Liquidität erhöhen, Kosten senken

Einsparpotenziale im Supply-Chain-Management

Jonas Schöfer ist Practice Director bei Hackett-REL. Er ist spezialisiert auf die Optimierung von Working Capital, dabei besonders auf Forecast to Fulfill (F2F), Source to Settle (S2S) und Customer-to-Cash (C2C) Prozesse.
Beim Managen der Liquidität konzentrieren sich Unternehmen meist auf die Bereiche Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. Dabei wird ein leistungsfähiger Hebel oft unterschätzt: eine effiziente Supply Chain, begleitet von optimierter Logistik.
Die Supply Chain birgt überraschende und üppige Einsparpotenziale und damit auch die Möglichkeit der Liquiditätssteigerung.
Die Supply Chain birgt überraschende und üppige Einsparpotenziale und damit auch die Möglichkeit der Liquiditätssteigerung.
Foto: Eisenhans - Fotolia.com

Heute liegen die Kosten der Supply Chain beziehungsweise Logistik, abhängig von der Branche, meist bei zwischen 5 und 10 Prozent des Umsatzes - also ein enormes Potenzial (siehe Abb. 1).
Eine gründliche Analyse zeigt, dass die Kosten des Transports, der Lagerhaltung und der Bestandsführung die wesentlichen Kostentreiber sind, was nicht überrascht. Doch vielen Unternehmen fehlen sowohl das Know-how als auch die Ressourcen, um die Möglichkeiten zu nutzen, die eine optimierte Supply Chain und Logistik hier bieten. Dabei sind die Ansätze mannigfaltig.

Abbildung 1: Transport- und Supplay-Chain-Kosten in Prozent vom Umsatz.
Abbildung 1: Transport- und Supplay-Chain-Kosten in Prozent vom Umsatz.
Foto: REL

Bestandsreduzierung

So müssen Unternehmen in Zeiten der stetig fortschreitenden Globalisierung der Märkte ihre Einkaufsstrategie überdenken. Denn allzu oft werden Instrumente, die für eine Rationalisierung des Einkaufs sorgen, nur vereinzelt und auch lediglich ansatzweise eingesetzt. Im Fokus sollten hier das Global Sourcing, kooperative Einkaufsmodelle zur Bestellmengenbündelung sowie die Nutzung externer Expertise zur direkten Reduzierung der Einkaufspreise stehen.

Durch optimierte und stringent genutzte Planungs- und Forecasting-Prozesse lassen sich nicht nur die Bestandsmengen deutlich reduzieren und den tatsächlichen Bedürfnissen anpassen - sie sorgen auch, ähnlich wie ein aktives Produktlebenszyklusmanagement, für eine drastische Korrektur des Wertberichtigungsbedarfs nach unten.
Diese Maßnahmen empfehlen sich vor allem in Branchen und Industrien, deren Produkte schnell veralten, also etwa in Bereichen der mobilen Telefonie, der Laptops und Notebooks.

Weitreichende Möglichkeiten zur Bestandsreduktion bieten auch Konzepte zur Lieferantenintegration wie CPFR (Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment), VMI (Vendor Management Inventory), also der Lieferantengesteuerte Bestand und JIT/JIS (Just in Time, Just in Sequence). Als Zusatznutzen ergeben sich hieraus außerdem Kostensenkungspotenziale bei Kunden und Lieferanten.

Zudem muss auch die gesamte interne Logistik, oftmals gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Bearbeitungs- und Fertigungsstufen, sowie auch die eigenen und fremden Bezugs- und Distributionsnetzwerke intensiv analysiert werden. Allzu oft entstehen hier unnötige Kosten, weil aus übertriebenem Sicherheitsdenken überdimensionierte Bestände an Rohmaterialien, Halbfertigprodukten und Fertigprodukten weit über den tatsächlichen Bedarf vorgehalten werden.

Potenziale für Kostensenkung

Oftmals vernachlässigen Unternehmen auch Möglichkeiten zur Senkung operativer Supply-Chain-Kosten. Ein besonders weites Feld für Kostenreduzierungen bieten Fracht- und Lagerkosten aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung in der Supply Chain/Logistik.
Ein weiteres enormes Sparpotenzial steckt auch in der Steigerung der Prozesseffizienz sowie in der Schnittstellenoptimierung und -Organisation.

Die Grundlage für eine nachhaltige Frachtkostenreduzierung bildet die Optimierung der Transportströme und der Netzwerkstruktur. Eine verbesserte Disposition sorgt für eine Tourenoptimierung und Transportbündelung - als Folge werden die Ladungsträger besser ausgelastet.
Zusätzliche Kosteneinsparungen lassen sich durch Neu- beziehungsweise Nachverhandlungen der Frachtraten und die Neuverteilung des Frachteneinkaufs über Rahmenverträge gegenüber Spot-Märkten realisieren.

Branchenspezifische Einsparpotenziale
Branchenspezifische Einsparpotenziale
Foto: REL

Auch in der internen Logistik gibt es Einsparmöglichkeiten. Unternehmen können ihre Materialflüsse optimieren und oft eine Vielzahl von Lager- und Handling-Stufen vermeiden. Weitere Verbesserungschancen bieten die bedarfsgerechte Lagerdimensionierung bei gleichzeitigem Einsatz moderner Lager und Transporttechnik.
Zudem muss geprüft werden, welche Leistungen durch eine Fremdvergabe kostengünstiger bereitgestellt werden können.

Umgekehrt aber gehören auch Leistungen, die bereits im Rahmen von Outsourcing nach außen verlagert wurden, auf den Prüfstand: Sind die Kosten-Leistungs-Relationen wirklich marktgängig und günstig? Durch Neu- oder Nachverhandlungen können oft deutliche Kostensenkungen erreicht werden.

Wichtige Vorarbeiten

Um für die Umsetzung ein zielgerichtetes Vorgehen bei möglichst niedrigen Kosten sicherzustellen, sollte der Konzeptentwicklung und Implementierung unbedingt eine Analyse (Quick-Scan) der Supply Chain/Logistik vorangehen. Dadurch wird gewährleistet, dass ausschließlich Instrumente zum Einsatz kommen, die größtmögliche Potenziale realisierbar machen. Denn im aktuellen Wirtschaftsumfeld mit weltweitem Wettbewerb und im oft politisch unsicheren globalen Markt müssen Unternehmen die Möglichkeiten, die die Supply Chain/Logistik zur Realisierung von Kosteneinsparungen und Verbesserung der Liquidität bieten, unbedingt nutzen. Auf diese Weise können sie trotz dieser Herausforderungen einen erheblichen Beitrag zur Profitabilität und finanziellen Stabilität leisten. (bw)

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