Easy siebt seinen Channel durch

06.02.2003
Seit Oktober 2002 steht Rainer Schulz als Vorstand für Vertrieb, Marketing und Entwicklung allein an der Spitze der Easy Software AG. ComputerPartner-Reporter Eberhard Heins sprach mit dem neuen Lotsen des Herstellers von Dokumentenmanagement-Software darüber, wie er das Schiff wieder auf Kurs bringen möchte.

Easy Software hat bislang seine Produkte größtenteils über Vertriebspartner vermarktet. Werden unter Ihrer Führung alle bisherigen Wiederverkäufer unter Vertrag bleiben?

Schulz: Definitiv nicht. Wir werden in nächster Zeit die Verträge mit den Partnern, mit denen wir künftig noch direkt zusammenarbeiten wollen, abschließen. Alle anderen werden nur noch indirekt mit uns zu tun haben.

Sie unterscheiden in Ihrem indirekten Vertriebskanal zwischen so genannten Distributoren und autorisierten Vertriebspartnern. Wie viele werden in der jeweiligen Kategorie verbleiben?

Schulz: Wir gehen sehr selektiv vor. Von den mehr als 30 Distributoren verbleiben sechs, und die Anzahl der autorisierten Vertriebspartner sehe ich dauerhaft zwischen 50 und maximal 100.

Wer sind die sechs verbleibenden Distributoren?

Schulz: Kühling, Henrichsen, WMD Workflow Management & Document Consulting, die CFT Consulting, die Wnet-Gruppe, die viele ehemalige Siemens-Nixdorf-Werksvertretungen umfasst, und S4P Solutions for Partners.

Der Begriff Distributor für Vertriebspartner mit Endkundengeschäft ist ungewöhnlich. Bleibt es dabei?

Schulz: Nein. Wir nennen unse-re bisherigen Distributoren jetzt Easy Direct Partner (EDP). Die autorisierten Vertriebspartner werden als Easy Competence Partner (ECP) bezeichnet und an die jeweiligen EDPs angehängt.

Sie wollen immerhin 24 ihrer 30 ehemaligen Distributoren nicht mehr direkt betreuen. Werden diese sich an die verbleibenden sechs anhängen?

Schulz: Zumindest bieten wir ihnen das an.

Nach welchen Kriterien haben Sie die sechs künftigen EDPs ausgewählt?

Schulz: Das erste Kriterium war natürlich der Umsatz, das zwei-te die Investitionsbereitschaft im Hinblick auf Ausbildung und dediziertes Personal.

Kann jeder, der die Kriterien erfüllt, EDP werden, oder sind sechs bereits die Obergrenze?

Schulz: Aus unserer Sicht sind sechs die absolute Obergrenze für den deutschen Markt.

Sie wollen in diesem Jahr 50 autorisierte Vertriebspartner unter Vertrag nehmen. Wie viele sind es momentan?

Schulz: Wir prüfen derzeit noch die Zertifizierungen. Es gibt viele, die nicht mehr aktiv das Geschäft für Easy betreiben, aber nominell noch einen Status haben. Von daher wäre jede Zahl, die ich jetzt nennen würde, eine falsche.

Müssen Sie die Zahl eher auf 50 hoch- oder runterfahren?

Schulz: Aktiv hoch, nominell runter. Wir werden künftig restriktiver zertifizieren.

Wird sich durch die geplanten Restriktionen das Verhältnis zwischen direkt und indirekt erwirtschaftetem Umsatz verändern?

Schulz: Im vorigen Jahr war der indirekte Vertrieb noch stärker als der direkte. Wir gehen aber davon aus, dass die beiden Vertriebs-kanäle sich im Jahr 2003 in etwa die Waage halten.

Sie haben die Verantwortung für die SQL-basierende Archivlösung "Proxess" an IT Service Grigull ausgelagert. Wird es weitere Veränderungen im Portfolio geben?

Schulz: Ja. Wir hatten zwei Sorgenkinder in unserem Angebot. Das waren "Easy-DMS" und "Easy-Exchange". Für beide werden wir auf der Cebit Nachfolgeprodukte präsentieren. Das eine wird "Document Logistics Center" (DLC) heißen, das andere "Easy-Xbase".

