Ein musischer Brandstifter im Walkman-Format

04.04.2002
Nicht nur für Musikfans, Techno-Kids und Pyromanen hat Waitec einen tragbaren CD-Spieler um einen Brenner und MP3-Software erweitert. Mit einem Notebook kann das Gerät in Walkmangröße auch Daten-CDs erstellen oder lesen. ComputerPartner hat sich das Produkt näher angesehen.

Ist das der neue Palm?", lautet die Reaktion vieler, die den "Clipp" von Waitec zum ersten Mal sehen. Ganz Unrecht haben sie ja nicht. Die leicht geschwungene Gehäuseform erinnert auch in der Größe an den Taschencomputer. Erst auf dem zweiten Blick ist zu erkennen, dass das LCD-Display viel kleiner ist. Dafür erinnern die Bedienknöpfe auf der Gehäuseoberseite an den klassischen Walkman. Waitec spielt also mit bekannten Formen, und vielleicht heißt ja das Credo der Entwicklungsabteilung "Never change a winning form". Das knapp 250 Gramm leichte Gerät liegt ausgesprochen gut in der Hand.

Europagerecht sind auf der Verpackung die Spezifikationen des Gerätes und der Lieferumfang in sechs Sprachen aufgelistet. Hat man das Gerät erst in Gebrauch, ist die Verpackung meist schon vernichtet. Darum fällt es auch nicht weiter auf, dass das Display des auf der Verpackung abgebildeten Gerätes nicht dem Realen entspricht. Dies sind aber unfaire, kleinliche Marginalien und sollen uns nicht weiter stören.

Wie auf der Verpackung versprochen, kommt Clipp in edlem Türkis einher. Ihm werden werkseitig ein Netzgerät, ein USB-Kabel, ein Kopfhörer-Set, je eine Softwarediskette sowie -CD und Leer-CDs mitgegeben.

"So ähnlich sieht meine Puderdose aus", war der Kommentar einer Ignorantin, als sie den Deckel des Kunststoffgehäuses aufklappte und in der verchromten Innenabdeckung ihr Spiegelbild erblickte. Sie erkannte aber auf Anhieb, dass eine CD-ROM normaler Größe, also mit zwölf Zentimeter Durchmesser, nicht in den CD/MP3-Player passt. Richtig, Clipp ist nur für Acht-Zentimeter-CDs beziehungsweise -CD-Rs konzipiert.

Ein englisches Handbuch, das keines ist

Auspacken, anschließen, loslegen - perfektes Plug and Play, das jedenfalls verspricht Waitec. Das größte Hindernis ist das scheinbar fehlende Handbuch. Es fehlt nicht, versteckt sich aber, jedenfalls bei unserem Modell, auf der unbeschrifteten Installations-CD. So wurde das Installieren zur Schnitzeljagd, bis alle Compactdiscs durchsucht und die richtige Datei gefunden wurde.

Das 40-seitige "Handbuch" ist als PDF-Datei und in englischer Sprache abgespeichert. Es ist zwar betont deutlich geschrieben und klar bebildert, schränkt aber durch die Sprache den Kundenkreis unnötig ein. Leider werden die mitgegebene Software Nero Burning Version 5 und der eigentliche Brennvorgang nicht beschrieben, was eventuell den Home-User abschrecken wird. Waitec verspricht, dass in den neuen Versionen dieses Hindernis beseitigt ist.

Der CD-Player muss lediglich am Stromnetz und am USB-Port angesteckt werden. Die interne Software kommuniziert mit dem PC beziehungsweise Mac und lädt den nötigen Treiber auf. Vorausgesetzt, der PC arbeitet unter Windows ME oder 2000, bei Macintosh sollte es mindestens die Version Mac-OS 8.6 sein. Für Windows 98 liegt eine eigene Installationsdiskette bei. Mindestvoraussetzungen beim Rechner sind 200 MHz Taktfrequenz, 25 MB Festplattenspeicher und 32 MB Arbeitsspeicher.

Clipp sollte anfangs drei Stunden am Stromnetz hängen, dann ist der am Boden des Gehäuses eingeklippste Lithium-Ionen-Akku aufgeladen. Die auf der Verpackung versprochenen zehn Stunden Spielzeit schaffte unser Gerät jedoch nicht einmal im Standby-Betrieb.

