ERP im Mittelstand: zwischen Wunsch und Wirklichkeit

26.09.2002
Die Unternehmensberatung Cap Gemini Ernst & Young befragte 100 deutscheUnternehmen aus dem gehobenen Mittelstand nach ihren Anforderungen an ein ERP-System und ihren künftigen Investitionsschwerpunkten.

Die Unternehmensberatung Cap Gemini Ernst & Young befragte 100 deutsche Unternehmen aus dem gehobenen Mittelstand nach ihren Erfahrungen mit ERP-Programmen, ihren Wünschen und ihren künftigen Investitionsschwerpunkten. Die befragten Unternehmen haben alle bereits Erfahrungen mit ERP gesammelt, sie teilen sich in folgende Branchen auf: Industrie (56 Prozent), Handel (25 Prozent) und Dienstleistung (18 Prozent). Die meisten der Firmen bewegen sich in der Umsatzgruppe von 100 bis 500 Millionen Euro und haben 250 bis 2.000 Mitarbeiter. Es ist also der sehr gehobene Mittelstand, knapp unter der Grenze zum Großunternehmen.

Das Leistungspektrum ist entscheidend

Alle befragten Unternehmen arbeiten bereits mit einem ERP-System. Auf die Frage, welche die drei wichtigsten Kriterien bei der Auswahl ihres Systems waren, gaben 61 Prozent an, es sei der gesamte funktionelle Leistungsumfang gewesen. Mit 56 Prozent der Nennungen fast gleichauf wurde die Zuverlässigkeit des Systemanbieters als entscheidend genannt. Die Ausbaufähigkeit und somit auch die Zukunftssicherheit spielten immerhin noch für knapp 40 Prozent der Befragten eine wichtige Rolle. Kaum kaufrelevant war jedoch der Bekanntheitsgrad des Produktes (16 Prozent). Der Brand ist somit nur zweitrangig. Gute Erfahrung-en anderer und somit Mund-zu-Mund-Propaganda beeinflusst massiv die Kaufentscheidung.

Bereits heute werden bei weit über 80 Prozent der befragten Industrie-unternehmen Produktion, Finanzbuchhaltung, Materialwirtschaft sowie Einkauf durch das ERP-Hauptsystem unterstützt. Die geringste Unterstützung erfährt die Personalwirtschaft.

Das soll sich aber in Zukunft bei vielen ändern, und so wird die Personalwirtschaft am häufigsten bei der Frage genannt, welche zusätzlichen betriebswirtschaftlichen Funktionen für die Zukunft geplant seien. Wegen des bereits heute hohen Unterstützungsgrades in den Bereichen Materialwirtschaft, Finanzbuchhaltung und Einkauf bilden diese Bereiche das Schlusslicht bei künftigen Investitionen.

Die befragten Unternehmen ha-ben bislang auch noch nicht die Möglichkeiten aller ERP-Erweiterungen ausgenutzt. Archivierungs- und Dokumentenmanagementsysteme haben heute bei mehr als der Hälfte der gehobenen Mittelständler den Status eines etablierten Arbeitswerkzeuges. Jedes dritte Unternehmen versucht bereits durch ein Managmentinformationssystem (MIS) Transparenz und Steuerbarkeit zu fördern. "Trendthemen" wie SCM (Supply-Chain-Management) und CRM (Customer-Relationship-Management) sind hingegen sys-temtechnisch eher unterrepräsentiert. Nur ein Viertel der Befragten setzt CRM bereits ein, und sogar nur 14 Prozent nutzen die Möglichkeiten von SCM.

Und das wird sich auch in absehbarer Zeit nicht signifikant ändern. Trotz des bereits heute relativ hohen Abdeckungsgrades bilden Archivierungs- und Dokumentenmanagement auch in Zukunft bei jedem Vierten einen großen Inves-titionsschwerpunkt. Erst danach werden SCM und CRM mit 24 beziehungsweise 23 Prozent genannt. Andererseits bedeutet das nach Meinung der Analysten von Cap Gemini Ernst & Young, dass sich die Zahl der installierten SCM-Lösungen in der Zukunft mehr als verdoppeln wird.

Noch sind die Personalkosten zu hoch

Bei der Frage nach Systemperformance wurden von den befragten Unternehmen vor allem die Stabi-lität, die Ergonomie und die Geschäftsprozessbereinigung der eingesetzten Systeme als gut beurteilt. Jedoch findet man bei den Fragen zum Berichtswesen vermehrt negative Beurteilungen. Vor allem die Qualität der Standardberichte wird tendenziell als schlecht empfunden. Auch die Personalfolgekosten für die Wartung und die Betreuung des Systems erscheinen vielen als zu hoch.

Richtig zufrieden sind die meisten der Befragten (78 Prozent) mit der höheren Transparenz und verbesserten Steuerbarkeit ihres Unternehmens dank der Einführung des ERP-Systems. Eine direkte Verbindung zwischen dem ERP-System und einem verbesserten Unternehmensergebnis sieht jedoch nur jeder Vierte. Und mehr als ein Drittel (37 Prozent) bemängeln, dass noch nicht alle Unternehmensbereiche durch das System abgedeckt seien.

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ComputerPartner-Meinung:

Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Mittelstandskunde alles andere als einfach zu befriedigen ist. Vor allem ab einer bestimmten Größe benötigen diese Unternehmen mehr als nur einfache Programme von der Stange. Wer sich jedoch genau auf diese Anpassung an individuelle Kundenbedürfnisse spezialisiert, wird im (gehobenen) Mittelstand einen treuen Kunden finden. (go)

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