E-Mails archivieren

09.02.2006
Der Einsatz von E-Mails im Geschäftsverkehr nimmt täglich zu, viele Geschäfte kleinerer und größerer Art werden per E-Mail abgewickelt. Häufig wird bei den Unternehmen dabei die Frage der Archivierung der E-Mails außer Acht gelassen, warnt Rechtsanwalt Thomas Feil.

Was außerhalb des E-Mail-Verkehrs eine Selbstverständlichkeit ist, sollte auch bei der Nutzung elektronischer Post selbstverständlich werden. In § 238 Abs. 2 HGB legt der Gesetzgeber für einen Kaufmann die Verpflichtung nieder, eine mit der Urschrift übereinstimmende Wiedergabe der abgesandten Handelsbriefe zurückzubehalten. In einem Klammerzusatz verweist der Gesetzgeber in dieser Vorschrift auch auf Bild- oder andere Datenträger.

Diese Pflicht trifft den Ist-Kaufmann, Kann-Kaufmann und Form-Kaufmann, sprich jeden Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches. Die Speicherung der Handelsbriefe auf CD genügt. In den Kommentierungen zum Handelsgesetzbuch wird darauf verwiesen, dass als Handelsbriefe sämtliche Schriftstücke gelten, die der Vorbereitung, der Durchführung und dem Abschluss oder der Rückgängigmachung eines Geschäfts dienen. Dabei wird nicht zwischen Briefpost, Telefax-Nachrichten oder in neuerer Zeit E-Mails unterschieden. Allein die inhaltliche Bewertung führt dazu, dass ein Schriftstück, auch ein elektronisches Schriftstück, ein Handelsbrief im Sinne des Gesetzes wird.

Für die Unternehmen bedeutet dies, dass zunächst einmal die ausgehende elektronische Post regelmäßig und entsprechend archiviert werden muss. Entsprechende Software wird auf dem Markt angeboten. In der Praxis ergibt sich allerdings die Schwierigkeit, Handelsbriefe aus der Vielzahl der E-Mails herauszufiltern.

Wie oben geschildert, sind nur solche Schriftstücke aufzubewahren, die im Zusammenhang mit einem konkreten Geschäft stehen. Nicht jedes Werbeschreiben, jede Kontakt-E-Mail des Vertriebes, ist nach den gesetzlichen Anforderungen des Handelsgesetzbuches zu archivieren. Hier sind in der Praxis entsprechende organisatorische Voraussetzungen zu schaffen, die die Umsetzung der Anforderungen des Gesetzgebers sicherstellen. Eine zweite Schwierigkeit ergibt sich in der Praxis beim Einsatz mobiler Datengeräte, beispielsweise Notebooks. Auch hier muss (organisatorisch) geklärt werden, wie die beispielsweise über UMTS-Karte versandten E-Mails zentral im Unternehmen archiviert werden.

Aufbewahrungspflicht trifft jeden Kaufmann

Eine weitere Vorschrift, die im Zusammenhang mit E-Mails Bedeutung erlangt, ist § 257 HGB mit der Überschrift "Aufbewahrung von Unterlagen, Aufbewahrungsfristen". Nach dieser Vorschrift ist jeder Kaufmann verpflichtet, unter anderem empfangene Handelsbriefe aufzubewahren. In Abs. 2 wird der Begriff Handelsbriefe konkretisiert. Dies sind nur Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen.

Wie bereits in § 238 HGB festgestellt, trifft die Aufbewahrungspflicht jeden Kaufmann. Neben Einzelkaufleuten sind auch Personenhandels- und Kapitalgesellschaften verpflichtet. Zwar hat ein Kaufmann die Möglichkeit, die Verpflichtung zur Aufbewahrung zu delegieren. Seine Verantwortlichkeit bleibt jedoch davon unberührt. Häufig wird in den Unternehmen überlegt, entsprechend Aufbewahrungspflichten auszulagern (Outsourcing). Dann ist allerdings großer Wert auf eine entsprechende vertragliche Absicherung der gesetzlichen Pflichten gegenüber dem Outsourcing-Unternehmen zu legen.

Da der Gesetzgeber von den Unternehmen nur verlangt, dass Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen, als Handelsbriefe zu archivieren sind, muss nicht jedes eingehende Schreiben aufbewahrt werden. Ein Handelsgeschäft betreffen beispielsweise Aufträge, Auftragsbestätigungen, Verträge, Rechnungen, Reklamationsschreiben und Zahlungsbelege. Nicht zu einem Handelsgeschäft gehören etwa Werbesendungen, Prospekte und Angebote, wenn diese nicht zum Abschluss eines Handelsgeschäfts geführt haben, sowie weiteres eingehendes Informationsmaterial.

