Einstieg in den Internet-Handel

09.09.1999

MÜNCHEN: IT-Wiederverkäufer können in zweierlei Hinsicht vom Internet-Handel profitieren. Zum einen dadurch, daß sie selbst ihre Produkte online verkaufen, zum anderen, in dem sie E-Commerce-Lösungen an online-willige Handelsunternehmen vertreiben. Das Interesse an Shoplösungen hat stark zugenommen.Wer sich heute nicht mit dem Medium Internet vertraut macht, wird morgen am Markt nur noch schwer bestehenbleiben können. Mit diesem Argument schicken die großen IT-Anbieter wie IBM, Lotus, Hewlett-Packard oder Compaq ihre Vertriebspartner zu den Kunden. Doch lohnt es sich für die Wiederverkäufer, E-Business-Lösungen anzubieten? Und lohnt es sich, die eigenen Waren und Dienstleistungen über diesen Vertriebskanal an die Kunden zu bringen?

ComputerPartner hat mit Hilfe des Marktforschungsinstituts Techconsult, Kassel, bei rund 170 IT-Wiederverkäufern nachgefragt, ob sie Produkte im Internet anbieten (siehe Grafik 1). Der Trend ist eindeutig: Über die Hälfte der befragten Unternehmen treten bereits mit eigenen Homepages oder Online-Shops im World Wide Web an. Weitere 26 Prozent wollen demnächst nachziehen. Am häufigsten sind Computershops online. Ganze 73 Prozent der befragten PC-Fachhändler haben eine Filiale im Web eröffnet.

Schwierig ist dieser Einstieg nicht. Einige Distributoren wie Frank & Walter oder Maxdata und Hersteller wie Compaq unterstützen ihre Vertriebspartner dabei mit Rat und Tat (siehe ComputerPartner 23/99,

Seite 62). Reichtümer können damit freilich noch nicht angehäuft werden, weil die Konsumenten noch selten online bestellen. Zu dem Schluß kommt eine Untersuchung der GfK-Marktforschung. "Noch ist eine generelle Zurückhaltung des Verbrauchers beim Online-Shopping deutlich spürbar", schreiben die Nürnberger Analysten. Unsicherheit bei der Bezahlung, zu hohe Telefonkosten, das fehlende Einkaufserlebnis - all diese Faktoren tragen dazu bei, daß die Konsumenten doch lieber auf traditionellem Weg einkaufen.

Aber als Informations- und Kontaktmedium ist ein Online-Auftritt Gold wert, weil die Kunden immer häufiger erst einmal auf die Webseiten der Anbieter schauen, bevor sie ein Produkt kaufen. Die GfK-Marktforscher empfehlen deshalb jedem mittelständischen Unternehmen, die Kosten für die Pflege, den Speicherplatz und die Anschlußgebühren des Internetauftritts in die Jahresplanung aufzunehmen.

Lösungsverkauf als neuer Geschäftszweig

Während im Consumer-Geschäft der Rubel noch nicht rollt, klingeln im Business-to-Business-Bereich durchaus die Kassen. "Zwar ist die Nachfrage nach Shoplösungen für beide Bereiche ausgewogen", berichtet Robert Strassmeir, Vorstand der Individuelle Datenverarbeitungs-systeme AG, kurz IDV, München, "doch die Anfragen im Business-to-Consumer-Bereich sind nicht so ernsthaft gemeint." Die IDV AG startete mit der Entwicklung von Individualsoftware und ist seit Beginn des Jahres im E-Commerce-Bereich aktiv. "Auf dieses Thema kann man sich noch gut spezialisieren", begründet Strassmeir den Schritt hin zum E-Commerce-Engagement.

Die ComputerPartner-Umfrage gibt ihm recht: Nur ein Viertel der befragten Systemhäuser bieten bisher E-Commerce-Lösungen an (siehe Grafik 2). Aufgrund der nötigen Programmierkompetenz führen die anderen Wiederverkäufer wie Computershops oder Bürohändler nur selten Lösungen für den Online-Handel im Portfolio. Die Nachfrage nach

E-Commerce-Lösungen steigt allerdings stetig (siehe Grafik 3). Deshalb äußern viele Wiederverkäufer den Wunsch, solche Onlineshops demnächst selbst anzubieten. Die zunehmende Bereitschaft der Unternehmen, Handel über das Internet zu betreiben, registriert auch Strassmeir: "Das Interesse ist recht ordentlich. Doch viele Kunden schrecken vor den Kosten noch zurück."

Albert Schöppl, Geschäftsführer der Network Factory, München, pflichtet ihm bei: "Jeder möchte gerne E-Commerce machen. Aber viele arbeiten mit Low-Budget-Lösungen - selbst große Unternehmen." Die Network Factory hat sich auf Internet-Basistechnologien spezialisiert. Die Anfänge des Internet-Spezialisten liegen ebenfalls in der Software-Entwicklung. Inzwischen hat das Systemhaus schon einige E-Commerce-Lösungen realisiert. Dieser neue Geschäftszweig findet sich bei Softwarehäusern häufig. Schließlich verfügen sie über das nötige Wissen, um individuelle Shoplösungen zu programmieren und Schnittstellen zu Unternehmensdatenbanken oder dem Warenwirtschaftssystem zu schaffen. Denn erst der Anschluß an die Back-End-Systeme im Unternehmen macht Online-Verkauf zu E-Commerce. Weil die Firmen mit Schmalspur-Versionen starten und noch viele selbst experimentieren, ist der Umsatzanteil des E-Commerce-Geschäfts bei den Systemhäusern gering. "Zum momentanen Zeitpunkt rentiert es sich noch nicht", berichtet Schöppl. Trotzdem will er noch länger in diesen Bereich investieren. Bei der IDV AG ist die Situation ähnlich. "Gut verdienen wir nicht daran, wir tragen das Geschäft mit", meint Strassmeir. Denn auch für Systemhäuser gilt: Wer sich heute nicht mit den Technologien von morgen auseinandersetzt, den läßt der Mitbewerb bald links liegen.

Sowohl Strassmeir als auch Schöppl sind froh, daß die großen IT-Anbieter für Internet-Technologien die Werbetrommel rühren. Das schafft Bewußtsein. Auch die optimistischen Vorhersagen der Marktforscher geben ihren Kunden zu denken. Strassmeir ist sich im klaren, daß die Branche von den "exponentiellen Vorhersagen" der Analysten lebt: "Das einzige, was momentan verkauft werden kann, ist Zukunftserwartung." (is)

"Es wird noch viel experimentiert und mit Low-Budget-Lösungen gearbeitet", weiß Albert Schöppl, Geschäftsführer der Network Factory.

Vor zwei Jahren waren Stellenanzeigen für E-Commerce-Spezialisten

noch eine Seltenheit. Inzwischen suchen immer mehr Unternehmen Fachleute für den Internet-Handel.

Zur Startseite