Liegt den neuen Produkten auch eine neue Technologie zugrunde?

Schulz: Absolut. Wir werden eine andere Basistechnologie einsetzen.

Das heißt für Easy-Exchange?

Schulz: Die Hauptaufgabe des alten und neuen Produkts ist die Archivierung und Recherche von E-Mails aus Exchange-Servern von Microsoft. Mit der neuen Produktgeneration werden wir auch verteilte Server unterstützen, und wir haben ein neues Datenbank-Modell unterlegt. Bei beiden neuen Lösungen werden die Verbindungen zu unserem Core-Produkt "Easy-Archiv" deutlich besser sein.

Wird das neue Easy-Exchange auch andere E-Mail-Server unterstützen?

Schulz: Ja, wir können mittlerweile auch native Unix-Mail-Server wie "Send-Mail" bedienen. Das heißt, wir können auch SMTP- und POP3-Mailboxen archivieren.

Werden Xbase und DLC auch relationale Datenbanken unterstützen?

Schulz: Ja. Wir gehen damit neue Wege, ohne die Volltextrecherche zu vernachlässigen.

Datenbanken welcher Hersteller unterstützen sie?

Schulz: Es muss eine SQL-Datenbank sein, aber es muss nicht der SQL-Server von Microsoft sein.

Einer der wichtigsten Hersteller von komplementären Produkten für DMS-Spezialisten ist SAP. Wie sehen Sie ihre Chancenbeispielsweise gegenüber Ixos, das traditionell eine sehr starke Bindung zu den Walldorfern hat?

Schulz: Seitdem Easy eine SAP-Schnittstelle anbietet, geht eine SAP-Installation zu Ixos, eine zu uns und eine zum Rest der Welt.

Unterhält Easy noch sein Kompetenz-Center in Walldorf?

Schulz: Momentan ist es nicht besetzt.

Warum nicht?

Schulz: Weil Easy seit einiger Zeit stärker auf Kosten achtet.

Soll es wiederbesetzt werden?

Schulz: Personell in Walldorf nicht. Der Vorteil, den wir dadurch haben können, wiegt das Geld, das wir dafür ausgeben müssen, nicht auf. Wir beschäftigen aber einen Business-Development-Manager (BDM) ausschließlich für SAP.

Schwächt das nicht Ihre Position gegenüber Ixos?

Schulz: Unser BDM Ralf Klinkhammer hat in Walldorf einen guten Ruf und Zugang zu allen notwendigen Informationen. SAP ist und bleibt für uns strategisch wichtig.

Einigen großen deutschen DMS-Herstellern ging im vergangenen Jahr die Luft aus. Die Amerikaner wie Filenet stehen dagegen verhältnismäßig gut da. Was können Sie von ihnen lernen?

Schulz: Die Hersteller in Deutschland haben sich sehr stark mit sich selbst beschäftigt. Der Nutzwert der Lösung für den Anwender muss wieder stärker im Vordergrund stehen und nicht die Frage, ob der eine Anbieter mehr Funktionen bieten kann als der andere.

Die neuen Easy-Investoren haben Ihren Vorstandsstuhl finanziell nicht dick gepolstert. Wie lange hält die Kapitaldecke?

Schulz: Das ist nicht das Entscheidende. Mit einem höheren Betrag wäre das notwendige Umdenken nicht zu Stande gekommen. Wer plötzlich wieder viel Geld zur Verfügung hat, ohne es sich selbst erarbeitet zu haben, hat nicht das Bewusstsein, sparen zu müssen.

www.easy.de

ComputerPartner-Meinung:

Während es Ceyonic und SER durch Managementfehler und kriminelle Machenschaften vom Markt fegte, treibt Easy noch leckgeschlagen in rauer See. Ein neuer Reeder, sprich Investor, schickte kurz vor dem Untergang ein kleines Rettungsboot mit einem neuen Kapitän. Für alle Produkte und Vertriebspartner ist dort aber kein Platz. Ballast wie beispielsweise die SQL-basierende Archivlösung Proxess oder unproduktive Vertriebspartner wirft der neue Kommandant deshalb kurzerhand über Bord. Damit kann er es in einen sicheren Hafen schaffen. Ob er von dort auch wieder in See sticht, steht dagegen noch in der Sternen. (hei)

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