Endspieltage

29.11.2001
Das Weihnachtsgeschäft ist für viele Einzelhändler die letzte Hoffnung

Es passt zu Schneeregen und dem auch sonst trübseligen Novemberende, dass die Insolvenzen in diesem Jahr wiederum gestiegen sind. Trotz Hurra- und Aussitzparolen des Berliner Rotkohls, geht es nicht nur in unserer Branche abwärts, die IT war nur wieder einmal etwas schneller. Die Horrormeldungen um Entlassung und Kurzarbeit in bisher florierenden Branchen wie Chemie, Werbung oder Medien lassen die potenziellen Fachhandelsumsätze auf kurz- und mittelfristige Kapitalanlagekonten verschwinden. So wie früher der Auftrag einer Verwaltung oder eine Workstation mit fünfstelliger Kaufsumme nach dem Sektglas schrie, fühlt sich unsereins heute schon, wenn ein 08/15-Rechner die Ladentür verlässt. Die Ansprüche werden kleiner, müssen kleiner werden. Nach zehn Jahren an der Thekenfront unseres kleinen Ladens von nebenan lese ich die Zukunftssorgen meiner Kunden in deren Gesicht ab. Es wird nicht mehr als das Nötigste gekauft. Stand vor kurzem noch ein 18-Zoll-Display auf dem Wunschzettel, sind es jetzt nur noch siebzehn. Statt Pentium 4 gibt es eher für 100 Mark mehr Speicher und eine zweite Festplatte. Anstelle der neuesten Spiele oder andere Software werden zwei Päckchen Rohlinge für den Brenner geordert. Diese kleinen Beträge sind zwar besser als nichts, stopfen aber bei weitem nicht das Loch der bisher verkauften Sys-teme. Dazu kommt der drohende Totalausfall bei Handys. Die Geräte vom letzten Fest für Opa und Tante liegen oft noch unbenutzt im Wohnzimmerschrank, die dazugehörigen Cashkarten haben sich die Kids bereits unter den Nagel gerissen. Der Überhang an gebrauchter Hardware und ein fehlendes Folgegeschäft lassen dem klassischen Händler keine Chance. Also zurück zu den Wurzeln, den Dienstleistungen wie Kartentausch oder Laufwerkmontage. Imagepflege am Ort und die aus mühevollen, zeitaufwändigen Kundengesprächen folgende Stammklientel erweist sich nun als kluge Investition. Klar verdient mehr Geld, wer ständig propagiert, beim Billigsten Massen einkauft und mit knappem Gewinn weiterverkauft. Doch wenn diese Strukturen brechen, wie es jetzt überall passiert und sich die Masse nicht mehr verkaufen lässt, dann ist die Old Economy gefragt. Wie vor Jahren angedacht, gibt es in Zukunft die Großen online für Billig und Masse und die Kleinen für das individuelle, lokale Geschäft. Dazwischen wird kein Platz sein, weder für Mini-Aldis noch für Pseudosystemhäuser.

Mein Fazit: Wer als Händler bei seinen Kunden König sein will, muss für eine treue Gefolgschaft durch Leistung überzeugen. Billige Ware lockt nur billige Klientel.

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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