Eine zentrale ASP-Lösung für 18 Kanzleien

25.07.2002
Application Service Providing (ASP) war 2000 das große Hype-Thema.Ein Jahr später wollte keiner mehr davon etwas wissen. Dabei gibt es durchaus erfolgreiche ASP-Projekte, wie der nachfolgende Bericht belegt.

Gegründet 1977 in Nürnberg, ist Rödl & Partner mittlerweile auf allen Kontinenten präsent. In Deutschland ist die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft mit 24 Niederlassungen vertreten. Bei 18 davon sollte nun die eigene Tochter HSB Systemhaus GmbH die gesamte IT übernehmen.

Bis dato hat jede Kanzlei die eigene IT mehr schlecht als recht selbst verwaltet beziehungsweise von einem lokalen Dienstleister warten lassen. Dies führte dazu, dass nicht alle Niederlassungen denselben Release-Stand der Datev-Software besaßen, sodass es häufig zu Unstimmigkeiten kam. Bei kleineren Kanzleien mit nur zehn PC-Arbeitsplätzen kümmerte sich oft nur die Sekretärin um die IT-Infrastruktur, ohne natürlich über das notwendige Know-how zu verfügen. In größeren Niederlassungen mit bis zu 100 PCs musste gar ein Mitarbeiter zumindest teilweise für die Pflege der Software abgestellt werden.

So ging schließlich im Herbst 2001 vom Systemhaus HSB die Initiative aus, die gesamte IT von Rödl & Partner Deutschland vom eigenen Rechenzentrum aus zu betreiben. Unter dem Motto "Rödl goes ASP" ging HSB daran, fast alle Applikationen der einzelnen Kanzleien im eigenen Rechenzentrum zu hosten und sie über das Internet zur Verfügung zu stellen.

Das ganze Projekt begann Anfang dieses Jahres. Als Erstes hat Rödl & Partner einen Vertrag mit der Deutschen Telekom abgeschlossen, der allen Kanzleien einen gesicherten und ausreichend dimensionierten Internetzugang garantiert. Es handelt sich dabei um die Vertragsvariante "Intraselect". Das lokale Netzwerk einer jeden Kanzlei wird dabei über einen ISDN-Router an das Netz der Telekom angeschlossen. Je nach Anzahl der Mitarbeiter schaltet der Netzbetreiber entsprechend viele B-Kanäle frei. Das Spektrum reicht hier vom einfachen S0-ISDN-Anschluss bis hin zu einer 2-Mbit-Leitung.

Was die einzelnen PCs in den Kanzleien betrifft, so stattet diese HSB nun Zug um Zug mit Windows 2000 aus. Dabei muss aber nicht ein Mitarbeiter des Systemhauses persönlich an jeden einzelnen Rechner rangehen und dort das Betriebssystem installieren, sondern das Ganze erfolgt quasi halbautomatisch mit Hilfe der Softwareverteilungslösung "On Command CCM" von On Technology.

Hierzu ist auch keine zusätzliche Client-Installation erforderlich; die am Server vorhandene Software von On Technology ist in der Lage, alle am Netzwerk angemeldeten Rechner an ihrer MAC-Adresse zu erkennen. Dorthin sendet On Command CCM im Push-Verfahren das Windows-2000-Installationsskript hin und führt es anschließend dort auch gleich aus.

Dazu bekommen die Clients noch die Citrix-Terminal-Software installiert und können über diese Plattform alle notwendigen Applikationen, auch die Datev-Anwendungen, via Internet am Rechenzentrum von HSB starten. Weitere Software benötigen die PCs in den Kanzleien nicht.

Damit das Ganze wie gewünscht funktioniert, erhielten alle Niederlassungen von Rödl & Partner je zwei Fujitsu-Siemens-PC-Server"Scenic T" mit je zwei Festplatten. Diese Anschaffungen hielten sich mit 850 Euro pro Maschine in Grenzen. Eine von ihnen verrichtet nun ihre Arbeit als Datei- und Druckserver, die andere verwaltet die Client-Software mittels On Command CCM.

Weit größere Investitionen musste HSB hingegen tätigen, um den ASP-Betrieb für alle Rödl-&-Partner-Niederlassungen zu gewährleisten. Hierfür haben die Oberfranken ihr Rechenzentrum mit 45 zusätzlichen Citrix-Servern, einem Exchange- und Datei-Cluster (je zwei Maschinen), 25 Datev-Servern, einen sicheren Webserver (Microsoft ISA, Internet Security and Acceleration), einer Firewall, einem Print-Servern und zwei Domänen-Controllern bestückt. Dies alles war notwendig, gilt es doch, etwa 1.000 PCs remote zu verwalten und ständig mit Anwendungen und Daten zu versorgen.

"Es dauert einen, maximal zwei Tage, um eine Kanzlei komplett an unser Netz anzuschließen", berichtet Stefan Schraml, Leiter Customer-Service-Center von HSB, aus seiner Erfahrung. Dies hat allerdings nur dann funktioniert, wenn die Deutsche Telekom den Intraselect-Internet-Zugang bereits freigeschaltet hat und die Kanzleien ihre Hausaufgaben gemacht haben. Es war nämlich notwendig, alle Datev-Daten auf einen einheitlichen Versionsstand zu trimmen, denn vier bis fünf Niederlassungen werden im Rechenzentrum auf einer Datev-Datenbank zusammengefasst.

