Einfach eine andere Dimension

02.11.2006
Nicht "Wachstum durch Zukäufe", sondern "Konsolidierung" lautete das Motto 2006 bei Bechtle. Gegenüber ChannelPartner-Chefredakteur Damian Sicking zieht Bechtle-Chef Ralf Klenk ein Fazit und erläutert, warum im gehobenen Mittelstand so leicht keiner an Bechtle vorbeikommt.

Zu Jahresanfang haben Sie 2006 das Jahr der Konsolidierung für Bechtle genannt. Das Jahr neigt sich dem Ende zu: Wie zufrieden sind Sie mit dem Verlauf?

Ralf Klenk: Aus heutiger Sicht ist der Begriff Konsolidierung eigentlich zu wenig für das, was wir in diesem Jahr auf den Weg gebracht haben. Richtig ist nach wie vor, dass wir nach den zahlreichen Akquisitionen der vergangenen Jahre und dem entsprechend kräftigen Wachstumsschub von zusammen knapp 50 Prozent zahlreiche Maßnahmen zur vollständigen Integration der neuen Gesellschaften umgesetzt haben. Wir haben aus den Neuzugängen und den bereits bestehenden Konzernunternehmen ein einheitliches Team geformt, das nach innen und außen eine Einheit dokumentiert und lebt.

Das betraf aber vor allem die Schweiz.

Klenk: Vor allem die Schweiz, aber auch Deutschland. In der Schweiz sind wir seit 2004 mit ganz deutlichem Abstand zum Marktführer unter den Systemhäusern gewachsen. Wir waren dort allerdings mit unterschiedlichen Namen am Markt aktiv. Analog zu Deutschland haben wir inzwischen die territorialen Zuständigkeitsbereiche klar definiert und eine Umbenennung in Bechtle-Systemhäuser vorgenommen. Auch die inhaltlichen Überschneidungen haben wir bereinigt. Man kann es auch so ausdrücken: Aus dem Nebeneinander ist ein Miteinander geworden.

Und im deutschen Markt?

Klenk: Hier waren die nach außen sichtbaren Veränderungen nicht ganz so deutlich. Vielmehr kommen organisatorische Neustrukturierungen zum Tragen. Wir haben beispielsweise die Steuerung der 60 Systemhäuser in die Verantwortung von Bereichsvorständen gelegt und auch hier eine regionale Aufteilung vorgenommen. Aber das ist nur ein Aspekt. Man kann schon sagen, dass wir uns 2006 eine Art Fitnessprogramm für die Zukunft auferlegt haben.

Was stand da konkret auf dem Trainingsplan?

Klenk: Eine der wichtigsten Neuerungen betrifft die Anpassung unseres Dienstleistungsangebots an die sich gerade dramatisch ändernden Marktbedürfnisse. Wir haben deshalb vollkommen neue Lösungspakete speziell für den Mittelstand im Bereich Managed Services geschnürt.

Eigentlich kein neues Thema ...

Klenk: Das Thema ist selbstverständlich auch dem von uns adressierten Mittelstand nicht unbekannt, aber es gewinnt zunehmend an Bedeutung. Ich wage die Prognose, dass wir in den kommenden Jahren kaum noch Systemhäuser im Markt sehen werden, die nur das klassische Projektgeschäft heutiger Prägung betreiben. Stattdessen wird sich die Betriebsübernahme der Informationstechnologie - ob teilweise oder vollständig - im Mittelstand durchsetzen.

Was macht Sie da so sicher?

Klenk: Es gibt aus betriebswirtschaftlichen Gründen und auch aus Sicherheitsüberlegungen heraus einfach keine Alternative. Kein Mittelständler kann sich heute mehr einen längeren Ausfall der IT leisten. Wenn Sie dann noch an die verschärften Haftungsbedingungen der Unternehmer oder Geschäftsführer denken, die bei einem sorglosen Umgang mit Sicherheitsfragen rund um die IT drohen, dann haben Sie schon zwei der wichtigsten Argumente, die zumindest für eine Teilauslagerung des IT-Betriebs an einen professionellen Anbieter sprechen. Daran führt - eher früher als später - einfach kein Weg vorbei.

Dann treten Sie aber in Wett-bewerb mit den großen Playern für IT-Outsourcing.

Klenk: Das sehe ich im Mittelstand ehrlich gesagt nicht. Der mittelständische Unternehmer oder Geschäftsführer sucht die direkte, persönliche Ansprache auf Augenhöhe, und zwar von einem Partner aus seiner Region.

Mal ein paar Fakten: Wir sind mit 60 Standorten direkt beim Kunden vor Ort. Über 800 Vertriebsprofis sind jeden Tag draußen bei bereits bestehenden oder potenziellen Kunden. Wir haben als Unternehmensgruppe die Möglichkeit, unsere Kunden von erheblichen Skaleneffekten profitieren zu lassen. Wir verfügen über ein flächendeckendes Netz aus Servicetechnikern und ein zentrales Remote Control Center, das per Fernwartung die Netzwerke unserer Kunden rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr - quasi auch präventiv - überwacht und steuert.

Den Kunden steht ein User Help Desk für Anwenderprobleme zur Verfügung. Mit der Übernahme des Desktop-Support-Teams von IBM haben wir hervorragendes Know-how zu Bechtle geholt und verfügen inzwischen über die praktische Erfahrung aus dem Support von momentan über 65.000 IT-Arbeitsplätzen. Über unsere Handelssparte sind wir in der Lage, den Kunden die komplette Bandbreite an Hard- und Softwareprodukten anzubieten, und zwar mit einem in Europa konkurrenzlosen Logistiksystem. Hand aufs Herz: Kennen Sie einen Wettbewerber mit einer vergleichbaren Schlagkraft?

Computacenter Deutschland besetzt das Thema Managed Services ebenfalls und hat erst kürzlich bestätigt, am Mittelstand festhalten zu wollen.

Klenk: Computacenter hat traditionell die Großkunden im Visier. Im Mittelstand aber - so war es ja auch in einem Interview mit Ihrer Zeitung zu lesen - sind rund 20 Computacenter-Mitarbeiter im Markt unterwegs. Bechtle dagegen hat über 800 Vertriebsmitarbeiter, die den Mittelstand seit Jahren bedienen. Das ist einfach eine andere Dimension. Das wäre so, als würden Sie im Transportgeschäft einen Kleinwagen mit einem 30-Tonner vergleichen. Im Geschäft mit Großkunden ist Computacenter ohne Frage ein Wettbewerber - aber in unserem Kerngeschäft mittelständischer Unternehmen mit 20 bis 2.000 PC-Arbeitsplätzen steht Computacenter, vorsichtig formuliert, erst am Anfang.

Ein Vorsprung kann aufgeholt werden ...

Klenk: ... oder ausgebaut. Wissen Sie, 23 Jahre Erfahrung im Mittelstand und eine so deutlich überlegene Zahl an Standorten und Vertriebsprofis sind nicht leicht aufzuholen. Das geht weder unter wirtschaftlichen noch unter Qualitätsaspekten. Außerdem bleiben wir ja nicht auf der Stelle stehen, sondern bauen das Geschäft gerade mit speziell für den Mittelstand entwickelten Produkten aus. Ich sehe Bechtle in einer ganz komfortablen Position, wie in der Vergangenheit auch, in den nächsten Jahren mit deutlicher Dynamik zu wachsen. Und glauben Sie mir: Diese Chance lassen wir uns nicht entgehen.

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