Emotionale Qualität des Kundenkontaktes schaffen

07.06.2000
Wenn der Kunde ins Internet abgeschoben wird, macht sich Entfremdung breit: Drei von vier Internet-Projekten scheitern, weil dem Netz die "emotionale Qualität" fehlt, meinen die Unternehmensberater von Mummert + Partner.

Mangelnde Kundenorientierung bremst den E-Business-Boom. Drei von vier Internet-Projekten in deutschen Unternehmen bringen keinen Erfolg, weil der Internet-Auftritt zu wenig nach den Bedürfnissen der Verbraucher ausgerichtet ist, ermittelte die Unternehmensberatung Mummert + Partner in Zusammenarbeit mit dem Zukunftsforscher Matthias Horx. Viele Konsumenten fühlen sich demnach überfordert, emotionale Bindungen werden nicht aufgebaut. Der Erfolg vieler Unternehmen der New Economy hänge aber entscheidend davon ab, ob es gelingt, die emotionale Bindung zwischen Verbraucher und Internet-Angebot herzustellen.

Die Werber der Unternehmen werden es bei den für 2001 prognostizierten rund 16 Millionen Internet-Nutzern schwer haben. Bereits heute müssen sie etwa 10.000 Kontakte machen, um einen Neukunden zu gewinnen. "Wer im Internet langfristig erfolgreich sein will, darf nicht die schnelle Mark in den Vordergrund stellen, sondern das Wohlbefinden des Online-Kunden", so Wilhelm Alms, Vorsitzender der Unternehmensberatung Mummert + Partner. Eine weitere Schwierigkeit: Unzufriedene Kunden können ihre negativen Erlebnisse via Chatroom in kürzester Zeit einem großen Publikum zugänglich machen.

Der E-Business-Boom kann sich außerdem nicht voll entfalten, weil viele Internet-Anbieter ihre Kunden überfordern und diese emotionale Erlebnisse im Netz vermissen, so die Zukunftsprognose. "Solange die Internet-Technik nur aus der Logik der Maschinen heraus entwickelt wird, führt dies zu einer zunehmenden Entfremdung zwischen Mensch und Maschine", so Alms. Die Folge sei eine wachsende Technologie-Frustration und eine nachlassende Akzeptanz des Internet. Ein Szenarium, dem sich nach Auffassung von Mummert + Partner insbesondere die Dienstleistungsbranche stellen muss.

Technik überfordert Verbraucher

In den USA fühlt sich bereits jeder zweite Verbraucher von der modernen Technik überfordert. Dies ergaben Studien der amerikanischen Psychologen Michelle Weil und Larry Rosen. Ähnliche Ergebnisse auch beim Computerhersteller Compaq: Ein Großteil der Menschen, die am Computer arbeiten, ist regelmäßig frustriert, weil etwas nicht funktioniert. Der Freizeitforscher Horst Opaschowski hat laut Mummert + Partner außerdem nachgewiesen, dass die Zahl der Technikskeptiker und Technikfeinde die der Anhänger übertrifft. Hier muss nach Auffassung der Unternehmensberatung gegengesteuert werden, wenn der E-Business-Boom nicht ausgebremst werden soll.

Ziel des Internet-Einsatzes in der Dienstleistungswelt muss es aus Sicht der E-Business-Experten daher sein, die Rationalisierungsvorteile des Internet dazu zu nutzen, die emotionale Qualität des Kundenkontaktes zu verbessern. "Smart Tech", die verstärkte Ausrichtung der Computerfunktionen auf die Nutzer, soll Abhilfe schaffen. In Zukunft geht es nach Auffassung der Experten und des Zukunftsforschers Matthias Horx zunehmend um Einfachheit und Rightsizing. Das bedeutet, dass der Markterfolg auf dem Herstellen des richtigen Maßes an Komplexität bei der Technologie beruhen wird. Nicht zu viele Funktionen, sondern nur diejenigen, die der Verbraucher auch nutzen kann und will. Die Vision: "Smart Technology" — eine Technik, die nicht nervt, Benutzeroberflächen, die den Dialog mit dem Verbraucher ruhig und einfach gestalten und in ihrer Gestaltung Menschenfreundlichkeit signalisieren.

Humane Begegnungen im Internet

Eine wichtige Rolle im Internet spielen laut Horx in Zukunft "humane Begegnungen". Eine emotionale Qualität des Kundenkontaktes im Netz zu schaffen oder diese zu verbessern, werde die zentrale Herausforderung sein. Eine der Voraussetzungen hierfür ist, dass das Internet nicht nur als neuer Vertriebskanal genutzt wird, sondern seine wahren Kommunikations-Potentiale erschlossen werden. Es ermöglicht erstmals in der Geschichte des Marketings eine One-to-One-Beziehung. "Der Kunde wird persönlich greifbar", so die Unternehmensberatung Mummert + Partner.Ein erster Schritt sei der Einsatz so genannter Smart Bots wie Robert T-Online, Sonya und Cyra. Studien ergaben, dass sich rund 40 Prozent der deutschen Internet-Nutzer virtuelle Berater wünschen. Psychologische Tests zeigen, dass Menschen äußerst positiv auf digitale Ersatzmenschen reagieren. Frager müssen nicht mehr auf die Beantwortung von E-Mails warten, sondern können sich direkt informieren. Nur wenn der Kunde sich aufgehoben fühlt, bleibt er. "Eine neue Runde der technischen Innovation ist eröffnet", so Matthias Horx. Fast jedes zweite Unternehmen wird seiner Meinung nach in den nächsten drei Jahren dazu übergehen, mit Hilfe von Data Mining Kundendaten gezielt zu analysieren. An der Verbesserung der Kundenbeziehungen mittels Customer-Relationship-Management arbeitet erst jedes dritte deutsche Unternehmen. "CRM steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen." (mf)

www.mummert.de

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