Euro-Umstellung zum Festpreis in vier Stunden

18.10.2001
Rund 80 Prozent der deutschen Unternehmen waren im Juli 2001 noch nicht fit für den Euro. Spätestens am 1. Januar 2002 müssen sie es aber sein - gute Umsatzchancen für VARs, wenn sie wie ICM über das nötige Know-how verfügen.

Von rund zwei Millionen bei der Datev gespeicherten Buchführungen führt die Steuerberatungsgenossenschaft erst 20.000 in Euro. "Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen unterschätzen die Gefahren einer zögerlichen Euro-Umstellung", betont Claudia Erhardt, Euro-Projektleiterin bei der Datev. Sie erwartet, dass viele dieser Betriebe erst im letzten Moment damit beginnen werden, ihre betriebswirtschaftliche Software auf die neue Währung umzustellen.

Für VARs mit entsprechendem Know-how ergeben sich daraus zum Jahresende gute Umsatzchancen. Einer von ihnen, die International Consulting Group München (ICM), hat bereits mehrere Euro-Projekte durchgeführt. Schon im Juni stellte das auf SAP-Lösungen spezialisierte Systemhaus die Immobilienverwaltung der Landesbetrieb Liegenschaft- und Baubetreuung LBB Mainz auf den Euro um.

Die vor zwei Jahren privatisierte Landesverwaltung pflegt über die SAP-Software "Mysap Real Estate" unter anderem landeseigene Immobilien, dazu zählen etwa Dienstgebäude und Wohnanlagen für Landesbedienstete.

Gepflegte Datenbank erleichtert die Umstellung

Die LBB wurde durch Mund-zu-Mund-Propaganda auf das Systemhaus aufmerksam. Dann setzte sich ICM bei der Projektvergabe auch noch gegen CSC Ploenzke durch, obwohl diese das SAP-System bei der LBB eingeführt hatten. "Bestes Konzept und akzeptabler Festpreis gaben den Ausschlag", berichtet Gernot Klemm, Projektleiter bei ICM.

Für die Umstellung auf die neue Währung nutzte das Systemhaus die Lösung "SAP R3 Euro Conver-sion Tool, Release 4.0b". Um sämtliche anfallenden und aufgeführten Geldbeträge von Mark auf Euro zu übertragen, veranschlagte das Projektteam 30 Manntage Nettoarbeitszeit einschließlich sämtlicher Korrekturen. Die Umstellung erfolgte nach der Analysephase innerhalb von vier Stunden.

Möglich wurde dies trotz einer zunächst fehlerhaften Kopie des Testsystems, weil die Systemadministratoren der LBB die Datenbank durch einen Reorganisationslauf von bereits gelöschten, aber noch immer archivierten, Daten bereinigten. "Das System war sehr sauber gepflegt", bestätigt Klemm. Das machte sich bezahlt. Der laufende Geschäftsbetrieb der LBB musste aufgrund der kurzen Umstellungszeit kaum unterbrochen werden, weil für die Umstellung zudem ein Brückentag genutzt wurde.

Bis es so weit war, führte ICM eine Reihe von vorbereitenden Testläufen durch. Eine SAP-Lösung besteht immer aus einer Landschaft von zwei bis drei Systemen: ein Produktivsystem, auf dem aktuell gearbeitet wird, ein Entwicklungs- sowie ein Testsystem. Besonders wenn viele SAP-Module im Einsatz sind, wird Letzteres genutzt, um Neuentwicklungen in einer produktiv-identischen Umgebung zu testen, ohne die aktuellen Geschäftsdaten zu beeinträchtigen. Die Euro-Umstellung führte ICM auf einem solchen Testsystem durch, das einer identischen Kopie des Produktivsystems zu einem bestimmten Zeitpunkt entspricht.

