Ergonomische Aspekte werden für Projektgeschäft immer wichtiger

22.10.1998

MÜNCHEN: Büroarbeitsplätze sind heutzutage fast ausnahmslos Bildschirmarbeitsplätze. Gerade im Projektgeschäft wird eine umfassende Kundenberatung von Seiten des Handels erwartet. Aber: Was zeichnet einen ergonomischen Bildschirmarbeitsplatz aus? Und worauf sollte bei der Einrichtung eines Bildschirmarbeitsplatzes besonders geachtet werden? Einen Überblick über verschiedene Verordnungen, internationale Standards und Richtlinien gibt Thomas Kaiser* indiesem Beitrag.

Die Bildschirmarbeitsverordnung vom 20.12.1996, deren Richtlinien am 31.12.1999 für alle Bildschirmarbeitsplätze zur gesetzlichen Vorschrift werden, hat einen sicheren und gesunden Arbeitsplatz im Hinblick auf Arbeitsumwelt, Einrichtung, Hardware und Software-Ergonomie zum Ziel.

Ein Ergonomischer Arbeitsplatz

Mit am meisten beansprucht ein PC-Anwender zweifelsohne seine Augen. Eine möglichst entspannte und angenehme Körperhaltung trägt wesentlich dazu bei, die Augen zu schonen. Eine gesunde Körperhaltung nimmt der Benutzer ein, wenn Ober- und Unterschenkel sowie Ober- und Unterarm jeweils einen 90-Grad-Winkel bilden (siehe Grafik 1). Der Stuhl sollte etwa fünf bis zehn Zentimeter von der Tischvorderkante entfernt sein. Eine falsche Sitzposition verursacht häufig starke Belastung und Verspannungen im Nacken- und Schulterbereich. Was dazu führt, daß dem Benutzer das Lesen wesentlich schwerer fällt und er schneller ermüdet. Auch der sogenannte "Greifraum" für oft benutzte Arbeitsmittel sollte berücksichtigt werden (Radius von 30 Zentimetern), um den Arbeitsplatz möglichst effizient nutzen zu können.

Zum Erzielen einer entspannten Kopfhaltung sollte der Blick aus der Waagrechten leicht nach unten geneigt sein (um etwa 35 Grad) und einen annähernd rechten Winkel mit der Bildschirmoberfläche bilden. In dieser Haltung können die Augen nahe Objekte am besten fokussieren. Die ideale Distanz der Augen zum Bildschirm beträgt 60 (plus/minus 15) Zentimeter. Die oberste Zeile, die auf dem Bildschirm dargestellt wird, sollte sich etwa 18 (plus/minus fünf) Zentimeter unterhalb der Sehachse befinden (siehe Grafik 2).

Besonders grafische Benutzeroberflächen wie Tabellenkalkulations-, Text-, Datenbank- und Entwicklungsanwendungen fordern eine immer größere und umfangreichere Datendarstellung. Eine Folge sind immer höhere Auflösungen (kleinere Zeichen oder größerer Bildschirm). Viele der gängigen Schreibtische sind jedoch für größere Monitore wie 19- oder 21-Zöller in der Regel zu klein. Ein klassischer Monitor dieser Größe ist etwa 48 bis 55 Zentimeter tief und 43 bis 49 Zentimeter hoch. Von Vorteil wären hierfür höhenverstellbare Schreibtische mit größerer und teilbarer Arbeitsfläche. Nachteile sind der erheblich größere Bedarf an Bürofläche und zusätzlich anfallende hohe Anschaffungskosten für Unternehmen.

