"Es kommt immer anders, als man denkt"

18.11.1999
MÜNCHEN: Mit dem Slogan "Es kommt immer anders, als man denkt" wirbt Microsoft in zahllosen PC-Zeitschriften für das neue "Office 2000. 2.000 Gründe sollen den Anwender überzeugen, auf Office 2000 umzusteigen. Anders als man denkt, kommen auch die OEM-Versionen vom Betriebssystem Windows 2000 daher.

Denn ab dem 1. Januar 2000 will Microsoft weltweit OEM-Versionen des Betriebssystems "Windows 2000" strikt an den jeweils ausgelieferten Computer koppeln. Anstelle der mitgelieferten Vollversion von Windows 2000 wird dem Rechner dann nur noch eine Recovery-CD beiliegen, von der sich das Betriebssystem im Notfall wieder installieren läßt. Und das läßt sich nur auf dem jeweiligen Rechner installieren. Auf anderen Modellen weigert sich die Installationsroutine, Windows 2000 wieder aufzuspielen.

Thomas Aschenbrenner, Business-Marketingleiter Microsoft, gab gegenüber ComputerPartner zu, daß Microsoft damit den Einsatz unlizenzierter Software zu unterbinden gedenke. Doch wie soll das funktionieren? Im Rechner gibt es, sieht man einmal von der Pinnummer des Pentium-III-Prozessors ab, keine Möglichkeit, eine feststehende ID-Nummer einzubringen. "Microsoft plant als Identifizierung einen feststehenden Teil des Bios heranzuziehen", erklärte Aschenbrenner gegenüber ComputerPartner. Den Einwand, daß heute jeder Anwender des öfteren ein Bios-Update durchführt, wiegelte Aschenbrenner ab. "Die Identifizierung erfolgt durch einen Teil des Bios, das von einem Update nicht betroffen sein wird." Auf Einzelheiten des Schutzes wollte Aschenbrenner jedoch nicht näher eingehen.

Mit diesem Trick will Microsoft offenbar den Handel mit Windows-OEM-Lizenzen unterbinden. Große Hersteller konnten das Betriebssystem Windows als OEM-Version bislang recht preisgünstig einkaufen. Wurden nicht so viele Rechner verkauft wie geplant, verkaufte man die Lizenzen einfach weiter. Dann sind diese Versionen aber in den Augen von Microsoft Raubkopien. Doch in solchen Fällen fehlen dem Softwaregiganten die rechtlichen Grundlagen, dagegen einzuschreiten, da der entsprechende Hersteller die Software legal eingekauft hat. Ist dagegen das Betriebssystem mit einem Rechner auch technisch gekoppelt, fallen solche Deals in Zukunft flach. Kleinere Hersteller müssen dann das Betriebsystem zu höheren Preisen bei ihren Distributoren kaufen.

Aber auch für die großen Hersteller wird die Betriebssystemsoftware in Zukunft teurer. Denn sie müssen nun ihre Absatzzahlen im voraus viel genauer kalkulieren, sonst bleiben sie auf unverkäuflichen Lizenzen sitzen. Bislang haben sie sich nämlich mehr oder minder an der Rabattstaffel von Microsoft orientiert. Überschüssige Lizenzen konnten ja einfach weiter veräußert werden. Außerdem müssen die großen Hersteller jetzt jedem PC die richtige Recovery-CD zuordnen. Konnten sie früher einfach irgendeine CD dem Rechner beilegen, so ist nun die richtige gefragt. Und ob das immer klappt, steht noch in den Sternen. Händler müssen sich in Zukunft darauf einstellen, daß Kunden ihre Recovery-CD reklamieren werden.

Microsoft ist mit dieser Politik in jedem Fall der Gewinner. Da sowohl der große als auch der kleine Hersteller nun zu höheren Preisen beim Softwaregiganten einkaufen muß, steigen die Gewinne. Und weil beide Hersteller ihre höheren Kosten an den Handel weitergeben werden, sinken entweder die Margen der Händler oder der Kunde muß tiefer in die Tasche greifen.

AUFRÜSTEN VERBOTEN

Der Kunde, der sich diesen PC zulegt, ist in jedem Fall der Dumme. Obwohl Microsoft beteuert, daß ein Bios-Update trotz des Schutzes immer möglich sein werde, wird erst die Praxis zeigen, ob diese Aussage auch stimmt. Spätestens wenn der Kunde jedoch ein neues Motherboard einbaut, ist es aus mit der Lizenz. Die OEM-Version ist dann für ihn wertlos, und er darf die Vollversion von Windows 2000 kaufen. Das wird er auch zähneknirschend tun, was den Gewinn von Microsoft noch einmal vergrößert. (jh)

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