Oracle OpenWorld 2016

Ellison wettert gegen Cloud-Datenbanken von AWS

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Lawrence Ellison ließ auf der Kundenkonferenz OpenWorld kein gutes Haar an dem Cloud-Datenbankangebot von AWS - langsam, veraltet, proprietär, schimpfte der Oracle-Gründer. Insgesamt zeigt die lautstarke Kritik jedoch die wachsende Nervosität der Oracle-Führung. Im Geschäft mit Cloud-Infrastrukturservices ist AWS derzeit das Maß der Dinge.

Oracle-Gründer Lawrence Ellison hat auf der OpenWorld zu einem zweiten Rundumschlag gegen den Cloud-Konkurrenten Amazon Web Services (AWS) ausgeholt. Zum Auftakt der Kundenkonferenz, die vom 18. bis zum 22. September in San Francisco stattfindet, hatte der mittlerweile 72-jährige Manager getönt, dass der Vorsprung von AWS Vergangenheit sei und Amazon sich künftig mit einem ernsthaften Konkurrenten auseinandersetzen müsse - nämlich Oracle. In seiner zweiten Keynote nahm sich Ellison nun die Datenbank-Angebote von AWS zur Brust.

"Die neuen Technologien von Oracle sind die Zukunft von Cloud-Datenbanken und -Infrastrukturen", dozierte Ellison. "Amazon liegt hier in allen relevanten Bereichen um Jahrzehnte zurück. Zudem sind die Amazon-Systeme in sich geschlossener als alte Großrechner." Oracles Executive Chairman und Chief Technology Officer (CTO) präsentierte Benchmarks, wonach der Database-as-a-Service (DBaaS) von Oracle Workloads bis zu 105-mal schneller verarbeiten könne als der von Amazon. Beim Online Transaction Processing (OLTP) sei der Oracle Service bis zu 35-mal und bei Mixed-Workloads sogar über 1000-mal schneller.

Oracle-Datenbanken passen nicht in AWS - sagt Ellison

Amazon Web Services (AWS) seien zudem nicht für den Betrieb von Oracle-Datenbanken optimiert, führte Ellison aus und schimpfte weiter, AWS sei nicht einmal für deren eigene Datenbanken optimiert. Daher arbeite eine Oracle Datenbank, die in der Oracle Cloud betrieben wird, bis zu 24-mal schneller, als wenn sie auf der Infrastruktur von Amazon Web Services läuft.

Details, wie diese Benchmark-Ergebnisse zustande kamen, wollte Ellison indes nicht verraten, genausoweng wie Einzelheiten über die verwendete Hardware. Nicht bekannt ist ferner, inwieweit die getesteten Workloads speziell auf die Features von Oracle-Datenbanken hin getunt wurden. Es gibt also durchaus Raum, wie diese Benchmarks interpretiert werden können.

Der ehemalige Oracle-CEO kritisierte ferner, dass Amazons Databases nicht mit Anwendungen bestehender Unternehmens-Datenbanken wie Oracle, DB2 von IBM, Microsofts SQL Server und Teradata kompatibel seien. Damit seien Unternehmen beim Umstieg auf AWS gezwungen, ihre in der Vergangenheit getätigten On-Premise-Investments in den Wind zu schreiben. Darüber hinaus liefen AWS Database-Services wie Aurora, Redshift und DynamoDB ausschließlich auf der AWS-Coud-Infrastruktur. "Amazon bietet keine Wahmöglichkeiten", monierte Ellison. Wer einmal auf AWS gewechselt sei, komme nicht mehr heraus. "Wenn sie die Preise erhöhen, müssen die Kunden ihr Scheckheft zücken."

Bei der Oracle-Führung liegen die Nerven blank

Die Schärfe, mit der die Oracle-Führung AWS attackiert, deutet allerdings auch auf eine wachsende Nervosität in Reihen der Oracle-Führung hin. Schließlich führt Amazon den weltweiten Markt für Cloud-Infrastruktur-Services mit deutlichem Vorsprung an. Der Marktanteil von AWS liegt einer Analyse von Synergy Research zufolge bei 31 Prozent. Zu den Verfolgern zählen die Marktforscher Microsoft (elf Prozent), IBM (acht Prozent) und Google (fünf Prozent), aber nicht Oracle. Unterm Strich kontrollieren die vier führenden Anbieter deutlich mehr als die Hälfte des weltweiten Markts für Cloud-Infrastruktur-Dienste, lautet das Fazit von Synergy Research.

