Erfolgreiche Marktbearbeitung mit stimmigem Partnerprogramm

27.06.2002
Beinahe jeder IT- und TK-Hersteller hat sein Partnerprogramm in den vergangenen zwölf Monate überarbeitet. "Anpassung an die Entwicklung des Marktes" ist ein oft verwendetes Argument für Änderungen, die im Channel häufig für Verwirrung sorgen. Dabei bieten viele Partnerprogramme immense Möglichkeiten für die im Vertrieb tätigen Unternehmen, weiß Gerald Holler* zu berichten.

Die Entwicklung der vergangenen Monate hat gezeigt, dass gerade in schwierigeren Phasen das Bekenntnis der Hersteller zum Channel tendenziell steigt. Denn Systemhäuser und Fachhändler verfügen über die Zugänge in den "treueren" Mittelstand, der gerade jetzt wieder für eine intensive Marktdurchdringung hoch geschätzt wird. Nebenbei sei noch erwähnt, dass der Aufbau des Direktvertriebes ungleich aufwändiger und bei langfristigen Verkaufszyklen um ein Vielfaches teurer ist.

"Die Kannibalisierung und der Preiskampf im Channel sind die eigentlichen Gründe für die Probleme unserer Partner", war kürzlich auf einem Forum von IT-Herstellern in München zu hören. Diese Spirale aus gegenseitiger Unterbietung von Hardware- und Servicepreisen versuchen sowohl Hersteller als auch VARs (Value Added Reseller) und Fachhändler zu durchbrechen. Hierbei liegen die Anpassungen von Partnerprogrammen nach wie vor im Trend. Für die Hersteller geht es darum, einen Rahmen für die Zusammenarbeit mit dem Fachhandel abzustecken - einen Rahmen, der diesem jedoch für alle Fälle genügend Spielraum lässt.

Was bieten Partnerprogramme? Die meist drei- bis fünfstufig angelegten Klassifizierungen decken alle am Markt vorhandenen Partnerstrukturen ab. Beginnend mit kostenlosem Zugriff auf POS- (Point of Sales) und Verkaufsmaterialien sowie dem Erhalt des E-Mail-Newsletters des Herstellers bekommt man bereits als "Medium-Partner" die Chance auf die Teilnahme an Incentives. Einen wirklichen Mehrwert bieten die meis-ten Channelprogramme der Hersteller aber erst dann, wenn sich der Partner als "Solution Provider" oder VAR zertifizieren lassen kann. Die Planung von gemeinsamen Aktionen und Events steht hier ebenso im Vordergrund wie die gezielte Bearbeitung einzelner Marktsegmente.

Das organisieren einige Hersteller bereits sehr erfolgreich. Statt eine große Anzahl von Händlern in einem einzigen Programm zu integrieren, leiten sie konkretere Maßnahmen ein, die auf eine kleine Anzahl von "Lösungspartnern" angepasst werden können. Mit diesen wenigen Wiederverkäufern vereinbaren dann die Hersteller individuelle Ziele. Auf diese Weise erzielten einige Produktanbieter gemeinsam mit ihren Vertriebspartnern in den letzten sechs Monaten zweistellige Wachstumsraten. Dass hiervon nicht nur die ganz großen Systemhäuser profitieren, bestätigt zum Beispiel Hewlett-Packards "Design Jet Channel Program", an dem auch kleinere VARs und Systemintegratoren partizipieren konnten.

<b>Channel-Marketing ist das Nonplusultra </b>

Im Mittelpunkt der Zusammenarbeit des Herstellers mit dem Channel sollte nicht ein großartig angekündigtes Partnerprogramm stehen, sondern eine dezidierte Marketingplanung mit jedem einzelnen Wiederverkäufer. Dies erfordert allerdings auf Seiten des Produktanbieters zusätzliche Ressourcen an Personal und Infrastruktur oder alternativ eine funktionierende, webbasierende Maßnahmen-Verfolgungsplattform. Letztere deckt die immer wiederkehrenden Routineprozesse weit gehend automatisiert ab und lässt den Channel-Beauftragten des Herstellers Zeit für persönliche Gespräche und für die Projektbegleitung beim Partner.

