Verbundgruppe veröffentlich Geschäftszahlen für 2021

EP fällt hinter Euronics zurück



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Der Abschied von der Fachmarktkette Medimax und das schwache Online-Geschäft hinterlassen Spuren: ElectronicPartner erzielte 2020 nur 1,4 Milliarden Euro Umsatz – und liegt damit zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder hinter Wettbewerber Euronics.
Die ElectronicPartner-Vorstände Friedrich Sobol und Karl Trautmann bei der virtuellen Präsentation der Geschäftszahlen für 2021
Die ElectronicPartner-Vorstände Friedrich Sobol und Karl Trautmann bei der virtuellen Präsentation der Geschäftszahlen für 2021
Foto: EP

Nicht nur die Elektronik-Onlinehändler, auch die stationär geprägten Verbundgruppen konnten seit Beginn der Coronapandemie deutlich am Umsatz dazugewinnen: Expert wuchs von April 2020 bis März 2021 um 6,5 Prozent auf einen Innenumsatz von 2,2 Milliarden und auch Euronics konnte sich von Oktober 2020 bis September 2021 um 8,2 Prozent auf 1,58 Milliarden Euro verbessern. Vor allem das lange nur sehr vorsichtig betrieben Online-Geschäft erwies sich für die beiden Verbundgruppen dabei in der Pandemie als willkommener Ausgleich für den Lockdown und Corona-Maßnahmen gebeutelten Fachhandel.

Mit Spannung erwartet werden durften vor diesem Hintergrund die Geschäftszahlen, die Deutschlands dritte große Elektronik-Verbundgruppe ElectronicPartner (EP) für das zurückliegende Jahr präsentieren würde. Für 2020 meldete EP noch ein Umsatzwachstum von 8,1 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro. Für das Geschäftsjahr 2021 gab die Verbundgruppe nun einen zentralregulierten Umsatz von lediglich 1,407 Milliarden Euro bekannt. Das sind mehr als 6 Prozent weniger als im Vorjahr. Und selbst wenn man die Umsätze der im vergangenen Jahr im Zuge der Umwandlung in eine reine Franchise-Organisation geschlossenen Medimax-Fachmärkte herausrechnet, bleibt EP bei einem Umsatzminus von 2 Prozent. Erstmals seit 2012 fällt EP damit beim Umsatz hinter den Wettbewerber Euronics zurück und nimmt nur noch Platz 3 unter den Elektronik-Verbundgruppen ein.

EP hat Medimax in eine reine Franchise-Kette umgewandelt
EP hat Medimax in eine reine Franchise-Kette umgewandelt
Foto: ElectronicPartner

Wie lange kann sich EP sein Online-Zaudern leisten?

Neben dem Abschied von Medimax dürfte vor allem die zurückhaltende Einstellung der EP-Führung in Sachen E-Commerce für die schwache Umsatzentwicklung verantwortlich sein. "Die Hauptaufgabe unserer Online-Aktivitäten ist die Zuführung zum stationären Handel - und das gelingt uns hervorragend", bekräftigte EP-Vorstand Friedrich Sobol bei der Vorstellung der Geschäftszahlen. "Auch wir haben in der Pandemie Umsätze nach Online verlagert, aber nur dort, wo es sich um ertragreiche Online-Umsätze handelt. Unsere Mitglieder erwarten von uns eine solides Maß zwischen Online und stationärem Handel", begründete Sobol die zögerliche Haltung zum Online-Verkauf. Immerhin: Medimax habe 2021 den Online-Anteil um 14 Prozent gesteigert.

Sobol verwies im Kontext mit der Online-Strategie von EP auch auf Notebooksbilliger.de, an dem die EP-Eignerfamilie Haubrich mit 25,1 Prozent beteiligt ist. "Wir haben durch unsere Beteiligung an Notebooksbilliger sehr guten Einblick in die Online-Kennzahlen. Und genau deshalb wissen wir umso mehr, dass man die Kostensituation des Fachhandels nicht mit Online gleichsetzen darf", erklärte der EP-Vorstand. Was Sobol verschwieg: Auch Notebooksbilliger.de hat sich trotzdem Corona-Boom deutlich schwacher entwickelt als der Online-Wettbewerb. Sobol kündigte an zu prüfen, welche Sortimentsbereiche künftig bei EP stärker Online bespielt werden könnten: "Das wird in Bereichen der Fall sein, wo sich online profitable Umsätze erzielen lassen. Und es wird sich immer nur um additive Umsätze handeln und nicht um substitutive." Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist diese Herangehensweise sicherlich berechtigt. Dennoch wird sich EP angesichts der steigenden Online-Umsätze der anderen Verbundgruppen - sowie der generellen Umsatzentwicklung - mit der Frage einer schwindenden Marktmacht auseinandersetzen müssen.

