Elektroindustrie: Optimismus trotz verhaltener Investitionstätigkeit

16.03.2000
Zu den Dauernörglern gehört Dietmar Harting, Präsident des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI), nun wirklich nicht. Er sieht für die Industrie durchaus positive Signale.

Laut ZVEI zeigen die Konjunkturindikatoren seit drei Monaten ständig nach oben, und so konnte die zweitgrößte deutsche Industriebranche 1999 bei den Auftragseingängen ein Plus von elf Prozent verbuchen. Doch sei dieses Wachstum durch Großaufträge weit überzeichnet und liege bereinigt bei sechs bis sieben Prozent. Während die Exportaufträge im Schnitt um mehr als 15 Prozent zulegten, zogen zum Jahresendgeschäft mit einem Plus von über 18 Prozent auch die Inlandsbestellungen kräftig an. Für dieses Jahr geht Harting für die Elektro- und Elektronikindustrie von einem Produktionszuwachs von vier Prozent und einer Umsatzsteigerung von acht Prozent aus. Auch bei der Zahl der Beschäftigten, die rasch wachsende Dienstleistungsbranche ausgenommen, sei ein weiterer Anstieg von 15.000 bis 20.000 auf über 870.000 zu rechnen. Anlass für ungetrübten Optimismus bestehe jedoch nicht. So sei der Exportüberschuss der Branche innerhalb von zehn Jahren von zehn auf knapp zwei Milliarden Mark geschrumpft. Die mangelnde Investitionsfreudigkeit der Industrie sieht Harting als "klares Indiz für die anhaltende Unsicherheit über die künftige Attraktivität des Standortes Deutschland im zusammenwachsenden Markt". Weitere Faktoren, die den Prognosen der Marktforscher einen Strich durch die Rechnung machen könnten, sind Harting zufolge eine mögliche Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar und überhöhte Tarifabschlüsse. Der Steuerreform der Bundesregierung stimmt Harting grundsätzlich zu, jedoch setze sie gerade für den Mittelstand die falschen Signale. Die Bevorzugung von Kapitalgesellschaften sei kontraproduktiv zu dem Prinzip von Risiko und Erfolg, auf dem soziale Marktwirtschaft fuße. Deutschlands Problem sei schon heute eine Unternehmerlücke und nicht eine Unternehmenslücke, so Harting.

Aus- und Weiterbildung ist nicht zu ersetzen

Der von Bundeskanzler Gehard Schröder gezückten "Red Green Card" zur Bekämpfung des Fachkräftemangels erteilt Harting die gelbe Karte für die Reformfähigkeit des deutschen Bildungssys-tems. Zwar werde der voraussichtlich bis 2005 bestehende Mangel an geeigneten Fachkräften durch die Öffnung der Grenzen gelindert. Als genauso wichtig sieht Harting aber eine "konsequentere Ergänzung" der bereits in die Wege ge-leiteten Initiativen der Wirtschaft im Bildungsbereich. Die schon gemachten Erfolge wie etwa die Schaffung neuer Ausbildungsberufe (siehe Kasten) dürften "nicht weiter durch staatliche Sparmaßnahmen beeinträchtigt werden, die sich einseitig an der Zahl der Studienanfänger orientieren", so Harting. (kh)

www.zvei.de

Zur Startseite