Der Gesetzgeber verlangt eine geordnete Aufbewahrung der Unterlagen, schreibt aber kein bestimmtes Ordnungssystem vor. Für Handelsbriefe gilt gem. § 257 Abs. 4 eine sechsjährige Aufbewahrungsfrist. Für steuerliche Zwecke gelten grundsätzlich die gleichen Aufbewahrungsfristen. Die Aufbewahrungspflicht beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Handelsbriefe abgesandt oder empfangen worden sind. Nach Ablauf der Aufbewahrungspflicht können die Unterlagen vernichtet werden, ohne dass für einen Kaufmann rechtliche Nachteile entstehen.

Leitlinien für die Praxis

Bezogen auf die Archivierung elektronischer Post lassen sich daraus einige Grundsätze ableiten:

w E-Mails sind mindestens sechs Jahre aufzubewahren. Dabei muss das Unternehmen sicherstellen, dass auch nach Ablauf von Jahren die entsprechenden Programme bereitgehalten werden, die ein Lesen der Dokumente ermöglichen. Dies kann bei Änderungen im Bereich des Betriebssystems in der Praxis durchaus bei einigen Jahren zu Schwierigkeiten führen.

w Auch bei den eingehenden Handelsbriefen ist organisatorisch zwischen den E-Mails, die Handelsgeschäfte betreffen, und anderer elektronischer Post zu unterscheiden. Dies betrifft insbesondere die für die Unternehmenspraxis und die IT-Sicherheit wichtige Spam- und Viren-Filterung der elektronischen Post.

w Da der Gesetzgeber kein Ordnungssystem festgelegt hat, haben die Unternehmen bei der Umsetzung der Archivierungspflichten aus dem Handelsgesetzbuch einen Handlungsspielraum. Wichtig ist nur, dass die Unternehmen die Archivierungspflichten ernst nehmen.

Sanktionen

Hat ein Unternehmen die Aufforderungspflichten verletzt, so ist dies handelsrechtlich nicht weiter sanktioniert. Allerdings ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes die Aufbewahrungspflicht Bestandteil der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (BFH, BStBl. II 1976, 819). Eine Verletzung stellt daher einen Verstoß gegen die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten dar. Dies kann gem. § 152 AO auch steuerliche Konsequenzen haben. Eine Verletzung der Besteuerungsgrundlagen kann aus der Verletzung der Aufbewahrungspflichten auch elektronischer Post die Folge sein.

Eine fehlende Archivierung von E-Mails kann unter Umständen auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Beispielsweise kommt eine Verletzung der Aufbewahrungspflicht als Steuerhinterziehung (§ 370 AO) oder als leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) in Betracht. Ein weiterer rechtlicher Gesichtspunkt ist die Frage der persönlichen Haftung von Vorständen oder Geschäftsführern, wenn diese eine Organisation der E-Mail-Archivierung unterlassen oder nur unvollständig vornehmen.

E-Mail als Beweis

In der Beratungspraxis tauchen dazu immer wieder Fälle auf, in denen im Rahmen von Auseinandersetzungen Vertragsschlüsse, Vertragsergänzungen oder sonstige Absprachen im Rahmen von Verträgen per E-Mail erfolgt sind, diese aber nach Monaten oder Jahren im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung nicht mehr vorgelegt werden können. Wenn dies für ein Unternehmen zu einem Schaden führt, so wird immer häufiger auch die Frage seitens der Gesellschafter oder Aktionäre gestellt, inwieweit die Unternehmensleitung für den Schaden haftbar gemacht werden kann.

Es genügt diesbezüglich auch nicht der Hinweis, dass E-Mails nur einen geringen Beweiswert haben. Zwar ist eine E-Mail bei der fehlenden Fälschungssicherheit keine Urkunde mit eindeutiger Beweiskraft. Ein von beiden Seiten unterzeichnetes Vertragsdokument wiegt vor Gericht schwerer. Wenn allerdings in der elektronischen Korrespondenz auf E-Mails Bezug genommen wird, so wird es kaum Zweifel an der Richtigkeit und der Versendung der E-Mails geben. Wer allerdings rechtssicher und nachweisbar die elektronische Post nutzen möchte, kann dies nur mit einer so genannten qualifizierten, elektronischen Signatur praktizieren. Nur diese entspricht juristisch dem Erfordernis der Schriftlichkeit und hat einen höheren Beweiswert.

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