Alle zwei Wochen kommt eine Kanzlei dazu

War dies noch nicht geschehen, mussten die Mitarbeiter der einzelnen Kanzleien nachsitzen und ihre Daten zum Teil manuell nachpflegen. Dennoch plant das Systemhaus HSB, weiterhin den Zeitplan einzuhalten, ja sogar zu unterbieten. Vorgesehen war eigentlich eine Projektlaufzeit von eineinviertel Jahren, nun hoffen die Selber, die IT-Auslagerung bei Rödl und Partner bereits Ende 2002 und damit schon nach einem knappen Jahr abzuschließen. "Das ist schon zu schaffen, denn wir können fast jede zweite Woche eine Kanzlei an unser Rechenzentrum anbinden", gibt sich Schraml optimistisch.

Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf rund drei Millionen Euro. Darin sind aber alle Softwarelizenzen (Microsoft, Citrix und On Technology), sämtliche Hardwareanschaffungen (36 PC-Server in den einzelnen Niederlassungen und 80 Server im Selber Rechenzentrum), die Internet-Zugangskosten (Intraselect von der Deutschen Telekom) sowie ausnahmslos alle Services inbegriffen. Immerhin beinhaltet die obige Summe eine Arbeitsleistung von insgesamt vier Mannjahren.

HSB erhält nun von den einzelnen Kanzleien je nach Umfang der in Anspruch genommenen Dienste eine monatliche Mietzahlung. Dafür kümmert sich das Rechenzentrum um die gesamte IT-Infrastruktur der Rödl-&-Partner-Niederlassungen. Die Leistungen reichen dabei von der Hardwareanschaffung über den Ersatz von Verbrauchsmaterialien wie Druckerpapier oder Toner bis hin zur Rundumversorgung mit Software. Letztere umfasst übrigens nicht nur die gängigen Datev-Anwendungen, sondern auch das komplette Office-Paket von Microsoft, die Präsentationsprogramme von Adobe sowie Zusatzwerkzeuge wie Winzip.

Die so angebundenen Kanzleien benötigen danach keinen Systemadministrator mehr und können sich auf ihr Kerngeschäft, Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung, konzentrieren. Statt der 18 Personen, die sich früher um die IT-Infratruktur kümmern mussten, sind es nun lediglich vier Mann im HSB-Rechenzentrum, die auch nur zeitweise den ASP-Kunden Rödl & Partner betreuen.

www.ontechnology.de

ComputerPartner-Meinung:

ASP ist tot, es lebe ASP! Genau dies trifft für dieses Geschäftsmodell heute zu. Sofern die Randbedingungen passen - standardisierte Software, eine größere Anzahl von Abnehmern und geringer Anpassungsbedarf an spezielle Kundenwünsche-, kann diese Art der IT-Auslagerung übers Internet durchaus ihren Reiz haben. Der obige Projektbericht beweist dies. (rw)

Solution Snapshot

Kunde: Rödl & Partner

www.roedl.de

Problemstellung: Bisher hat jede Niederlassung von Rödl & Partner selbst oder mit lokalen Partnern die eigene IT-Infrastruktur gepflegt. Ziel des ASP-Projektes war es, 18 Kanzleien an das Rechenzentrum von HSB anzubinden.

Lösung: Hardware: pro Kanzlei zwei Scenic-Server von Fujitsu Siemens;

Software: CCM von On Technology, Citrix Metaframe, Windows 2000

Netzwerkinfrastruktur: von der Deutschen Telekom

VAR: HSB Systemhaus GmbH

Ludwigsmühle 1

95100 Selb

www.hsb-systemhaus.de

Ansprechpartner: Stefan Schraml, Leiter Customer-Service-Center

Tel.: 0 92 87/73 12 38

Fax: 0 92 87/73 12 69

E-Mail: stefan.schraml@hsb-systemhaus.de

Kontaktaufnahme: Herbst 2001; Verhandlungsdauer: ein halbes Jahr

größte Herausforderung: Zusammenführen der Kanzleinetzwerke mit Intraselect und dem zentralen Netzwerk im HSB-Rechenzentrum

unerwartete Schwierigkeiten: bei der Beseitigung von "Datenleichen" in einigen der Kanzleien

Implementierungsdauer: ein Jahr

aufgewendete Mannstunden (VAR): vier Mannjahre

Kostenumfang des Projekts: drei Millionen Euro

davon Dienstleistung: eine Million Euro

Softwarelizenzen: eine Million Euro

Hardwarekosten: eine Million Euro

Service- und Wartungsverträge: Intraselect durch die Telekom; Hardware durch Fujitsu Siemens; Datev-Anwendung durch Datev; der Rest (SAP, Microsoft Office, ON Command CCM, Citrix) durch HSB

Benefit für Kunden: Kosteneinsparung bei Personal, Hard- und Software; Verbesserung des Corporate Identity; Verbesserung von Datenschutz und Datensicherheit durch die Firewall; Verbesserung der Performance

Benefit für VAR: Einführung der ASP-Lösung bei Rödl weltweit geplant; Citrix-Know-how aufgebaut; Rödl als wichtiger Referenzkunde; Erfahrungen in der Planung; Einführung und dem Betrieb großer WANs und dem Management von Server und Clients auf verteilten Standorten gesammelt

Zur Startseite