Ein Händler lehnt sich gegen Intel auf

10.05.2001

Das deutsche Systemhaus Waibel hat sich entschlossen, keine Pentium-4-PCs zu verkaufen. Daran ändere auch die gerade erfolgte Preissenkung von Intel nichts, bestätigte der Geschäftsführer Andreas Waibel gegenüber ComputerPartner. Das Systemhaus zeigt damit Mut und tritt dem Chip-Giganten offen entgegen. Waibel will seine Kunden nicht verärgern. Die Argumentation des Geschäftsführers ist so einfach wie einleuchtend: Der Pentium 4 kann, obwohl wesentlich teurer, kaum mit höherer Rechenleistung als AMDs Athlon aufwarten. Außerdem soll schon in etwa sechs Monaten die nächste Generation des Pentium 4 auf den Markt kommen. Wer jetzt einen Pentium 4 kauft, kann ihn dann nicht mehr aufrüsten, weil Intel den Sockel mit der nächsten Generation ändert. Es sei denn, er spendiert dem Rechner ein neues Motherboard, eine neue CPU und einen neuen Speicher. Spätestens wenn der Kunde den PC aufrüsten will, kommt das böse Erwachen und die Schuld wird nicht auf Intel, sondern auf das Systemhaus geschoben.

Die Strategie des Chip-Herstellers, mit einem Kampfpreis für den Pentium 4 den Markt wieder komplett für sich einzunehmen, scheint zumindest bei diesem Händler nicht aufzugehen. Ihm sind zufriedene Kunden, die dann auch in einem halben Jahr wiederkommen werden, wichtiger als die schnelle Mark.

Mit seinem Verhalten setzt Waibel aber auch ein Signal. Denn seit Jahren oktroyiert Intel der PC-Gemeinde seine Produkte. Konkurrenz war früher weit und breit nicht in Sicht. Nun versucht der Chip-Krösus es wieder einmal mit dem Pentium 4. Frei nach dem Motto: Hohe Taktrate verkauft sich gut. Dass gebräuchliche Software nicht optimal auf der 32-Bit-Struktur des Pentium 4 läuft, verschweigt der Hersteller tunlichst. Kunden, die sich hauptsächlich an der Werbung orientieren, können sich freuen, einen Händler zu haben, der nicht nur Loblieder auf Intel-Produkte singt. Schließlich kauft man einen PC nicht wie ein Stück Brot. Hierbei handelt es sich immer um eine langfristige Investition, die über mehrere Jahre ihren Dienst verrichten soll. Zu den großen Vorteilen eines PCs gehört auch immer die Option Aufrüstbarkeit. Und diese Möglichkeit kann Intel beim jetzigen Modell des Pentium 4 wirklich nicht bieten. Da lob ich mir den Mut des Systemhauses, ungeschminkt die Wahrheit zu sagen - auch auf die Gefahr hin, einen Kunden zu verlieren,.

Erst mit dem Pentium 4, Version 2, wird sich nach Aussage von Intel - "Der Pentium 4, Version 2, ist gut für mehrere Generationen" - die Situation ändern. Allein schon die Tatsache, dass für den neuen Sockel weitere CPUs gebaut werden, macht das System dann wieder für den Konsumenten interessant. Und wenn sich zusätzlich auch noch die Rechenleistung steigert - umso besser.

Waibel zeigt mit seinem Verhalten, dass Beratung eminent wichtig ist. Denn der Kunde, verunsichert durch die ständig auf ihn einhämmernde Werbung, will nur einen schnellen und zukunftssicheren PC kaufen. Welcher für ihn der richtige ist, kann der Handel oft besser beurteilen als er selbst. Und dabei muss man auch einmal den Mut aufbringen, ihm von seinem vermeintlichen Wunsch-PC abzuraten.

Durch diese Abkehr wird Intel nur wenige Pentium 4 weniger verkaufen. Dennoch zeigt sie, dass der Handel und auch die Board-Hersteller nicht immer mit dem Strom schwimmen und alles gutheißen müssen, was Andy Groove und Craig Barrett der PC-Gemeinde andrehen wollen.

Hans-Jürgen Humbert

hhumbert@computerpartner.de

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