Meinungen der CP-Redakteure

Erst Spagat, dann zweites Standbein

03.01.2013
Die Furcht schien begründet: Hersteller, gerade die Softwareschmieden, könnten das Cloud-Geschäft an den Resellern vorbei machen.
Regina Böckle ist leitende Redakteurin bei ChannelPartner.
Regina Böckle ist leitende Redakteurin bei ChannelPartner.

Die Furcht schien begründet: Hersteller, gerade die Softwareschmieden, könnten das Cloud-Geschäft an den Resellern vorbei machen. Doch das vergangene Jahr hat uns eines Besseren belehrt. Selbst unter größtem Druck - Microsoft kann ein Lied davon singen -zeigte sich, dass Unternehmenskunden gerade beim Bezug von Cloud-basierten Diensten einen Partner haben möchten, dem sie vertrauen und auf Augenhöhe begegnen können. Obendrein müssen auch Lösungen aus der Cloud in die meist bunt gemischte Unternehmens-IT integriert werden. Das kann kein Hersteller leisten.

Deshalb sind es gerade die lokalen, spezialisierten Vertriebspartner vor Ort, die sich zurzeit im Cloud- und Managed-Service-Geschäft etablieren - als Berater, IT-Landschaftsarchitekten und Prozessberater. Zunehmend kooperieren sie mit anderen Partnern - oder übernehmen sie gleich ganz, um ihren regionalen Spielraum zu erweitern oder ergänzende Kompetenzen anzubieten. So bereitwillig wie im vergangenen Jahr haben Systemhäuser selten ihr Know-how mit anderen geteilt. Und das wird sich künftig noch verstärken, ebenso wie der Trend zu Kooperationen, den nicht zuletzt der Fachkräftemangel weiter antreibt.

Systemhäuser haben im vergangenen Jahr viel Geld in die Hand genommen, um ihre Mitarbeiter weiterzubilden und an das Haus zu binden. Sie werden sich auch in den nächsten Jahren hier massiv engagieren.

Konkurrenz indes erwächst den Partnern weniger in Gestalt der Hersteller als in den klassischen Service-Providern, die mit erstaunlichem Tempo ihr Rechenzentren nutzen, um Kunden jetzt auch mehr als nur Blech aus der Steckdose zu liefern.

Trotzdem können Partner das Infrastrukturgeschäft mit physischen Systemen nicht einfach von heute auf morgen über den Haufen werfen - selbst wenn sich mit Hardware kaum mehr etwas verdienen lässt und die Umsätze hier weiter rückläufig sein werden. Dieses Geschäft parallel weiterzuführen und Modelle für das Cloud-Business aufzubauen, ist die große Herausforderung der nächsten Jahre. Damit zu kalkulieren, dass es schon noch dauern wird, bis die Cloud im B2B-Bereich zum Massenphänomen wird, halte ich für keine gute Strategie. Denn im Gegensatz zu den Hype-Technologien der Vergangenheit entscheiden diesmal nicht mehr nur IT-Leiter und CFOs über den Einsatz, sondern auch unzählige Anwender in den Fachhabteilungen. Sie sind die neuen Tempomacher.

Wer sich hier ein zweites Standbein aufbauen will, muss die Übergangsphase im Spagat meistern. (rb)

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