Entscheidungen in Sekundenschnelle

05.09.1997
Hügelsheim: Fachhändler brauchen den schnellen Zugriff auf verschiedenartige Dokumente, denn für sie ist Zeit wirklich Geld. Ein elektronisches Archiv, so Autor Ingo Wenzel*, zahlt sich daher schnell aus. Es verbessert den internen Informationsfluß und es sorgt auch für Kundenbindung.Als kompetente Vermittler zwischen Angebot und Nachfrage, nämlich Hersteller und Käufer, sind Fachhändler ein wichtiges Bindeglied im Marktgeschehen. "Im Fachhandel spielt die Dienstleistung eine immer größere Rolle", sagt Rolf Esau vom Wiesbadener Systemhaus ESB, "Kunden oder Lieferanten erwarten schnelle, kompetente Antworten. Ohne Dokumentenmanagementsystem ist das am Telefon nicht zu machen."

Hügelsheim: Fachhändler brauchen den schnellen Zugriff auf verschiedenartige Dokumente, denn für sie ist Zeit wirklich Geld. Ein elektronisches Archiv, so Autor Ingo Wenzel*, zahlt sich daher schnell aus. Es verbessert den internen Informationsfluß und es sorgt auch für Kundenbindung.Als kompetente Vermittler zwischen Angebot und Nachfrage, nämlich Hersteller und Käufer, sind Fachhändler ein wichtiges Bindeglied im Marktgeschehen. "Im Fachhandel spielt die Dienstleistung eine immer größere Rolle", sagt Rolf Esau vom Wiesbadener Systemhaus ESB, "Kunden oder Lieferanten erwarten schnelle, kompetente Antworten. Ohne Dokumentenmanagementsystem ist das am Telefon nicht zu machen."

Die DV-Branche gehört zu den schnellebigsten Wirtschaftszweigen, und Trends rechtzeitig zu erkennen, kann für einen Händler lebenswichtig sein. So ändern sich die Einkaufspreise oft von einem Tag auf den anderen; bei der Vielzahl von Komponenten und Lieferanten kann niemand alle Angebote im Kopf haben. Bei einer angeblich günstigen Offerte muß der Händler schnell entscheiden, ob da ein Schnäppchen winkt oder jemand noch schnell versucht, einen Ladenhüter loszuwerden. "Heute ist keine Zeit mehr, lange zu überlegen", sagt Olaf Karchs vom Systemhaus Mtech aus Gera, "oft muß innerhalb von Sekunden eine Entscheidung getroffen werden, ob wir auf ein Angebot eingehen oder nicht." Wenn dann nicht alle vorhandenen Informationen auf Mausklick vorliegen, gerät die Entscheidungsfindung leicht zum Ratespiel.

Händler brauchen elektronische Archive

Mit den Einkaufskonditionen legt der Händler auch seinen Spielraum für den Weiterverkauf fest. Da Festpreise in der Branche selten sind, müssen beim Verkaufsgespräch alle Informationen präsent sein, aus denen der eigene Handlungsrahmen ersichtlich wird. Auch dabei sind schnelle Entscheidungen gefragt, und die lassen sich guten Gewissens nur fällen, wenn alle relevanten Informationen dafür vorliegen. Wenn sich erst hinterher eine Fehleinschätzung herausstellt, ist es schon zu spät. Vor den Preiskonditionen und Lieferbedingungen steht die Auswahl eines Produkts. Esau ist überzeugt: "Ein gut gepflegtes elektronisches Archiv ist eine wertvolle Hilfe beim Kundengespräch am Telefon, denn dann läßt sich sofort klären, ob die gewünschte Konfiguration überhaupt lieferbar ist."

Doch es ist gar nicht so einfach, diese Informationen zusammenzuführen, denn sie liegen meist in recht unterschiedlicher Form vor. Die moderne Informations- und Kommunikationstechnik hat eine Vielzahl neuer Kommunikationsformen geschaffen: neben das Telefon sind Fax, E-Mail, Dateiversand und das WWW getreten. Damit hat auch die Vielfalt der Dokumente zugenommen, die archiviert werden müssen. Trotz unterschiedlicher Medien müssen alle zu einem Vorgang gehörigen Schriftstücke zusammengeführt werden können. Wenn etwa eine Bestellung per Fax eingeht, Lieferschein und Rechnung als Papierbeleg gedruckt werden und die Kommissionierung im Lager in einem Warenwirtschaftssystem vermerkt wird, müssen bei Rückfragen eines Beteiligten dennoch alle Belege greifbar sein. Dazu gehört auch das Angebot, das mit einem Textprogramm erstellt wurde.

Wirtschaftlicher Nutzen eines elektronischen Archivs

Die Archiv-Software muß also in der Lage sein, Dokumente aus unterschiedlichen Quellen zu archivieren, also Faxe, Computerdateien verschiedener Programme und Papierbelege. Faxe sind an sich die einfachsten Dokumente für die Archivierung, denn das Faxformat der Gruppe 4 wird auch von Archivprogrammen verwendet. Eigentlich sollte es auch kein Problem sein, zumindest die mit Computerprogrammen erzeugten Daten direkt in ein elektronisches Archiv zu übernehmen. Doch weil fast jedes Programm sein eigenes Speicherformat verwendet und verschiedene Computersysteme auch mit verschiedenen Zeichensätzen arbeiten, ist zumindest eine Konvertierung notwendig.

Außerdem werden die Informationen manchmal erst für den Ausdruck zusammengeführt. Die Daten auf einem Lieferschein zum Beispiel können aus mehreren Datenbanken oder Datensätzen stammen, die zu einem Warenwirtschaftssystem gehören. In der Datenbank sind die Daten aber nicht so organisiert, wie sie auf dem Lieferschein stehen. Kunden-, Artikel- und Lieferantendaten müssen erst miteinander verknüpft werden, um auf dem Lieferschein ausgedruckt zu werden.