Ein statisches Partnerprogramm erfüllt die Erwartungen der Dienstleister längst nicht mehr. Hier ist Flexibilität auf beiden Seiten gefragt. Zu einer funktionierenden Kommunikationsplattform zwischen Hersteller und Vertriebspartner gehört nicht nur die reine Lead-Weitergabe. Vielmehr sollten sich beide Seiten jederzeit auf dem aktuellen Stand des Projektablaufs befinden. Hierzu ist es notwendig, sowohl alle Lead-Management-Prozesse als auch die neuesten Infos über Verkaufszahlen, Preise und Produkte den Partnern bereitzustellen. Es ist wichtig, dass der Hersteller seinen Dienstleister während der gesamten Projektlaufzeit beim Kunden begleitet. Er sollte jederzeit über Fortschritte, aber auch über möglicherweise auftretende Probleme informiert sein.

Der Entwicklungsstand eines Projekts wird dabei auf einer von allen drei Parteien gemeinsam nutzbaren Plattform dargestellt, etwa mit der Abbildung des zeitlichen Ablaufschemas - und das möglichst aktuell. Damit zeigt der Hersteller auch klar seine direkten Kontakte zu einem Kunden, ohne dabei jedoch den Channel-Partner zu verunsichern.

Wenn es dann ein Hersteller auch noch schafft, eine gut erreichbare Kommunikationszentrale mit E-Mail-Unterstützung aufzubauen, wird er seine Partner zufrieden stellen. Er wird Wiederverkäufer finden, die seine Produkte und Lösungen erfolgreich am Markt platzieren. Denn es ist eben nicht damit getan, diesen wichtigen Vertriebskanal an eine x-beliebige Agentur oder ein anonymes Call-Center umzuleiten.

Nachdem durch die Verunsicherung der zurückliegenden Monate einige Hersteller ihre Leistungen für den Channel in großem Ausmaß angepasst haben, heißt es nun für so manche Partner umzudenken. Wer kein klares und stimmiges Business-Konzept mit dem Mehrwert einer funktionierenden Lösung vorweisen kann, wird keine große Unterstützung vom Hersteller bekommen. Schmerzhaft wird dieser Prozess vor allem für all diejenigen "Boxenschieber", die mit den Wachstumssprüngen der letzten drei Jahre Fett angesetzt und den Wandel zum Solution Provider verpasst haben.

Diese Partner müssen nun von ihren Lieferanten Hilfestellung in Marketingstrategien und in ihrer langfristigen Ausrichtung erhalten. Channel-Marketing bedeutet auch einen ständigen Know-how-Transfer zwischen Hersteller und Wiederverkäufer.

<b>Dienstleistungen werden immer wichtiger </b>

Bei einer Analyse der 25 erfolgreichsten Systemhäuser stellt man fest, dass er deren überwiegende Anzahl geschafft hat, sukzessive verschiedene Lösungen am Markt zu platzieren und diese erfolgreich und Gewinn bringend bei einer großen Kundenanzahl zu installieren. Nicht zuletzt die Beratung vor, während und nach Ende des Projekts ist ein nicht unerheblicher Erfolgsfaktor. Consulting-Dienstleistungen können die immer schwieriger werdende Margensituation ausgleichen und eine intensive, langfristige Beziehung zum Kunden aufbauen.

Die Chance der Hersteller besteht nunmehr darin, diese - teilweise hochmotivierten Wiederverkäufer - zu leistungsfähigen Vertriebspartnern für die eigenen Produkte und Services auszubauen. Die teilweise heftigen emotionalen Reaktionen des Channels, die einigen Herstellern immer wieder zu schaffen machen, können sich auch durchaus als hilfreich erweisen. Wenn sich nämlich mal ein Hersteller als zuverlässig und Channel-kompatibel bewiesen hat, bleibt ihm der Vertriebspartner auch über einen längeren Zeitraum hinweg treu.

Hier ist den Herstellern noch Folgendes mit auf den Weg zu geben: Auch bei einer positiven Entwicklung des Marktes sollten sie ihr Treuebekenntnis zum Channel aufrechterhalten. Ansonsten wird dieser seine Lieferanten die Keule spüren lassen.

www.compri.de

*Gerald Holler ist Geschäftsführer der Compri for Partners GmbH, die ITK-Unternehmen beim indirekten Vertrieb berät.

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