Ein Milliardenmarkt tut sich auf

30.01.2003
Gegenüber dem Vorjahr nahm die Zahl der Aussteller von 120 auf 150 zu, auch die Besucheranzahl stieg an auf 16.800: Die amerikanische Ausgabe der Linux-World kann sich wirklich sehen lassen.

Die alljährliche Open-Source-Show nutzten die im Linux-Markt engagierten Unternehmen zu diversen Ankündigungen. So hat etwa IBM in New York die Namen von gleich zehn neuen großen Linux-Anwendern veröffentlicht. Zu ihnen zählt zum Beispiel auch die Friedrich AG & Co. KG, ein großer Sanitärausstatter aus Hemer im Sauerland. Die in 140 Ländern vertretene Company nutzt Linux als Konsolidierungsplattform.

Linux in allen Bereichen führten auch die IT-Experten bei Unilever ein. Der Lebensmittelriese (Magnum-Eis, Lipton-Tee, Knorr-Soßen) erhofft sich damit, die unterschiedlichen Hardware- und Softwareplattformen leichter mit Geschäftsanwendungen zusammenzubringen.

Ein anderer großer deutscher IBM-Kunde, der Linux auf breiter Basis einsetzt, ist Eberspächer, weltweit viertgrößter Hersteller von Standheizungen und Auspuffrohren. Der Automobilzulieferer aus dem schwäbischen Esslingen verwendet Linux auf einem Mainframe-System im Produktionsbetrieb. Dort arbeitet ein SAP-R/3-Applikationsserver unter Suse Linux/390 zusammen mit einer DB2-Datenbank unter z/OS. Darüber hinaus werkelt dort eine Linux-Partition als Serverplattform für eine Fertigungslösung. Das Ganze implementierte der IBM-Business-Partner SVA.

Geschenke für Entwickler

Auch das von Suse angeführte United-Linux-Konsortium nutzte die Linux-World für diverse Neuankündigungen. So startete der Viererbund (Suse, Connectiva, Turbolinux, SCO) ein spezielles Programm für Softwareentwickler. Dessen Ziel ist es, ISVs (Independent Software Vendors) die Mittel an die Hand zu geben, die zum Portieren, Debuggen und Neuentwickeln von Linux-basierenden Anwendungen notwendig sind.

Hierzu zählt zum Beispiel ein eigens zu diesem Zweck eingerichtetes Diskussionsforum, in dem sich Entwickler austauschen können. Ferner bietet United Linux Programmierern vereinfachte Bestellmöglichkeiten von Werkzeugen sowie einen Zugang zu speziellen Angeboten der Technologiepartner.

Computer Associates (CA) stellte in New York seine Linux Technology Group vor. Diese soll bei dem Softwerker die Produktentwicklung im Open-Source-Umfeld koordinieren. Aus diesem Grund ist dort Personal aus allen sechs Produkt-gruppen, unter anderem Systemmanagement, Sicherheit und Storage, versammelt. Bisher galt CA lediglich als Linux-Experte auf dem Mainframe.

Das Wettrennen der Prozessorhersteller

Lotus hat zwar immer noch keinen Notes-Client für die Open-Source-Plattform parat, dafür offeriert nun die IBM-Business-Unit auch einen Webclient für Netscape 7.0 unter Linux. Die Explorer-Alternative möchte Lotus auch auf der Windows-Plattform unterstützen - im Spätsommer soll es dann endlich so weit sein.

Weit aus dem Fenster hat sich AMD in New York gelehnt. Der Chiphersteller verspricht ein echtes 64-Bit-Linux auf seinem Opteron-Prozessor - und das bereits im April. Zu einer der ersten Anwendungen, die für diese CPU optimiert worden sein sollen, zählt angeblich die 64-Bit-Version der IBM-Datenbank DB2. Als Betriebssystem ist hierfür Suse Linux vorgesehen.

Wenngleich Sun diese Ankündigung noch mit einem Schulterzucken ("so what?") quittieren kann, dürfte eine andere Kooperation der Hardware-Company mehr Kopfzerbrechen bereiten: Fujitsu, bisher ein treuer Abnehmer der Sun-Sparc-Prozessoren, hat sich mit Intel daraufhin verständigt, zum Ende des kommenden Jahres Xeon-basierende Linux-Server auf den Markt zu bringen. 2005 soll gar eine 64-Bit-Maschine folgen, bis zu 128 Itanium-Prozessoren könnten dann in einem Highend-Server vereinigt werden.

Mit Dell ist Sun Microsystems ein weiterer Kunde abhanden gekommen: Der Direktvermarkter hat intern 14 Sparc-Server durch eigene, Linux-basierende Maschinen ersetzt. Darauf läuft eine Clusterfähige Linux-Distribution von Red Hat und eine darauf abgestimmte Oracle-Datenbank. "Dieses System ist billiger und arbeitet schneller", lautet das Fazit des Dell-CIOs Randy Mott.

Sun hingegen vertritt weiterhin die Meinung, dass Linux so etwas ist, wie "Unix für Arme". Man könnte Linux als Client-Betriebssystem für Point-of-Sales-Terminals verwenden, etwa um Bankgeschäfte online tätigen zu können. Ferner könnte Linux als Plattform für verteilte Anwendungen herhalten, zum Beispiel für Dateneingabe oder für Web-basierende Transaktionen. Am Backend dieser Infrastruktur müssten selbstredend mächtige Sparcgesteuerte Solaris-Server stehen, so die Meinung von Jonathan Schwartz, Software-Chef bei Sun.

IBM und HP fühlen sich als Linux-Marktführer

So ganz ins Blaue investieren die IT-Konzerne aber nicht in eine Linux-Infrastruktur. Das scheint sich schon zu lohnen: Eigenen Angaben zufolge hat IBM im vergangenen Jahr mit Linux 1,5 Milliarden Dollar umgesetzt - dieser Betrag schließt Verkäufe von Hard- und Software sowie die dazugehörigen Dienstleistungen mit ein. Hewlett-Packard behauptet gar, Umsätze von zwei Milliarden Dollar mit Open Source generiert zu haben.

Auch wenn man diese Zahlen mit Vorsicht genießen muss, der Trend zu Open Source ist unaufhaltsam. Allein mit Linux-Server-Software werden in diesem Jahr sechs Milliarden Euro umgesetzt, glauben Experten von Gartner.

www.linuxworldexpo.com

ComputerPartner-Meinung:

Eigentlich gehört ja die Linux-World zu den wenigen Gewinnern im hart umkämpften Markt für Messen, Ausstellungen und Kongresse. Schade nur, dass die dazugehörige Website das nicht mithalten kann. Drei Tage nach Ende der Veranstaltung konnte man sich noch immer hierfür registrieren lassen. Ein bisschen mehr Aktualität täte hier schon Not. (rw)

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