Ein Herz für Händler, die zweite!

22.02.2001
Fachhandelsdistributor mit Herz liebt Kistenschieberware

Es war einmal ein Händler, der stellte Personalcomputer her. Feine Teile wurden verwendet, geprüfte, handverlesene Ware ganz nach Wunsch seines Kunden montiert. Zu jener Zeit, als die Seuche BSE nur auf Europabeamte beschränkt war, begab es sich, dass just diese ein Dekret erließen, in dem fortan dem ehrlichen Kaufmann untersagt war, dies ohne den Segen eines Prüfsiegels zu tun. Wohlwissend ob dieser Gängelung, ersann der schlaue Krämer immer neue Wege, um seinen Laden zu erhalten. Doch die Handlanger des Mammons waren unersättlich. Advokaten, zumeist winklige, trachteten im Auftrag zwielichtiger Organisationen nach seinem letzten Groschen. Einem Verbund beigetreten, halfen dessen leeren Worte auch nicht. Dieser wollte selbst reich werden, half nur den Starken gern und setzte die Schwachen vor die Tür. In jener dunklen Zeit also, wurde im Lande ein neues Wort bekannt, es war "Fachhandelstreue". Einer von denen, die mit dieser wohlklingenden Formulierung für sich selbst warben, ersann in seiner großen Gnade und dem Geld der Händler ein System, welches half, des Kaufmanns Kunden wieder freundlich zu stimmen. Im Rahmen der gültigen Verordnungen und Gesetze war es dem Handelsmann wieder möglich, die Wünsche seiner Klientel mit seiner Kompetenz zu jedermanns Wohle zu vereinen. Soweit das Märchen aus dem letzten Jahrtausend! Verbal funktioniert das auch heute noch und macht vor allem werbemäßig einiges her. Bei Ingram Macrotrons Hausmarke Videoseven V7 lautet der inzwischen zweideutige Slogan übersetzt "Mehr als nur eine Kiste", den ursprünglichen Sinn dieser Aktion in sich tragend. "More than just a box" heißt es allerdings auch immer öfter, wenn es um Individualsysteme geht. Bei Bestellungen unter fünf baugleichen Systemen geht kaum noch BTC, übersetzt Fertigung nach Kundenwunsch. Ob Fujitsu Siemens, Acer, Compaq oder IBM, keiner bekommt das hin. Konsequenterweise ist Dell, als Direktversender und Horrorvision des Ladenhändlers, der einzige der Big Brothers, der ein System nach Kundenwunsch konfiguriert und in Einzelstücken bezahlbar liefern kann. Warum dessen Erträge zunehmen und Einheitsschrott im Lager bleibt, mag die verwundern, die sonst mit Äpfeln handeln oder eben Fachhandelsdistributoren mit Herz und ähnliche. Ich wäre so gerne Dell-Fachhändler, wenn es doch nur welche gäbe, so ein Typ wie Michael Dell als Kopf eines Distributors. Wow!

Mein Fazit: Wer nur noch Minitowersysteme mit kastrierten Micro-ATX- Bördchen an den Fachhandel verkaufen will, braucht sich um Kundenbereinigung pro Retail keinen Kopf zu machen - oder wissen sie nicht, was sie tun?

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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