Aber noch ein weiterer Punkt muß berücksichtigt werden, der für "gesundes" Arbeiten wichtig ist: Die auf dem Bildschirm dargestellten Zeichen müssen scharf, deutlich und ausreichend groß sein sowie einen angemessenen Zeichen- und Zeilenabstand haben. Deshalb sollte die Zeichenhöhe mindestens drei Millimeter betragen. Empfohlen werden 3,5 Millimeter. Und selbstverständlich sollte das Bild stabil und flimmerfrei sein sowie keinerlei Verzerrungen aufweisen. Diese Forderungen sind erfüllt, wenn die Mindestanforderungen an Leuchtdichte, Kontrast, Zeichenschärfe, Zeichengröße, -gestalt und -abstände, Bildstabilität und -geometrie, Flimmerfreiheit, Farbdarstellung sowie Konvergenz eingehalten werden.

Auch der ISO-9241-Standard (von der Internationalen Standardisierungsorganisation, ISO, spezifiziert) legt fest, welche Anforderungen ein ergonomischer Arbeitsplatz erfüllen muß. Eines der weltweit führenden unabhängigen Testinstitute für die Ergonomie von Bildschirmen ist auch der TÜV Rheinland mit Testzentren - nicht nur in Deutschland. Neben der Bildschirmarbeitsplatzverordnung und anerkannten Prüfsiegeln wie TÜV-GS und TÜV-Ergonomie werden aber gerade bei Monitoren sehr häufig die Empfehlungen der TCO-Normen herangezogen, die von schwedischen Behörden beziehungsweise Gewerkschaften herausgegeben werden. Sie gelten seit Jahren als De-facto-Standards.

Die TCO ist die Schwedische Zentralorganisation der Angestellten und Beamten. In Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen und Unternehmen veröffentlicht sie regelmäßig die sogenannten TCO-Standards, die sich am fortschreitenden Stand der Technologie sowie den wachsenden Bedürfnissen der Anwender orientieren. Die TCO-Richtlinien befassen sich mit dem gesamten PC: mit dem Monitor, der Tastatur, dem eigentlichen Rechner sowie deren ergonomischen Eigenschaften, Emissionen (beispielsweise elektrischen und magnetischen Feldern), Energieverbrauch und Ökologie (mit umweltschutzbezogenen Anforderungen an das Produkt und seinen Herstellungsprozeß). Die ergonomischen Anforderungen an Bildschirme in der aktuell gültigen TCO 95 basieren hauptsächlich auf dem bereits erwähnten internationalen Standard ISO 9241, sind allerdings in vielen Punkten (zum Beispiel Leuchtdichte, Linearität, Meßmethoden) wesentlich strenger als der ISO-Standard.

Neuerungen bei TCO 99

Voraussichtlich wird es ab November die ersten Monitore mit TCO-99-Label geben. Die TCO 99 enthält nicht nur neue oder verschärfte Richtlinien für Kathodenstrahl-Monitore (CRTs) und LCDs, sondern setzt auch die Anforderungen an Qualität und Ergonomie weiter nach oben.

So werden in TCO 99 erstmals Mindestanforderungen an die Bildwiederholfrequenz von der Auflösung und der Gerätegröße abhängig gemacht. Bei einem 17-Zoll-Monitor wird beispielsweise eine Bildwiederholrate von mindestens 85 Hertz bei einer Auflösung von 1024 x 768 Bildpunkten vorgeschrieben (siehe Kasten "Neue Anforderungen...").

Zudem müssen Strahlungsarmut, Bildqualität etcetera im gleichen Modus und bei gleicher Auflösung sowie bei positiver Polarität (dunkle Schrift auf hellem Hintergrund) getestet werden. Auch wenn sich in den Anforderungen der TCO 99 an magnetische und elektrische Felder gegenüber TCO 95 nichts geändert hat, so sind die Werte aufgrund der verschärften Meßmethoden nun wesentlich schwerer zu erfüllen.

Aber damit noch nicht genug: Um das TCO-99-Label zu erhalten, dürfen Monitore im Energiesparmodus nur noch die Hälfte an Strom verbrauchen - also 15 Watt statt 30 Watt. Auch die Ökologievorschriften umfassen eine ganze Reihe an Neuerungen, beispielsweise das Verbot von brom- und chlorhaltigen Stoffen sowie die Vermeidung von Schwermetallen. Im Produktionsprozeß müssen schädliche Stoffe bei vorhandenen Alternativen ebenfalls unbedingt vermieden werden. Zudem gelten in TCO 99 die im jeweiligen Land gesetzlichen Recycling-Vorschriften als verbindlich.