Rundungsdifferenzen müssen erklärbar sein

Während die Jahr-2000-Umstellung eine technische Angelegenheit war, handelt es sich beim Eu-ro um eine betriebswirtschaftliche Aufgabe. "Alle Finanzströme sind vorher miteinander in Mark abzugleichen, danach ist das nicht mehr möglich", betont Klemm und fügt hinzu: "Die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Daten der Altsysteme müssen daher archiviert werden und Wirtschaftsprüfern zur Verfügung stehen." Notwendig wird das, weil es im Rahmen der Euro-Umstellung zu Rundungsdifferenzen kommen wird und das SAP-System viele Buchungsvorgänge automatisiert.

Wird beispielsweise eine Auto verkauft, schlägt sich das in der Anlagenbuchhaltung nieder. Die Zahlen werden von der SAP-Software automatisch in das Hauptbuch weitergebucht. Werden dort manuell Korrekturen durchgeführt - was zwar nicht erlaubt, aber möglich ist -, stimmen die Daten in der Anlagebuchhaltung mit den dortigen Fortschreibungen nicht mehr überein.

"Differenzen in der Buchhaltung müssen den Wirtschaftsprüfern aber erklärbar sein", stellt Klemm heraus. Erfolgt keine Abstimmung vor der Umstellung und kommt es dann zu erheblichen Differenzen, müsse die Datenbank komplett neu aufgesetzt werden. Das SAP-Umstellungs-Tool erstellt deshalb Prüf-Reports, welche die erforderliche Konsistenz der Finanzzahlen prüfen und Fehler aufzeigen.

Doch der beste Test nützt nichts, wenn die zugrunde liegenden Daten falsch sind. Und leider war die erste Kopie des Testsystems nicht mit dem Produktivsystem identisch. "Wir stießen so bei den Testläufen auf Fehlerprotokolle, die schon bei erster Betrachtung als unwahrscheinlich anzusehen waren", erklärt Klemm. Ein paralleler Einblick in das Produktivsystem bestätigte schnell diesen Anfangsverdacht: Die Fehler waren bereits beim Kopieren des Produktivsystems entstanden. Das Problem löste ICM durch neue Systemkopien seitens der IT-Administration von LBB. Nachdem das Testsystem über die richtigen Daten verfügte, bereitete die Euro-Umstellung keine weiteren Probleme mehr und konnte am 15. Juni erfolgreich abgeschlossen werden.

www.icm.de

www.lbbnet.de

www.sap.com/euro

ComputerPartner Meinung:

Das Beispiel der LBB Mainz zeigt, dass Unternehmen, die ihre Finanzdaten frühzeitig auf den Euro umstellen, genügend Zeit verbleibt, auch Fehler zu beheben, die in jedem Projekt auftauchen und die niemand vorhersehen kann. Für alle anderen wird es eng: Nur noch rund zwei Monate, dann ist der Euro alleingültige Währung in Deutschland.

Für VARs heißt das, dass sie spätestens jetzt aktiv ihre bestehenden und potenziellen Kunden für den Euro sensibilisieren müssen. Trotz der ablaufenden Zeit können sie Projekte noch erfolgreich abwickeln und Umsatz generieren. (hei)

Solution Snapshot

Kunde: Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung,

Rheinstr. 4e, 55116 Mainz

Problemstellung: Umstellung des SAP-R/3-Systems von Mark auf Euro

Anwender: 50

Lösung: SAP R3 Euro Conversion Tool, Release 4.0b

VAR: ICM Deutschland GmbH

Kernkompetenz: Komplettlösungen für die Prozessindustrie mit SAP "Ready-to-work-Lösungen"

Referenzprojekte: Im Euro-Umfeld die Enka AG und der Industriepark Obernburg

Kontaktaufnahme: ICM-Projektleitung: Gernot Klemm (Telefon: 0 61 73/9 24 70)

Verhandlungsdauer: zirka sechs Wochen

größte Herausforderung: Festpreis vom Kunden verlangt

unerwartete Schwierigkeiten: Probleme bei Systemkopien

aufgewendete Mannstunden (VAR): zwei Berater mit insgesamt 30 Manntagen; effektive

Umstellung fünf Stunden

Verhältnis Hardware/Software/Dienstleistung: nur Dienstleistung

Service- und Wartungsverträge: nicht notwendig

Schulung: nicht erforderlich

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