EDS: Nach Systematics-Übernahme sind Konflikte vorprogrammiert

19.04.2001
Die Übernahme des IT-Dienstleisters Systematics durch EDS spaltet die Gemüter: Die Finanzexperten jubeln, Analysten warnen vor Konfliktpotenzial, und Wettbewerber spekulieren über einen baldigen Abgang von Vorstandschef Detlef Fischer.

Seit offiziell bestätigt wurde, dass der amerikanische Konzern Electronic Data Systems (EDS) den Hamburger IT-Dienstleister Systematics AG übernehmen will, brodelt die Gerüchteküche: Bei EDS sei die Stimmung auf dem Nullpunkt, Systematics-Chef Detlef Fischer werde bald seinen Hut nehmen, man habe das Hardware-Geschäft der Actebis Holding nicht nur im Rahmen einer Kooperation in die Hände gelegt, sondern die erst im vergangenen Jahr erworbene MSH International Service AG gleich mitverkauft, heißt es. Während Systematics die Spekulationen vorsichtig aber bestimmt dementiert, hüllt sich das künftige Mutterhaus vorsichtshalber in Schweigen.

Schwierige Zeiten für das neue Mutterhaus

Die Übernahme spaltet die Gemüter. So bewertet Markus Huber, Consultant bei der Meta-Group, den Verkauf einerseits als positiv (siehe ComputerPartner 13/01, Seite 11), sagt dem neuen Mutterhaus andererseits aber schwierige Zeiten voraus. "Die große Gefahr für EDS droht von zwei Seiten", glaubt Huber. Ein entscheidender Erfolgsfaktor werde die Bindung der Mitarbeiter in der neuen Organisation sein. Gleichzeitig gelte es die Integration der von Sys-tematics im vergangenen Jahr übernommenen Unternehmen zu bewältigen, da diese noch nicht vollständig abgeschlossen sei. In diesem Zusammenhang sei bei Systematics damals außerdem ein Kampf um die Führungsposten entbrannt.

Etwas knapper fällt die Analyse eines anderen Branchenkenners aus, der erfahren haben will, dass es hinter den Kulissen des amerikanischen Konzerts auch schon brodelt: "Warum Systematics den großen Partner wollte, ist ja klar: Denen ist das Geld ausgegangen", meint er. Was EDS sich von der Übernahme versprochen habe, verstehe aber keiner, nicht mal die EDS-Leute selbst: "Unterhalb der Führungsriege gibt es schon einige Mitarbeiter, die sich vorsichtshalber schon mal nach neuen Angeboten umschauen."

Integrationsteam arbeitet an neuer Strategie

Über die künftige Strategie herrsche auf beiden Seiten große Unsicherheit. Zwar soll die bisherige Systematics zunächst als EDS Systematics AG im Markt auftreten, langfristig halten Analysten eine vollständige Integration in das Mutterhaus aber für wahrscheinlicher. Die geplanten Synergien bei Stärkung der bestehenden Standorte könnten einen Stellenabbau zur Folge haben, befürchten nun manche Mitarbeiter. Auch wenn es sich um die üblichen Spekulationen handelt, ganz entkräften können sie beide Unternehmen derzeit noch nicht.

Dementiert wird zumindest der angebliche Verkauf der Systematics-Tochter MSH International Service AG. "MSH passt nach wie vor perfekt zu Systematics. Der Dienstleistungsteil konnte in den vergangenen Monaten gesteigert werden, was sich in einer gestiegenen Marge in Höhe von 9,8 Prozent ausdrückt", berichtet Unternehmenssprecher Thomas Wedrich. "Die Integration und die rechtliche Eingliederung werden weitergeführt." Ein weiterer Schritt in diese Richtung sei die Kooperation im PC-Handel mit der Actebis Holding GmbH. (siehe ComputerPartner 14/01, Seite 50)

Leider könne man zum gegenwärtigen Zeitpunkt weitere Fragen noch nicht detailliert beantworten, lassen beide Firmen einvernehmlich verlauten. Ein Integrationsteam erstelle aber bereits einen Fahrplan für das Zusammenführen beider Unternehmen. Thema dürfte dabei auch das künftige Verhältnis zu IBM sein: Systematics rühmte sich bisher zu Recht einer der Hauptlieferanten von "Big Blue" zu sein. Dummerweise ist die EDS aber auch gleichzeitig ein Wettbewerber desselben. Mit Spannung wird nun erwartet, wie sich die Beziehungen zwischen IBM und Systematics entwickeln werden. Der Wettbewerb hofft, dass IBM dem Partner die rote Karte zeigt: "Was besseres könnte uns gar nicht passieren", wird unter dem Deckmantel der Anonymität gerne kommentiert. Überhaupt sei auch noch nicht unbedingt sicher, dass EDS das Geschäft viel besser beherrsche als Systematics. IBM selbst hält sich zurück: Noch sei die Beteiligung nicht abgeschlossen, die Folgen daher nicht absehbar. Wenn die Sache durch sei, werde man sich gerne äußern.

Einen Gewinner gibt es jetzt schon: Systematics-Gründer Detlef Fischer ist auf jeden Fall fein raus. "Der hat das ganz geschickt eingefädelt. Seine Probleme sind mit der Übernahme auf jeden Fall gelöst worden", meint ein Wettbewerber. EDS hat im ersten Schritt 75 Prozent des Grundkapitals der Hamburger Firma übernommen. Die Aktien stammen vom Management, institutionellen Investoren und Detlef Fischer. Damit der Deal mit EDS überhaupt zu Stande kommen konnte, "musste" er sein komplettes Aktienpaket zur Verfügung stellen, wie das Unternehmen bestätigt. Prompt wird nun gemunkelt, Fischer würde seinen Posten bald räumen: Zum einen sei ein Wechsel in der Führungsebene bei Amerikanern nach einer Übernahme üblich, zum anderen habe Fischer selbst keine Lust mehr. EDS will dazu nichts sagen: "Solange wir die Zustimmung des Kartellamtes zur Beteiligung noch nicht haben, können wir nicht als gemeinsames Haus auftreten und Personaldebatten bei Systematics kommentieren." Ob Fischer bleibt oder nicht, werde man sicher spätestens auf der nächsten Hauptversammlung erfahren.

Bei Systematics selbst glaubt man nicht daran, dass Fischer die Firma verlassen wird. Der Manager selbst ist nicht zu einer Stellungnahme bereit. "EDS schätzt das Management", sagt stattdessen Thomas Wedrich. "Die Unternehmensspitze und das erweiterte Management von Systematics werden weiterhin Führungsaufgaben übernehmen". Allerdings bleibt offen, ob Fischer weiterhin als Vorstand agieren kann, denn ob die Systematics weiterhin eine AG bleibt, ist ebenfalls fraglich.

www.eds.de

www.systematics.de

ComputerPartner-Meinung:

Hier gilt das altbewährte Motto: "Wo Rauch, da Feuer". Ohne personelle Veränderungen wird es EDS kaum schaffen, der neuen Tochter die eigene Philosophie aufzudrücken. Dass ausgerechnet Fischer gehen muss, ist trotzdem unwahrscheinlich. Wenn er auf die Führungsposition verzichtet, dann aus eigenem Antrieb. Nach dem üblichen Schema wäre dann noch ein Posten in "beratender Funktion" drin. Einen guten Berater dürfte Systematics dann auch brauchen, denn der Konflikt mit IBM ist vorprogrammiert. (mf)

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