E-Mail für mich?

05.11.2000
Warum Computereinsamkeit in die Milliarden gehen kann.

Ob in Nadelstreifen oder mit Jeans - darauf warten wir alle irgendwie. Die Nachricht mit den Zeilen "I love you im Briefkasten zu haben, ist der heimliche Wunsch aller Cyber-Romantiker beiderlei Geschlechts. Vom Pummelchen bis zum schweißhändigen Abteilungsleiter sehnen sich Userinnen und User nach Flirt, Romanze und heimlicher Zweisamkeit. Zugegeben, auch meiner einer könnte wohl kaum der Versuchung, welche Webmaid meiner Frühlingsbalz erlegen ist und mit heißer Post antwortet, widerstehen und würde mit rechtem Mausklick ins offene Unglück rennen. Des Deutschen Fortune mag die Englischkeit dieser Virusinfektion gewesen sein. Mit entsprechendem Betreff in germanischem Wortlaut wäre die Katastrophe im Beamtenstaat perfekt. Vielleicht sollte das Goethe-Institut über eine Dependance in Manila nachdenken, denn auch bei uns gibt es einsame Herzen, die für einen Liebesbrief sogar den Firmenrechner abstürzen lassen. Allein die Peinlichkeit des Verbreitungswegs einer solchen Attacke könnte ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit und Offenheit in unseren Firmen sein, wenn die Betreffzeile "Magst Du heute Mittag?" lautet. Im Umkehrschluss haben in den Unternehmen und Verwaltungen mit Liebesbriefproblemen die Sozialverantwortlichen ihre Hausaufgaben noch nicht erledigt. Wäre es nicht spannend herauszubekommen, an welchen Stellen der Loveletter extrem zugeschlagen hat? Überall dort könnten die Zent-ren der Lieblosigkeit sitzen. Oder war es, wie oft spekuliert wird, ein Coup der Antivirenhersteller? Der sprunghafte Anstieg der zuletzt so gebeutelten IT-Werte in dieser Sparte bedarf einer Untersuchung. Wollte der von seiner Schule so genervte angebliche Virusschöpfer seine Fähigkeiten der westlichen Welt beweisen? Hat der Recht, der behauptet, der Virus stamme aus Germany und ist vielleicht doch eine Auftragsarbeit, und der Schüler hält nur den Kopf hin? Bei solchen Gewinn- und Schadens-summen muss jede Spekulation erlaubt sein, vielleicht sogar über die endgültige Erklärung hinaus. Wie bei der Millenniumskatastrophe sind nun auch in der Liebesbrief-Affäre dieselben Hersteller an der lukrativen Lösung beteiligt. Und Bill Gates ist auch wieder schuld, weil Outlook zu doof und Scriptprogrammieren so leicht geworden ist, oder doch die Gesellschaft, das System?

Mein Fazit: Bei zunehmender Computerisierung bleiben einige Werte auf der Strecke, für die bisher persönlicher Kontakt benötigt wurde. Vertrauen, Skepsis oder Instinkt lassen sich nicht digitalisieren.

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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