Reden, zuhören, entwickeln

Ein Tag im Leben eines IT-Beraters

Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

Meetings, Meetings, Meetings...

Ohne Notizbuch geht gar nichts: Die Fragen und Ergebnisse zahlreicher Meetings müssen festgehalten werden.
Ohne Notizbuch geht gar nichts: Die Fragen und Ergebnisse zahlreicher Meetings müssen festgehalten werden.
Foto: Accenture

10.10 Uhr: Das erste Meeting mit dem Kunden an diesem Mittwoch. Um keine Zeit zu verlieren, bleiben die Berater im Großraumbüro und ziehen sich hinter die nächste Trennwand zurück. Jeder hat ein Notizbuch oder einen Block vor sich liegen und eine Wasserflasche mitgebracht. Der Projekt-Manager auf Kundenseite kommt ohne Umschweife zum Thema. Für den nächsten Software-Rollout verschiebt sich die Deadline um zwei Monate, er fragt alle Anwesenden nach dem Status der Arbeitspakete: Wie weit ist die Programmierung der Komponenten fortgeschritten? Gibt es offene Punkte in der Spezifikation, die noch abgeklärt werden müssen? Gibt es schon Testfälle von der Fachabteilung für den ersten Systemtest Anfang Mai? Während der IT-Projekt-Manager die wichtigsten Ergebnisse der Besprechung zusammenfasst, schlägt Blamauer sein Notizbuch zu und rollt mit dem Bürostuhl ein Stück zurück. Bereit zum Aufbruch. Der nächste Termin drängt.

10.40 Uhr: Die Konferenzschaltung nach Indien steht. Blamauer entschuldigt sich für die Verspätung und sagt, dass er den Anruf kurz halten will. Softwareentwickler Godwin, seit Kurzem im Accenture-Team, antwortet, ja, er habe die Dokumente erhalten, aber noch keine Fragen dazu. Blamauer telefoniert mehrmals in der Woche mit Godwin: "Wenn die Leute so weit weg sind, muss man den Kontakt eng halten." Auch der indische Entwickler wird bald nach München fliegen, um drei Monate vor Ort gemeinsam mit dem Team zu arbeiten. Blamauer erklärt ihm seine Aufgaben und will ihm später noch eine Zusammenfassung des Gesprächs per Mail schicken. Über das Visum können die beiden nicht mehr reden, Blamauer muss in die nächste Besprechung.

11:10 Uhr: Zum wöchentlichen Meeting wechselt das Accenture-Team in einen Besprechungsraum, Godwin aus Indien ist per Telefon zugeschaltet. Test-Managerin Julia Bernhardt leitet das Treffen, in dem das Team die Gelegenheit nutzt, sich gegenseitig auf den neusten Stand zu bringen. Auch sie führt straff durch die volle Agenda, Blamauer wirft Anmerkungen, Fragen ein und streicht in seinem Notizbuch die Punkte durch, die er erledigt hat. Zum Ende der Besprechung kündigt Blamauer den nächsten Termin an. Bis 17 Uhr sollen alle Entwickler die Meldungen überprüfen, die im Bug-Tracking-System aufgelaufen und an sie adressiert sind. Morgen steht eine Besprechung mit dem Kunden zum Thema an, da will der 31-Jährige über alle Bugs informiert sein und im Idealfall auch schon etliche gelöst haben. Alle nicken zustimmend, einige werden aber diese Deadline nicht einhalten können, da wie so oft Unvorhergesehenes dazwischen kommt.

12:00 Uhr: Wieder zurück an seinem Schreibtisch sieht Blamauer auf dem großen Display des Telefons, dass einige Anrufe eingegangen sind. Auch sein Mail-Account hat sich wieder gefüllt, pro Tag erhält er etwa 20 Mails, die er bearbeiten muss. Er ist froh darüber, dass es nicht mehr sind. Nach Meetings sind Mails die größten Zeitfresser für den Berater. Normalerweise programmiert Blamauer mindestens die Hälfte seiner Arbeitszeit, heute allerdings blieb dafür noch kein Raum. Um in die Tiefen des Codes einzutauchen, braucht der passionierte Entwickler Ruhe, und die tritt im Großraumbüro oft erst abends ein, wenn viele der Schreibtische verlassen sind. Seine Leidenschaft gehört nicht allein der Allerweltsprache Java, auf der die eingesetzte Standardsoftware basiert. Ihn reizen vor allem die Möglichkeiten von domänenspezifischen Sprachen (DSL). Damit ist es möglich, Befehle in wenigen Zeilen abzubilden, wofür man in Java 100 braucht. Das bringt Vorteile: Je kürzer der Code, desto übersichtlicher ist er und desto schneller die Fehlersuche. Und, was noch wesentlicher ist: Domänenspezifische Sprachen orientieren sich an der Domäne des Kunden, sie erleichtern die Kommunikation zwischen Technikern und Business erheblich. "Wenn ich den Leuten aus dem Business Java Code zeige, schalten sie ab. Meine domänenspezifische Sprache hingegen verwendet die Begriffe aus dem Fachbereich - damit verstehen sie, was ich programmiere, und sind in der Lage, frühzeitig Fehler zu entdecken oder Verbesserungsvorschläge einzubringen." Das Design der Applikationen ist für ihn essentieller Teil seines Beraterjobs: " "Der Kunde hat die Expertise in der Domäne seiner Branche, ich im Softwaredesign. Als großes Beratungshaus stemmt Accenture viele große IT-Projekte und führt komplexe IT-Systeme zusammen. Deshalb ist auch das Change-Management unser Geschäft."

12:35 Uhr: Der sonnige Frühlingstag lockt die Berater zum gemeinsamen Mittagessen ins Freie. Nicht immer bleibt Zeit für Hirschgulasch oder Penne mit Pilzen wie heute, manchmal muss auch eine belegte Semmel reichen. Doch etwas Zeit, sich über Dinge abseits des Arbeitslebens auszutauschen, bleibt immer.

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