In der EP-Zentrale in Düsseldorf setzt man auf einen zurückhaltenden Online-Kurs
In der EP-Zentrale in Düsseldorf setzt man auf einen zurückhaltenden Online-Kurs
Foto: ElectronicPartner

Solide Entwicklung bei Fachhandel und Systemhäusern

In ihrer Präsentation bemühte sich die EP-Führung dennoch um einen positiven Blick auf das zurückliegende Geschäftsjahr. So hätten die EP:Fachhändler im Jahr 2020 ordentlich vorgelegt: mit einem Umsatzplus von 19,3 Prozent und somit dem besten Ergebnis seit Start der Qualitätsoffensive der Verbundgruppe. Die Messlatte sei also hoch gelegen - dennoch sei es den qualifizierten Markenhändlern im ElectronicPartner-Verbund gelungen, 2021 den eingeschlagenen Weg mit einem erneuten Plus von 11,8 Prozent fortzusetzen. Damit hätten sich die EP:Mitglieder zum siebten Mal in Folge besser entwickeln als der Kanal Fachhandel, der im Jahr 2021 ein Minus von vier Prozent verzeichnete.

Auch die Partner des Technologie-Netzwerkes comTeam hätten weiterhin vom Digitalisierungsschub profitiert. Doch anstatt sich von der Welle treiben zu lassen, hätten die IT-Spezialisten neue Handlungsfelder erkannt und ihre Leistungen dem aktuellen und künftigen Bedarf entsprechend ausgebaut. Finanziell habe sich dies in einem Umsatzplus von 2,1 Prozent zum Vorjahr niedergeschlagen - dem bis dahin umsatzstärksten in der comTeam Historie. Diesen Kurs setze das krisenfeste IT-Netzwerk in 2022 fort: Mit neuen Services - zum Beispiel bei den Themen Digitaler Vertrieb, Recruiting und kontinuierlichem Wissensausbau.

EP hat Anfang 2022 erstmals einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht
EP hat Anfang 2022 erstmals einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht
Foto: EP

Medimax soll wieder expandieren

Was Medimax betrifft, verteidigte Sobol die Entscheidung zum Abschied von der zentral geführten Fachmarktkette. "Wie andere Marktteilnehmer in diesem Segment, haben auch wir auf der Fläche Einbußen verzeichnen müssen. Dennoch sind wir gerade vor dem Hintergrund der Gesamtsituation stolz darauf, die Privatisierung nach Plan vollendet zu haben und nun gemeinsam mit engagierten Franchisepartnern die Zukunft von Medimax zu gestalten", erklärt Friedrich Sobol, der als Vorstand die Marken Medimax und EP: verantwortet. In den kommenden Monaten setze ElectronicPartner bei der Franchisefachmarktlinie weiter auf Expansion und starte mit verschiedenen Maßnahmen, um Partner für voraussichtlich acht neue Standorte zu gewinnen.

Daneben entwickle sich EP mit zukunftsweisenden Projekten, wie der eigenen Nachhaltigkeitsinitiative Go Green und dem Erschließen neuer Geschäftsfelder bei comTeam weiter. Dabei reagiere sie aktiv auf die Anforderungen der Branche sowie den Bedarf von Mitgliedern und Endkunden. "In 85 Jahren Unternehmensgeschichte hat ElectronicPartner verschiedene technische, wirtschaftliche und soziale Umbrüche miterlebt, sich stets aus eigener Kraft den daraus resultierenden Herausforderungen gestellt und die sich ergebenden Chancen genutzt. Die Corona-Pandemie ist ein weiteres, besonders einschneidendes Kapitel, das wir erfolgreich und verantwortungsbewusst meistern", erklärt EP-Vorstand Karl Trautmann.

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