Effizienter arbeiten - aber wie?

28.02.2002
Die Plagegeister, die einem Unternehmen heute nicht zu knapp im Nacken sitzen, lassen sich letztlich nur mit einer Maßnahme bändigen: Hartmut Volk* zeigt Wege zu mehr Effizienz im Arbeitsablauf.

Konkurrenz- und Kostensituation einerseits, Innovationsdruck sowohl im Bereich des gesamten Unternehmensverhaltens als auch im direkten Angebotsbereich andererseits und ,last but not least, ein munter wachsendes Maß an gesetzgeberisch-bürokratischem Übereifer zwingen immer mehr Unternehmer zu immer komplexeren Arbeitsabläufen. Um dies zu managen, muss Ihr Betrieb sozusagen als fortlaufendes Parallelprogramm zu seiner eigentlichen Arbeit seine gesamten Aktivitäten auf den geistigen Prüfstand stellen: Wie kann das, was heute getan wird, morgen besser - und das heißt vor allem effizienter - getan werden? Effizientes, also möglichst aufmerksames, reibungsloses und wirtschaftliches Arbeiten heißt deshalb das Gebot der Stunde.

Je effizienter die betrieblichen Arbeitsabläufe sind, desto deutlicher kann sich das Unternehmen in Qualität, Preis-Leistungs-Verhältnis, Kundenorientierung sowie Termintreue von seinen Wettbewerbern abheben und die vom Staat so reichlich in den Weg gelegten Stolpersteine überwinden. Ein Betrieb, der seine Abläufe im Griff hat, hat nicht nur die Kontrolle über das, was passiert und wie es passiert, sondern auch den - unbedingt notwendigen - Freiraum für die Beschäftigung mit den Rahmenbedingungen seiner Existenz und seiner weiteren Entwicklung.

Effizienz beginnt im Kopf

Vielen Betriebsinhabern ist nicht klar, mit welcher inneren Einstellung sie zu den besten Ergebnissen kommen. Sie denken (noch immer), länger und härter zu arbeiten bringe bessere Ergebnisse. Doch "mehr von demselben" ist im Wesentlichen das Erfolgsrezept von gestern. Heute heißt die Devise nicht mehr "try harder", sondern "try something new". Nicht die größere "Brechstange", sondern die klarere, von den gewohnten Denk- und Handlungsmustern abgelöste Überlegung und deren konsequente Umsetzung führen heute zum Ziel. Das muss Ihr Leitgedanke als Betriebsinhaber sein.

Dabei gilt: Verfallen Sie nicht in operative Hektik! Das Gegenteil führt zum Ziel: Halten Sie einen Moment inne, und schauen Sie sich um, wie die Arbeitsabläufe bei Ihnen persönlich und in Ihrem Unternehmen aussehen. Denn: Bereits das Verständnis der Ist-Situation ist ein erster und entschei- dender Schritt in Richtung auf die gewünschte effiziente(re) Soll-Situation.

Besteht Klarheit darüber, wie die Arbeit im eigenen Verantwortungsbereich bisher abläuft, können Sie sich im zweiten Schritt mit Hilfe verschiedener Ansatzpunkte (konsequente Kundenorientierung, Qualitätsmanagement, Maximierung der Wertschöpfung) und Instrumente (Blueprinting = Methode zur grafisch leichten Darstellung von Aufgaben und Abläufen, Ursache-Wirkungs-Diagramm, 80/20-Regel) an die Verbesserung der Abläufe machen.

Im dritten Schritt geht es darum, die vorhandenen Potenziale zu nutzen und bestehende Strukturen den Erfordernissen der neuen Abläufe anzupassen. Die Umsetzung im Team ist der entscheidende letzte Meilenstein. Auch wenn die optimale Vorbereitung dieser Veränderung durch Sie, den Unternehmer, unerlässlich ist: Für den Erfolg der Bemühungen kommt es darauf an, alle Mitarbeiter mit dem angestrebten Neuen vertraut zu machen und dafür zu gewinnen.

Das heißt: Die Veränderungen müssen im Betriebsalltag von oben nach unten tatsächlich mit Vorbild gebendem Leben erfüllt werden. Hier ist vom Unternehmer neben sozialer Kompetenz insbesondere auch Methodenkompetenz gefragt.

Die 80/20-Regel

Viele Betriebsinhaber sind hervorragende "Macher", aber nicht gerade Meister des Selbstmanagements, das heißt in der Lage, sich und ihre Mitarbeiter auf das Wesentliche zu konzentrieren. Doch einer der wichtigsten Bausteine wirklich effizienter Arbeit ist nun einmal die Fähigkeit, Prioritäten zu setzen, Ansatzpunkte für Optimierungsmöglichkeiten zu erkennen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Wenn Sie, um ein Beispiel zu nennen, bisher keine bewusste Zeitplanung gehabt haben und nach dem verbreiteten Prinzip "Wer oder was den größten Druck macht, kommt zuerst" gehandelt haben, wäre das im Zuge des Bemühens um effizienteres Arbeiten zu ändern. Überlegen Sie: Was gehört zu meinen Kernaufgaben? Was sind meine zusätzlichen Aufgaben? Was gehört allein in die Verantwortung meiner Mitarbeiter? Und fragen Sie sich selbstkritisch: Habe ich diese Fragen auch wirklich konsequent beantwortet? Den wichtigsten Aufgaben sollten Sie und Ihr Team 80 Prozent der Zeit und Energie widmen, den Nebenaufgaben 20 Prozent.