"Amazon und die anderen drei großen Anbieter haben sich in vielerlei Hinsicht von den übrigen Mitbewerbern abgesetzt und den Abstand weiter vergrößert", erläuterte John Dinsdale, Chief Analyst und Research Director bei Synergy Research. Die Branchenschwergewichte punkteten vor allem durch ihre globale Präsenz, Marketingmacht und die gewaltigen Investitionen in "Hyperscale Data Center". Zusammengerechnet konnten die "Big Four" ihre Cloud-Umsätze im zweiten Quartal 2016 um 68 Prozent steigern. Die nächsten 20 Verfolger kommen auf eine Rate von durchschnittlich 41 Prozent, die übrigen kleineren Provider nur auf 27 Prozent. Insgesamt ist der Markt für Cloud-Infrastruktur-Services im Quartal um 51 Prozent gewachsen.

Neues Datenbank-Release - für die Cloud

Ellison hat auf der OpenWorld außerdem Relaese 2 der Oracle-Datenbank 12c vorgestellt - zunächst nur für die Cloud. Ab sofort verfügbar sind die Exadata-Express-Cloud-Services für Start-up- sowie kleine und mittelständische Unternehmen. Die Kosten beginnen bei 175 Dollar - "im ersten Monat", wie Ellison sagte. Im November sollen die Enterprise-Cloud-Services und im Dezember die Exadata-Cloud-Services mit Enterprise-Applikationen und höherer Performance und Verfügbarkeit folgen. Ellison zufolge bietet die Cloud-Datenbank alle erweiterten Optionen. Zudem sei sie zu 100 Prozent mit den On-Premise-Datenbankversionen kompatibel. Wie sich die Kosten der Exadata-Express-Cloud-Services in den Folgemonaten entwickelten, wollte Ellsion allerdings nicht verraten, genausowenig, wann die On-Premise-Version des neuen Datenbank-Release herauskommen soll.

Darüber hinaus deuteten sich auf der Kundenkonferenz einige grundlegende Änderungen in Oracles Datenbank-Architektur an. In der übernächsten Version der Oracle Datenbank nach 2018 werde offenbar an der Realsierung von "Non - Volatile In - Memory" gearbeitet, berichtete Christian Trieb, Leiter der Datenbank Community bei der Deutschen Oracle Anwendergruppe (DOAG), von der OpenWorld. Dies habe aber grundlegende Datenbank-Architektur-Änderungen zur Folge. "Man darf gespannt sein, wie sich das darstellt und auswirken wird", so Trieb.

Datenbankmarkt in Bewegung

Spannend dürfte auch werden, wie sich der Datenbankmarkt insgesamt weiterentwickeln wird. Oracle als ehemaligem Marktführer bläst hier ein schärferer Wind entgegen. Gartner hatte in einer Analyse Ende vergangenen Jahres festgestellt, dass der Markt zunehmend in Bewegung gerät. Microsoft übernahm die Spitzenposition. Zudem nahm das Analystenhaus Amazon Web Services (AWS) in den Kreis der führenden Datenbankanbieter auf. Den etablierten Anbietern IBM, Microsoft und Oracle müsse das zu denken geben, hatte es damals geheißen. Zudem drängen weitere Anbieter gerade aus dem Cloud-Umfeld in das Geschäft. Beispielsweise hat erst kürzlich Google die zweite Generation seiner Cloud-Datenbank Google Cloud SQL vorgestellt.

Oracle habe dagegen derzeit keine gute Karten, so die Gartner-Analyse damals. Der Konzern habe im Cloud-Zeitalter zunehmend Schwierigkeiten, seine führende Position zu behaupten, hieß es. Die Kunden forderten flexiblere Lizensierungsmodelle, um die Vorteile von Cloud-Konzepten nutzen zu können. Eine wachsende Anzahl von Anwendern sei unzufrieden mit den "drakonischen" Pricing- und Auditing-Praktiken der Ellison-Company. Darüber hinaus fürchteten sie eine wachsende Herstellerabhängigkeit, wenn Appliance-Angebote ("Engineered Systems") wie Oracle Exadata oder SuperCluster eingesetzt würden.

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