Die Bildschirmarbeitsplatzverordnung und Standards wie beispielsweise TCO 95 und TCO 99 stellen also gerade für Monitorhersteller eine große Herausforderung dar. Denn ein ergonomischer Monitor sollte nicht nur technische Standards erfüllen, sondern Teil eines Gesamtkonzeptes sein.

Shortneck-Technologie und TFT-Monitore

Seitens der Monitor-Hersteller gibt es hauptsächlich zwei Lösungskonzepte, die es dem Benutzer erleichtern, sich seinen Arbeitsplatz ergonomisch zu gestalten: zum einen die Verwendung von Flachbildschirmen, zum anderen Röhren-Bildschirme, die aufgrund einer neuen Technologie in ihren Abmessungen wesentlich kleiner und damit platzsparender sind als herkömmliche CRTs. Bei dieser neuartigen Technologie wird der Öffnungswinkel der Ablenkeinheit von 90 Grad auf 100 Grad erweitert. Dadurch kann die Ablenkeinheit näher zur Röhrenmaske hin positioniert werden, mit dem Effekt, daß die Röhre insgesamt erheblich kürzer wird, etwa um zehn Prozent.

Geräteabmessungen und Stellfläche eines Shortneck-Monitors sind kleiner als bei einem herkömmlichen 17-Zoll-Bildschirm. Die Monitore liegen durch ihr neues Design, dem die beschriebenen Erkenntnisse der Arbeitsplatzergonomie zugrunde liegen, fast auf dem Schreibtisch auf.

Eine Alternative zu Shortneck-Monitoren sind natürlich aufgrund ihrer absolut geringen Abmessungen und der Bildqualität die allerdings noch immer etwas teureren Flachbildschirme. Im Vergleich benötigt ein LCD nur etwa 15 Prozent der Tiefe eines CRT-Monitors mit gleich großem Bild. Grund dafür ist die Technologie der LCDs (Liquid Cristal Displays). Sie sind sandwichartig aufgebaut: Zwischen zwei parallelen Glasplatten liegen Flüssigkristalle. Ein Raster von transparenten Elektroden durchzieht die Bildfläche. Durch eine Stromstärkenänderung an den Elektroden krümmen sich die Flüssigkristallmoleküle, richten sich unterschiedlich aus und erzeugen so das Bild auf dem Schirm.

Abhängig von unterschiedlichen Methoden der Bilderzeugung bieten die LCD-Monitore Vorteile gegenüber CRTs, was die Bilddarstellung betrifft. So verfügen sie beispielsweise über ein flimmerfreies Bild, da es keine Bildwiederholungen gibt wie etwa bei CRTs. Die Bildpunkte ändern sich nur, wenn am Bild selbst etwas verändert wird. Zudem arbeitet ein typisches LCD-Hintergrundlicht im Frequenzbereich von 60 Kilohertz - also bis zu 1000 Mal schneller als bei CRT-Monitoren, was ein Flimmern ebenfalls verhindert. LCD-Displays stellen außerdem Linien ausgezeichnet scharf dar, bieten hervorragende Helligkeit und hohen Konstrast und haben sehr geringe Konvergenz-Toleranzen. Allerdings ist zu beachten, daß LCDs die beste Bildqualität nur bei einer festgelegten Auflösung erzielen, anders als herkömmliche Monitore.

Bei der neuen Technologie der Shortneck-Monitore wird der Öffnungswinkel der Ablenkeinheit von 90 Grad auf 100 Grad erweitert.

*Thomas Kaiser ist Director Product Marketing der Nokia Display Products GmbH in München.

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