Schwelbrand statt loderndes Feuer

Als Brennsoftware für die heimische Computerfestplatte steht Nero-Burning-ROM in der Version 5 zur Verfügung. Laut Herstellerangaben versteht Clipp alle CD-Formate, MP3- und WMA-Audio-Files. Wir hatten im Test nicht alle exotischen Möglichkeiten, Speicherplatz zu füllen, ausprobiert, haben aber keinen Anlass, an dieser Aussage zu zweifeln. Handikap ist die geringe Lese- (sechsfach) beziehungsweise Brenngeschwindigkeit (vierfach), was an der verwendeten USB-1.1-Schnittstelle liegt. Was bei MP3-Files noch erträglich ist, dauert bei normalen Dateien nervenaufreibend lange. Vor allem im mobilen professionellen Bereich mit größeren Bilddateien kann dies zum Ausschlusskriterium werden.

Zusätzlich schränkt die relativ kleine Kapazität der Compactdisc den Gebrauch des Waitec-Geräts ein. Mit 185 MB kann sie der "Großen" mit fast viermal so umfangreichem Speichervolumen nur wenig Konkurrenz machen. Die Acht-Zentimeter-Discs können nur in Laufwerke mit Schubladeneinzug ge- laden werden. Besitzer zum Beispiel von I-Macs gehen also leer aus.

Als MP3-Player zu übergewichtig

Aber auch im Consumer-Bereich wäre das Produkt ausbaufähig. Als Discman für die Kids sind die Acht-Zentimeter-Discs (noch) nicht verbreitet genug, außerdem kann die gekaufte Lieblings-Audio-CD nicht auf dem Clipp gespielt werden. Als reiner MP3-Player ist Clipp zu groß und zu schwer, wo doch MP3-Player jetzt am Handgelenk oder im Handy versteckt werden. Und schließlich gibt es komfortablere Datenverwaltungen. Zu beachten ist, dass der Clipp nur MP3-Aufnahmen von CD abspielt. Dabei ist die Geräteausstattung in Sachen Audiokomfort mit installiertem Siebenfach-Equalizer, Schuffle-Funktion (Zufallswahl), Wiederholtaste und Balanceregelung recht ordentlich.

Das Kunststoffgehäuse macht keinen übermäßig stabilen Eindruck. Was anfangs edel aussieht, verkratzt leider recht schnell. Die Kopfhörer im Knopfdesign sind zu dick geraten und passen nicht optimal. Der Klang ist aber gut, auch von MP3-Dateien. Waitec verspricht einen 8-MB-Anti-Shock-Buffer, der bei MP3- acht Minuten und bei WMA-Dateien 14 Minuten speichert. Ob die Daten stimmen, konnte nicht getestet werden. In der Praxis lässt sich Clipp von Bewegungen jedenfalls nicht irritieren. (hs)

<b>Kurzgefasst</b>

Waitecs MP-3/CD-Player und CD-Brenner Clipp eignet sich - mit Einschränkungen - nicht nur zur akustischen Erbauung, sondern auch zur Datensicherung beziehungsweise -übertragung. Das Gerät versteht auf den Acht-Zentimeter-CDs mit 185 MB alle gängigen Audio-Komprimierungsprogramme. Als MP3-Player ist das Gerät zu groß, zu schwer und die Titelverwaltung zu simpel. Als Discman stört das Format der CDs. Positiv fiel auf, dass das Design stimmt, die Technik ausgereift scheint und der Klang gut ist. Clipp versucht, allen gerecht zu werden, windet sich aber um gängige Anforderungen und Zielgruppen herum. Bis zu einem Nachfolgegerät kann die ComputerPartner-Note daher nur eine Drei sein.

Anbieter:

Waitec NV

Venloseweg 7/a

5931 GR Tegelen

Niederlande

Tel.: +31 (0)77/3 26 10-40

Fax: +31 (0)77/3 26 10-49

www.waitec.com

Preis:

389 Euro

(empfohlener Verkaufspreis)

Wertung:

Gerät/Software: 3

Handbuch: 3-4

Lieferumfang: 1-2

Ease-of-Use: 2-3

Händler-Support: 4

CP-TIPP: 2

(Bewertung nach Schulnoten)

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