Bedenken Sie in diesem Zusammenhang auch: Dopplungen und Schnittstellen sind Effizienzmörder! Deshalb: Lassen Sie möglichst viele Schritte von einem Mitarbeiter erledigen. Missverständnisse, zu wenig oder zu viel Kommunikation, ganz einfache Unzulänglichkeiten - all dies droht umso stärker, je mehr Menschen an einem Ablauf beteiligt sind. Falls Sie die Gewissheit haben, schon Ihr Möglichstes in dieser Hinsicht getan zu haben, sollten Sie die verbliebenen unabdingbaren Kommunikations- und Übergabepunkte sicherer machen. Legen Sie fest, welchen Input die eine Seite geben muss, damit die andere sinnvoll arbeiten kann.

Das wiederum gibt Ihnen die Möglichkeit, die zeitraubenden und unwirtschaftlichen Abstimmungsrun-den auf das notwendige Minimum zu reduzieren. So wichtig Abstimmung ist, als Nachbesserung unklarer Vor- beziehungsweise Aufgaben verbessert sie das Ergebnis nicht, sondern treibt lediglich die Kosten in die Höhe.

Außerdem: Jede Abstimmung verlangt Abstimmungstreue. In der Praxis ist gerade das heute ein recht heikler Punkt. Zu oft wird diese Notwendigkeit von einer Seite, nicht selten von beiden recht lax gehandhabt. Effizientes Arbeiten heißt aber nun einmal auch abstimmungsverbindliches Arbeiten. Sie als Chef sollten es sich deshalb zur unbedingten Aufgabe machen, hier beispielgebend zu handeln. Nachlässigkeiten in dieser Hinsicht bergen die Gefahr, dass sich schließlich niemand mehr an Vereinbarungen gebunden fühlt und die Sache - wenn überhaupt - nur schleppend und entsprechend zeit- und kostenintensiv vorankommt.

Noch so gute Abläufe auf dem Papier bringen nichts, wenn sie in der Praxis ignoriert werden. Bei der Umsetzung effizienter(er) Arbeitsabläufe sind deshalb immer wieder Ihre Fähigkeiten als sozialkompetenter Moderator und Motivator gefragt. Ein gutes Instrument, um neue oder verbesserte Arbeitsabläufe nachhaltig einzuführen, ist ein gründlich vorbereiteter Workshop mit den von dieser Maßnahme berührten Mitarbeitern. Es hat sich als sinnvoll erwiesen, einen solchen Workshop ganztägig und an einem externen Ort durchzuführen. Zum Ersten sinkt die Möglichkeit der Ablenkung durch die Anforderungen des Betriebsablaufes, zum Zweiten wird die Wichtigkeit der Veranstaltung unterstrichen und zum Dritten das Wir-Gefühl gestärkt. Zu überlegen ist dabei stets, ob es nicht sinnvoll ist, sich bei der Vorbereitung und gegebenenfalls auch bei der Durchführung dieses Workshops erfahrener externer Hilfe zu versichern.

Effiziente(re) Arbeitsabläufe einzuführen heißt nicht - auch das wird heute nicht immer im notwendigen Maß berücksichtigt -, einen vorgefertigten Plan "koste es was es wolle" durchzudrücken, sondern - gut vorbereitet - die Mitarbeiter einzeln und als Team dazu zu motivieren, ihr Engagement, ihr Know-how und ihr Verantwortungsgefühl einzubringen. Und das verlangt heute auch, den Mitarbeitern beim Ein- und Umschwenken auf neue Wege nicht nur fachlich-sachlich, sondern auch emotional Hilfestellung zu geben, sie zu coachen. Je gewinnender Sie wirken, desto größer wird auf Belegschaftsseite die Bereitschaft sein, sich mit den neuen Schritten anzufreunden und mitzuziehen.

Verfremden Sie Ihre Blickrichtung

Als gesamter Betrieb effizienter zu werden heißt insbesondere auch, sich in Kunden, potenzielle Kunden und denkbare Interessenten hineinzuversetzen. Und aus diesem Blickwinkel zu überlegen, was Sie an deren Stelle erwarten würden. Bedenken Sie dabei bitte: Wenn Sie selbst Kunde sind, fällt Ihnen häufig sehr schnell auf, was bei einem Unternehmen gut läuft und was nicht, was Sie auf Anhieb ändern würden und auch, wen Sie an der Stelle, wo Sie auf ihn treffen, auf keinen Fall belassen würden.

Den gewohnten und leider meist auch fest zementierten Blickwinkel immer wieder einmal so zu verfremden und auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu aufzufordern, ist in der Aufwand-Ertrags-Relation eine außerordentlich effiziente Maßnahme. Bedenken Sie dabei bitte stets: Es geht bei diesem Bemühen nicht darum, Ihre legitimen Firmeninteressen "zähneknirschend" auf dem Altar der Kundeninteressen zu opfern. Ihr Ziel heißt Effizienz, höchste Wirtschaftlichkeit. Nur die bringt Zukunftssicherheit. Und dieses Ziel können Sie am besten ansteuern und erreichen, wenn Sie "drinnen" genau wissen und beherzigen, was "draußen" von Ihnen erhofft erwartet und auch für selbstverständlich erachtet wird. Und was aufgrund dieser Kenntnisse mit Ihren gegebenen Kräften und Mitteln zusätzlich für Sie möglich ist. Denn wirklich effizient ist Ihr Betrieb erst, wenn Sie in der Gegenwart nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Zukunft bewältigen können. Oder, wie es Buddha gesagt haben soll: Willst Du wissen, was Du sein wirst, schau, was Du tust!

*Hartmut Volk ist freier Wirtschaftspublizist in Bad Harzburg.

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