Ende 1999 soll der Direktvertrieb aufgegeben werden

12.03.1998

MÜNCHEN: Der MCAD-Markt splittert sich immer stärker in drei Bereiche auf. Auf der einen Seite gibt es den Low-end-2D-Markt, der von AutoCAD beherrscht wird. Das andere Ende wird von hochwertigen 3D-CAD-Anwendungen abgedeckt, als Beispiel sei hier Catia von Dessault Systèmes genannt. Doch dazwischen tut sich eine immer größere Lücke auf. Genau da will der ursprünglich italienische MCAD-Spezialist Cadlab mit seiner Windows-Lösung "Eureka" hineinstoßen.1979 in Italien gegründet, hat Cadlab in dem sogenannten Midrange-Markt für MCAD-Software gut Fuß gefaßt. Gar so gut, daß die Firmenchefs Anfang 1997 den schwerwiegenden Entschluß gefaßt haben, den Sitz der Hauptgeschäftsstelle von Bologna ins Silicon Valley nach Santa Clara/Kalifornien zu verlagern. Unter der Führung des neuen CEO Joe Costello hat das Management erkannt, daß man nur von den USA aus als ein weltweit operierendes Unternehmen erfolgreich am Markt agieren kann.

Nachdem aber Cadlab in Italien seine Software ausschließlich direkt verkauft hatte, war dies in den USA nicht so ohne weiteres möglich. So organisierten die Amerikaner von nun an den Verkauf dort nur noch im indirekten Kanal.

Seit knapp einem Jahr in Deutschland

Ähnlich stellte sich die Situation in Deutschland dar, wo noch im selben Jahr eine Zentrale in Oberhaching bei München etabliert wurde. Um sich im wachsenden Midrange-Segment der kombinierten 2D/3D-CAD-Lösungen durchzusetzen, entschied man sich ebenfalls für den indirekten Verkauf. Der Aufbau einer eigenen funktionsfähigen Vertriebsstruktur hätte ohnehin zu viele zeitliche,

personelle und finanzielle Ressourcen gebunden. "Der Arbeitsmarkt gibt auch gar nicht genug Fachkräfte her", kommentiert General Manager Rolf Brandthaus die momentane Situation.

Deswegen sollen hierzulande - genauso wie in den USA - VARs (Value Added Reseller) für den Verkauf und die Kundenbetreuung gewonnen werden. Gegenüber ComputerPartner erklärt Brandthaus, daß Cadlab mit 25 bis 30 Partnern in Deutschland auskommen will. "Zum Lösungsanbieter kann durchaus auch eine Ein-Mann-Firma avancieren, doch in der Regel sollte das mit uns kooperierende Team mindestens

aus einem Verkaufs- und einem Anwendungs-orientierten Fachmann bestehen", beschreibt der Cadlab-Manager sein Anforderungsprofil. Im Klartext bedeutet dies, daß der Vertriebspartner alleinverantwortlich für die Kundenakquisition zeichnet. Hierbei wird er jedoch so gut wie möglich von Cadlab unterstützt. Das beginnt beim Schalten von Anzeigen über die Erarbeitung eines gemein-samen Marketingkonzepts bis hin zur direkten Vor-Ort-Unterstützung beim Endkunden. Dem Systemintegrator obliegt ferner die Präsentation der Software bei Interessenten sowie deren Schulung nach erfolgter Installation. After-sales-Support ist ebenfalls ausdrückliche VAR-Angelegenheit.

Startpunkt war die Systems

Mit der Akquisition von Partnern wollte Brandthaus auf der Systems 1998 in München beginnen. Ansonsten bietet er den potentiellen Vertriebsleuten ein faires Konzept an. So sollen sich beispielsweise die von den Wiederverkäufern zu betreuenden geografischen Gebiete nach Möglichkeit nicht überschneiden. Der Hersteller zwingt seine Händler auch keinesfalls, ausschließlich Cadlab-Produkte zu vertreiben. "Wir sind sicher, die Partner von der Qualität unserer Software soweit zu überzeugen, daß sie keine anderen CAD-Werkzeuge mehr verkaufen müssen", gibt sich der Geschäftsführer siegessicher.

Die erste Vertriebsschulung bei Cadlab ist kostenlos, genauso wie der einführende technische Lehrgang, beide zusammen nehmen knapp eine Woche in Anspruch. Auf den Listenpreis von Eureka gewährt Cadlab seinen Partnern eine entsprechende Marge sowie einen Marketingzuschuß. Darüber hinaus läßt Cadlab seine Vertriebsleute am Unternehmenserfolg teilhaben. Wer sich noch dieses Jahr bereit erklärt, eine bestimmte Anzahl von Eureka-Lizenzen abzunehmen, erhält das Recht, Aktien der Software-Company zu erwerben.

An dem Erfolg seines neuen Vertriebskonzepts läßt der Deutschland-Chef keine Zweifel aufkommen: "Unsere Partner werden Jahr für Jahr mehr Kunden gewinnen und ihre Gewinnspanne kontinuierlich steigern." Den direkten Verkauf seiner Software möchte Cadlab Deutschland so bald wie möglich einstellen. "Unser Ziel lautet, spätestens ab Ende des nächsten Jahres das Direktgeschäft aufzugeben. Wenn wir schon vorher genügend Partner finden, umso besser", wagt Brandthaus einen Blick in die Zukunft. Damit will er die Zusammenarbeit mit Lösungsanbietern auf ein sicheres Fundament stellen. (rw)

Mit dem integrierten "Team-Manager" unterstützt "Eureka" von Cadlab Dokumentenverwaltung und Arbeitsorganisation.

Rolf Brandthaus: "Unsere Partner werden eng in die Cadlab-Organisa-tion eingebunden und so behandelt, als ob sie unsere eigenen Vertriebsleute wären."

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R33RW03.UNT ComputerPartner Nr. 33 vom 3. Dezember 1998; S. 28

Das Neue Vertriebskonzept

Die Ruhe vor dem Erdbeben

Über 350 Händler, Kunden und sonstige CAD-Fachleute kamen nach Bologna um Cadlabs Vorstellung des neuen Vertriebs- und Produktkonzepts beizuwohnen. Joe Costello, der im Februar dieses Jahres die Leitung des Unternehmens übernommen hat, stellte sich dem versammelten Publikum vor und kündigte eine Revolution im MCAD-Markt an. Er erwarte, daß sich der Markt für sogenannte Midrange-Systeme in nächster Zeit relativ schnell und tiefgreifend ändern werde: "In Kalifornien ist dann ein großes Erdbeben zu erwarten, wenn lange Zeit Ruhe herrscht. Und in der MCAD-Branche herrscht seit zehn Jahren Ruhe, was in der Computerbranche eine Ewigkeit ist." Für Costello könne eben nur ein relativ kleines und junges Unternehmen von solch einer Umwälzung profitieren, sofern es das passende Produkt besitzt. Ziel ist es, 3D-CAD für jedermann erschwinglich zu machen.

* Der Autor, Dipl.-Ing. Ralf Steck, ist freier Fachjournalist für die Bereiche CAD, Computer und Maschinenbau in Friedrichshafen.

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