Elchtest bestanden: Mit Release 14 wirft Autodesk das Steuer herum

20.03.1998

MÜNCHEN: Mit dem halbfertigen Release 13 (!) hat CAD-Spezialist Autodesk nur Pech gehabt. Viel hing für die Kalifornier daher vom Erfolg der Nachfolgeversion 14 ab. Die Hoffnungen des Auto-CAD-Anbieters haben sich im letzten Jahr erfüllt.Elchtests, gestand Autodesk-Geschäftsführer Dieter Hoefler jüngst, gibt es nicht nur bei Mercedes. Und jeder wußte sofort, was gemeint ist: Ähnlich dem Debakel, das die Stuttgarter Autobauer mit ihrer A-Klasse erlebten, kostete Auto-CAD Release 13 die US-Software-Schmiede viel Renommee und Umsatz. Der Umstieg von DOS und Unix auf Windows war erstmal gründlich schiefgegangen. "Wir haben den Re-Engineering-Aufwand unterschätzt", gab Hoefler zu. Die Folge: Qualitätsprobleme, Image-Verlust, Umsatz- und Marktanteilseinbußen.

Schön für Autodesk, daß das Unternehmen mit der letztjährigen Version 14 die Scharte allem Anschein nach wieder ausmerzen konnte. Während der Umsatz 1996/97 weltweit um sieben Prozent einsackte und der Gewinn gar um die Hälfte, konnten die Kalifornier im abgelaufenen Geschäftsjahr 1997/98 (bis 31. 1.) um 24 Prozent zulegen, und zwar auf einen Umsatz von 617,1 Millionen Dollar. Der Gewinn reduzierte sich zwar nochmals von 41,6 auf 15,4 Millionen Dollar, doch wird dies mit den Kosten der Softdesk-Übernahme begründet. In der "Dach-Region" (Deutschland, Österreich, Schweiz) konnten Hoefler und Kollegen den Umsatz nur um 14 Prozent auf 98 Millionen Mark erhöhen, jedoch ist Release 14 hier auch erst seit dem dritten Quartal auf dem Markt.

Für die Zukunft gibt sich der CAD-Anbieter nun frohgemut. So spürt Hoefler bei den Maschinenbauern eine "positive Grundstimmung". Es werde wieder investiert: 5.000 Mechanical Desktop-Systeme habe man in den deutschsprachigen Ländern bislang verkauft und so einen Marktanteil von 42 Prozent erreicht. Nicht zuletzt der anhaltende Wechsel von 2D zu 3D garantiert demnach weiteren Umsatz. Besonders viel Freude hat Autodesk am Markt für geographische Informationssysteme (GIS). Im Bereich PC-basierter Systeme sieht man sich hier "klar an erster Stelle". Weltweit 30.000mal wurde "Auto-CAD Map" bislang verkauft. "GIS ist unser am schnellsten wachsendes Marktsegment", erklärt Hoefler. Obendrein sei der Markt mit einem Durchdringungsgrad von knapp 25 Prozent noch lange nicht gesättigt. Insbesondere die Branchen Banken, Versicherungen, Handel und Immobilien hätten noch Nachholbedarf. Heraushalten will man sich allerdings aus dem GIS-Massenmarkt.

Das Sorgenkind von Hoefler ist das Segment Architektur und Bauwesen. Mit den neuerworbenen AEC-Lösungen von Softdesk bekommt der Manager hierzulande einfach keinen Fuß auf den Boden. Als Entschuldigung bietet sich natürlich die bekanntermaßen schwache Baukonjunktur an. Besser läuft das Geschäft mit den Einsteigerlösungen Autosketch und Auto-CAD LT. Letztere avancierte inzwischen zum weltweit zweitgrößten Umsatzträger für das Unternehmen. Mit vorsichtigem Optimismus verfolgt Autodesk auch das zweistellige Wachstum seiner Multimedia-Division Kinetix. Angesichts dieses Portfolios jubiliert Hoefler: "Autodesk ist nicht länger eine One-Product-Company." Und das, obwohl noch immer 70 Prozent des Umsatzes auf Auto-CAD entfallen. Was die Entscheidung für Windows NT und gegen Unix angeht, ist sich der Münchner trotz der Pleite mit Release 13 nach wie vor felsenfest sicher: "Wir wollen nicht ein Stück Software für eine Million Mark verkaufen, sondern lieber eine Million mal Software für eine Mark." (ld)

Die CAD-Open ist tot, es lebe die "Autodesk-City": Deutschland-Geschäftsführer Dieter Hoefler präsentiert sich und seine Partner erstmalig in Hannover statt in Wiesbaden.

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