Sofern nicht eine Schnittstelle für den direkten Datenaustausch existiert, führt der sinnvollste Weg ins Archiv also über den Druck, denn die Druckdatei, in der die Daten zum Drucker geschickt werden, enthält die Daten in strukturierter Form und alle Informationen, die der Drucker braucht, um die richtigen Daten an den richtigen Platz zu setzen. Sie ist also ein elektronisches Abbild des Dokuments, und daher kann zumindest der Umweg über das Papier entfallen. Dieses Verfahren wird seltsamerweise Computer Output on Laser Disk genannt, daher merkt man sich am besten nur die griffige Abkürzung COLD dafür.

Vorgangsautomatisierung und Informationsgewinn

Ohne ein elektronisches Archiv müssen die Dokumente mühsam aus den verschiedenen Quellen zusammengetragen und anschließend wieder abgelegt werden. Das kostet viel Zeit, die produktiver genutzt werden könnte. Manfred Benz vom Systemhaus CTL in Bömenkirch erläutert: "Wenn zum Beispiel ein Kunde bei einer Rückfrage die Information nicht hat, nach der die Papiere geordnet sind, wird die Suche extrem aufwendig. Im elektronischen Archiv kann auch nach einem anderen Stichwort gesucht werden."

Außerdem müssen Belege über Jahre hinweg aufbewahrt werden und füllen daher in vielen Unternehmen etliche Aktenschränke. Diese unproduktive Pflichterfüllung kostet viel Geld, denn der Händler muß nicht nur Aktenordner, Hängemappen und Schränke kaufen, für den Raum, den sie einnehmen, müssen Miete und Nebenkosten bezahlt werden. Zudem sind bei herkömmlicher Lagerung eigentlich zwei Archive nötig: eines für den täglichen Betrieb und eines für die langfristige Lagerung. Nach einer gewissen Zeit müssen dann die Belege, die wahrscheinlich nicht mehr für Rückfragen gebraucht werden, in das Langzeitarchiv gebracht werden. Dort muß außerdem Platz geschaffen werden, indem Belege, die ihre vorgeschriebene Lagerdauer hinter sich haben, aussortiert und vernichtet werden. Mit der Suche in den Archiven sind meist mehrere Mitarbeiter einige Stunden am Tag beschäftigt. "Als wir auch nur grob überschlagen hatten, was uns die herkömmliche Suche kostet, war für uns der wirtschaftliche Nutzen eines elektronischen Archivs klar", erklärt Benz.

Archivierung in einem Dokumentenmanagementsystem

In einem elektronischen Archiv dagegen läuft dieser Vorgang automatisch ab. Schon bei der Ablage kann den Dokumenten eine Lagerdauer mitgegeben werden. Dabei läßt sich zudem spezifizieren, ob sie anschließend ohne Rückfrage vernichtet werden oder ob ein Sachbearbeiter ihnen noch eine weitere Frist gewährt. Doch selbst, wenn noch einmal jemand entscheiden muß, ist der Aufwand bei weitem nicht mit dem vergleichbar, der durch das manuelle Aussortieren von Belegen entsteht, die ja in den Aktenmappen nicht nach Verfallsdatum geordnet sind. Schon während seiner aktiven Nutzungszeit kann das Dokumentenmanagementsystem den Weg eines Dokuments kontrollieren.

Je nach Belegmenge kann es auch in einem elektronischen Archiv sinnvoll sein, eine Abteilung für den kurzfristigen Zugriff im Tagesgeschäft einzurichten und zusätzlich ein Langzeitarchiv vorzuhalten. Die Einrichtung des Langzeitarchivs besteht im wesentlichen darin, die Daten auf einer oder mehreren optischen Platten zu speichern, die dann möglicherweise in einem Schrank verwahrt werden.

Problematisch ist die Auslagerung des Archivs auf eine optische Platte allerdings bei Volltextdatenbanken. Da die Datenbanken jeweils in ihrer eigenen, herstellerspezifischen Struktur organisiert sind, kann das Archiv auch nur durch einen herstellerspezifischen Treiber von der Festplatte auf die optische Platte übertragen werden. Eine SQL-Datenbank dagegen verwendet eine transparente Struktur, die problemlos mit den Standardtreibern der Laufwerkshersteller kopiert werden kann. Der Anwender hat die Wahl zwischen Angeboten verschiedener Hersteller von Laufwerken.

Die Vergabe von Stichworten oder Indizes ist ohnehin die einzige Möglichkeit, unterschiedlichste Arten von Vorlagen zusammenzuführen. Das Dokumentenmanagementsystem sollte dabei möglichst flexibel sein und den Benutzer nicht einengen oder ihm vorschreiben, wie er die Dokumente zu organisieren hat. Gerade weil ein Fachhändler Dokumente unterschiedlichster Art archivieren muß, ist es wichtig, daß das Archivprogramm verschiedene Arten der Stichwortvergabe anbietet, damit die Dokumente hinterher auch schnell wiedergefunden werden können.

Letztlich sind allerdings die Anforderungen des Fachhandels nicht grundlegend ander, als in anderen Wirtschaftsbereichen. Ob sich ein elektronisches Dokumentenmanagementsystem lohnt, ist auch hier eine Mengenfrage. Ein Fachhändler, bei dem jedoch so wenige Rechnungen, Lieferscheine und Angebote eingehen, daß sich dafür kein elektronisches Archiv rentiert, dürfte ohnehin Schwierigkeiten mit dem Überleben haben.

* Ingo Wenzel ist Geschäftsführer der daa GmbH in Hügelsheim bei Baden Baden

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