einen Entschluß gefaßt. "Wir nehmen die IBM-Drucker jetzt noch einmal in unsere Kundenzeitschrift rein. Aber wenn sie dann wieder keiner haben will, machen diese Produkte für uns einfach keinen Sinn mehr." (cm)

IBM-Drucksysteme-Chef Dieter Weißhaar: "Wir haben noch nicht die Marktanteile, die wir uns erhofft haben."

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