Ein Händler der ganz besonderen Art

12.03.1998

LONDON: Die PST International forscht und fertigt nicht - und der Markt ernährt sie doch. Die Briten kaufen Computerlagerbestände zu lächerlich geringen Preisen beim Hersteller und drücken die Produkte dahin, wo sie dringend benötigt werden.In der Regel sieht und hört man sie nicht - die großen Unternehmen, deren täglich Brot der Aufkauf von Lagerbeständen und Überkapazitäten von IT-Herstellern ist. Dieses Schattendasein ist ganz bewußt gewählt. Das bestätigt auch John Meredith von PST International Ltd. Der Marketing-Manager des britischen Unternehmens räumt ein, daß PST klar von Fehlkalkulationen im Forecast der Hersteller profitiert. Die 20 Mitarbeiter sind ständig auf Achse, um weltweit aufzukaufen, was in zu großen Stückzahlen produziert wurde und die regulären Abnehmer des Lieferanten verschmähen.

Signalisiert beispielsweise Acer Deutschland, daß noch mehrere Paletten Notebooks auf Lager liegen, während in England Mobilrechner gerade knapp sind, kommt ein PST-Mann in Deutschland vorbei, verhandelt und kauft (oftmals zu einem Preis, der unter den Herstellungskosten liegt) - und die Ware wird verschoben. Bezahlt wird Cash und sofort, zumeist innerhalb eines Tages.

Angefangen hat das Unternehmen im Fotobereich 1973, mittlerweile umfaßt das Produktportfolio Hausgerätetechnik, Unterhaltungselektronik - und vor allem Computer samt Komponenten.

Die Größenordnungen sind gewaltig. 1985 beispielsweise kauften die PSTler 180.000 Homecomputer der Marke Sinclair von Amstrad. Der Deal erregte Aufmerksamkeit, seither sei man gut im Geschäft, versichert Meredith. Von einem weiteren Deal, bei dem 65.000 Monitore den Besitzer wechselten, schwärmt Meredith noch heute. Klar, daß er den Hersteller nicht nennen möchte, der auf einer solchen Menge von Systemen sitzengeblieben ist, Diskretion ist ein wichtiger Bestandteil des Geschäfts.

So nennt der Marketingmann nur ganz allgemein seine Lieferantenliste - und die liest sich wie das "Who's who" im Herstellerbereich: Acer, Compaq/Digital, Fujitsu, Siemens, Olivetti zählen zu den regelmäßigen Anbietern. Hewlett-Packard gehört dazu, genau wie IBM und Dell. Da liegt natürlich der Verdacht nahe, daß einige Aldi-, Lidl- und/oder Kaffeeverkäufer von PST oder einem ähnlich gelagerten Unternehmen beliefert werden und so mit ihren aggressiven Preisen den Markt aufmischen können. Doch da, so Meredith, hat der Hersteller ein Wörtchen mitzureden. "Unser jeweiliger Lieferant kann im Vertrag explizit ausschließen, daß wir beispielsweise an Retailer oder Lebenmittelketten verkaufen. Oder daß wir in Deutschland anbieten, und so weiter. Davon wird auch recht häufig Gebrauch gemacht." Bei Nichteinhaltung oder Umgehung solcher Vereinbarungen durch "Strohmänner", so der Marketing-Chef, ruiniere man sich innerhalb kürzester Zeit seinen Namen. "In unserem Geschäft gilt: Der erste Fehler, den wir bei einem Hersteller machen, ist auch unser letzter. So etwas spricht sich herum."

Die Vorteile, die der Hersteller von solcherlei Geschäften hat, liegen auf der Hand: Die lästige Ware ist aus dem Lager, er muß keinen Preiskampf unter seinen Vertriebspartnern auslösen, indem er die Produkte zu Billigpreisen in den heimatlichen Markt drückt - und er ist von der Garantieverpflichtung befreit. Denn die PST verkauft nur in Kanäle, die in der Lage sind, den entsprechenden Support zu bieten. Beispielsweise an Distributoren oder größere Fachhändler.

Bislang macht der reine Kauf und Verkauf von Ware den größten Teil des Geschäfts bei PST aus. Doch der Ehrgeiz der Briten richtet sich derzeit auf den Bartering- (siehe Kasten) und Service-Bereich.

Die Ausgaben für den Warenkauf in Deutschland liegen laut Meredith bei rund 19 Prozent der Gesamtausgaben - über Umsätze und Profite schweigt er sich allerdings aus. Die Wettbewerbssituation in Europa

sieht er recht gelassen, aber: "In den USA gibt es einige vergleichbare Unternehmen - und auch unsere Kunden sind ja eigentlich unsere Konkurrenz." (du)

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