Ein neues Marktsegment entsteht: programmiertes Fernsehen

11.11.1999
MÜNCHEN: Echte Produktneuheiten sind rar geworden, der Markt lebt heutzutage hauptsächlich von Verbesserungen etablierter Technologien. Zwar sind die Produkte von Philips/Tivo und Fast keine Revolutionen auf dem Hardwaresektor, vielmehr kombinieren sie bewährte Techniken. Allerdings könnten sie ein völlig neues Marktsegment erschließen: den programmierten Fernsehgenuß.

Bereits auf der Berliner Funkausstellung zeigte Philips gemeinsam mit Serviceanbieter Tivo das neue Konzept zur intelligenten Aufzeichnung von TV-Programmen. Der "Personal TV Receiver" besteht aus einer Settop-Box mit integriertem Festplattensystem zur intelligenten Aufzeichnung des Fernsehprogramms nach den individuellen Wünschen des Anwenders (siehe <B>ComputerPartner</B> 32/99, Seite 40).

FAST MUTLTIMEDIA GRÜNDET NEUES UNTERNEHMEN

Der Videonachbearbeitungsspezialist Fast Multimedia legt nun nach und präsentierte am 18. Oktober anläßlich der Medientage in München das Produkt "TV-Server". Dazu wurde eigens die Fast TV Server AG gegründet, welche sich aus den Mehrheitsgesellschaftern der Fast Multimedia AG und der International Computing GmbH (IPC) zusammensetzt. Dazu Matthias Zahn, Gründer der Fast Multimedia AG und nun Vorstand der Fast TV Server AG: "Mit der Neugründung reagieren wir auf die Nachfrage nach Produkten, die das Medium Fernsehen für den Endverbraucher attraktiver machen. Unser Ansatz ist es, dem Zuschauer nicht zusätzliche Kanäle sondern bessere Auswahlmöglichkeiten aus dem vorhandenen Programm zu geben."

Der TV-Server dient, wie das Produkt von Philips und Tivo auch, als digitales Aufnahmegerät mit bis zu 30 Stunden Aufzeichnungskapazität. Im Unterschied zu herkömmlichen Videorekordern ermöglicht er jedoch das gleichzeitige Aufnehmen von zwei Programmen sowie gleichzeitiges Aufnehmen und Wiedergeben. Dazu kann das laufende TV-Programm angehalten, zurückgespult und zeitversetzt wiedergegeben werden (siehe <B>ComputerPartner</B> 39/99, Seite 54). Der Hauptansatz bezieht sich jedoch weniger auf die komfortablen Aufzeichnungs- und Wiedergabefunktionalitäten als vielmehr auf ein intelligentes System zur Vorauswahl der gewünschten Programme.

Der wesentliche Unterschied zu dem Joint-Venture von Philips und Tivo Inc. besteht bei Fast darin, daß dem Kunden beim TV-Server keine laufenden Kosten für die Nutzung des Programmdienstes entstehen. Dafür fällt der Verkaufspreis mit knapp 5.000 Mark inklusive Mehrwertsteuer deutlich höher aus. Fast ist jedoch nach eigenen Angaben darum bemüht, Partner in Reihen der Unterhaltungselektronikhersteller zu finden, um das Gerät auch als günstigeres OEM-Produkt zu vermarkten. Der TV-Server soll sich von diesen Geräten jedoch durch Design und Zusatzfunktionen abheben. Der Philips-Ableger wird voraussichtlich in verschiedenen Varianten ab 1.000 Mark aufwärts zu haben sein. Die Niederländer haben ihrerseits ein Abkommen mit der Kirch-Gruppe getroffen, um das Produkt mit einer Pay-TV-Settop-Box zu kombinieren.

AB MITTE 2000 SOLL ES LOSGEHEN

Beide Lager wollen ihre Geräte zirka Mitte 2000 anbieten, wobei sich die Vertriebskanäle noch nicht genau herauskristallisiert haben. Während Philips/Tivo aller Wahrscheinlichkeit nach ihr Heil über den Unterhaltungselektronikfachhandel suchen, wird Fast wohl auch die PC-Händler mit ins Boot holen.

Eins ist sicher: Setzen sich die neuen Konzepte an bereiter Front durch, wird sich das Fernsehen, wie wir es heute kennen, verändern - weg vom reinen Konsum, hin zur gezielten Programmauswahl. Auch die Werbeindustrie wird sich dann umstellen müssen, hat der Kunde mit solchen Geräten doch viel mehr Möglichkeiten, sie zu umgehen. (akl)

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