Blockchain im Handel

Erste Blockchain für den Weinhandel von SAP und EY

12.12.2019
Von Felix Weber
Lange hat der Handel nach Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie gesucht. Nun präsentieren SAP und Ernst & Young (EY) ein erstes produktives Beispiel: der Weinhandel.
Welcher Wein ist echt und welcher gefälscht? Eine Blockchain soll Fälschern das Handwerk legen.
Welcher Wein ist echt und welcher gefälscht? Eine Blockchain soll Fälschern das Handwerk legen.
Foto: il21 - shutterstock.com

Die zwei zentralen Aspekte der Blockchain-Technologie, die für den Handel attraktiv erscheinen, sind zu einem die Nutzung als Währung (Cryptocurrency) und die Fähigkeit eine zentrale und transparente "Wahrheit" zu formulieren. Gerade dieser Blockchain-Anwendungsfall macht die Technologie für den Handel interessant. Denn diese Fähigkeit der Technologie ermöglicht die Herkunft von Waren transparent und nachprüfbar zu machen.

Die Forderung nach einer solchen Transparenz kann je nach Branche aus unterschiedlichen Überlegungen resultieren, wobei die drei Hauptanliegen Sicherheit, Authentizität und ethische Beschaffung (Kinderarbeit) sind. Trotz dieser Fähigkeiten hat sich die Technologie bisher kaum im Handel etabliert, was sicherlich mit der mangelnden technologischen Integrierbarkeit und dem doch zweifelhaften Return on Investment (RoI) zu tun hat.

Der Einsatz von Blockchain im Weinhandel

Einen interessanten Anwendungsfall präsentieren nun aber SAP und die Wirtschaftsprüfer von EY zusammen mit dem Weinhändler Wine Pte. Ltd aus Singarpore. Unterstützt durch die EY OpsChain Blockchain-Plattform können Verbraucher von hochwertigen Weinen nun über eine sichere, blockchainbasierte Plattform die die Herkunft, Qualität und Authentizität von Neu- und Jahrgangsweinen verfolgen, ohne das Vertrauen in einen Zwischenhändler zu benötigen.

Der "TATTOO Wine Marktplatz" bietet dabei eine Auswahl von Weinen aus verschiedenen Weingütern in Frankreich, Italien, Spanien, Australien, Neuseeland und Nord- und Südamerika. "Mit dem TATTOO Weinmarktplatz ist jede Flasche vom Ursprungsort bis zur Direktlieferung und zum Verbraucher rückverfolgbar. TATTOO trägt dazu bei, die Vertriebswege zu verkürzen und die Probleme mit gefälschten Weinen zu lösen, optimiert die Lieferketten, erleichtert den Handel und stärkt sowohl die Weingüter als auch die Verbraucher", so Tim Tse, Gründer und Vorsitzender, Blockchain Wine Pte. Ltd.

Der Plattformbetrieb basiert auf der EY OpsChain-Plattform, die auf der SAP Commerce Plattform bereitgestellt wird. Die Rückverfolgbarkeitsfunktion in der TATTOO Wine Blockchain ermöglicht es den Teilnehmern jede Charge Wein nachzuverfolgen, um die Authentizität und Handhabung des Weins zu überprüfen.

Jede Flasche Wein wird mit einem eigenen, einzigartigen QR-Code "tätowiert" ("tattooed"). Durch das Scannen des QR-Codes können die Teilnehmer auf Informationen wie Namen und Standorte der Weinberge, Details der Art der für den Anbau der Kulturen verwendeten Düngemittel und den Transport jeder Charge zur Verarbeitung und Lieferung zugreifen.

Einer der wenigen funktionierenden Anwendungsfälle

Interessant erscheint die Anwendung der Technologie gerade für das Produkt Wein in Asien. Denn für die meisten Anwendungsfälle zieht das Argument der Nachverfolgbarkeit und der Authentizität nicht: vertraut der Konsument dem Händler nicht, so kauft er einfach woanders ein. Daher fallen die meisten Anwendungsfälle im Handel schon weg, da der Markt für das notwendige Vertrauen der Konsumenten (ob berechtig oder nicht) sorgt.

Bei Wein und gerade in Asien sieht das Bild aber anders aus. So ist das Problem von gefälschten Weinen (gerade aus Europa) omnipräsent. So schätzt das Interprofessional Council of Bordeux Wine, dass 30.000 Flaschen gefälschten importierten Weins pro Stunde (!) in China verkauft werden. Diese Fälschungen, gerade der hochpreisigen Weine, sind in Asien allgegenwärtig und ein wirkliches Problem für die Käufer. So macht gerade diese Kombination den von SAP, EY und Wine Pte. Ltd gezeigten Anwendungsfall wahrscheinlich so interessant.

Denn erst die Kombination aus einem teuren Produkt, einer wirklich internationalen Supply Chain (seinen Supermarkt kennt jeder, aber das Weingut kaum jemand) und der hohen Betrugsrate, macht den Einsatz der Blockchain sinnvoll. So sind auch andere Technologieunternehmen in diese Nische eingestiegen. Der IBM Food Trust Ledger ermöglicht es Lebensmittelhändlern, Lieferanten und Landwirten, die Daten der Lieferkette fast in Echtzeit nachzuverfolgen um eine transparentere und effizientere Methode zur Bestimmung der Herkunft und Sicherheit von Produkten zu ermöglicht. Eingesetzt wird es auch prototypisch in China für die Authentifizierung von europäischen Produkten beim französichen Händler Carrefour.

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