Nach Umsatzrückgang 2016

Euronics sucht die Neuausrichtung



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Alles richtig gemacht und trotzdem nicht gewonnen - mit diesem Dilemma sieht sich Euronics konfrontiert: Trotz preisgekrönter Multichannel-Lösung musste die Verbundgruppe 2016 einen Umsatzrückgang hinnehmen.

Eigentlich macht Euronics alles richtig: Mit dem 2014 gestarteten Cross Channel Retail Konzept hat die Verbundgruppe statt eines simplen Shops eine ausgefeilte Online-Plattform aufgebaut, die sowohl die vielstimmige Händlerstruktur der Kooperation abbildet wie auch den Kunden ein größtmögliches Angebot - heute mehr als 150.000 Produkte und rund 300 Services - bietet. Auch das Preisniveau stimmt und Euronics rangiert bei vielen Produkten im Online-Preisvergleich unter den ersten zehn. Für diese vorbildliche Digitalisierungsstrategie wurde die Verbundgruppe Anfang des Jahres vom EHI Retail Institute mit einem Omnichannel-Award prämiert. Alleine die Kunden scheinen die Bemühungen der Ditzinger CE-Kooperation nicht ausreichend zu honorieren. Beim Euronics Kongress 2017 in Leipzig musste Verbundgruppen-Chef Benedict Kober nun einen Umsatzrückgang im zurückliegenden Jahr einräumen.

Beim Euronics Kongress in Leipzig suchte Verbundgruppen-Chef Benedict Kober nach neuen Impulsen nach dem Umsatzrückgang im Vorjahr.
Beim Euronics Kongress in Leipzig suchte Verbundgruppen-Chef Benedict Kober nach neuen Impulsen nach dem Umsatzrückgang im Vorjahr.

So erwirtschaftete Euronics im Geschäftsjahr 2015/16 deutschlandweit einen Außenumsatz von 3,3 Milliarden Euro - gut vier Prozent weniger als die im Vorjahr erzielten 3,45 Milliarden Euro. Der Zentralumsatz des abgeschlossenen Geschäftsjahres sank von 1,51 Milliarden Euro auf 1,43 Milliarden Euro. Immerhin kann man Euronics eine Art "flächenbereinigtes Wachstum" zugute halten: Die Zahl der Euronics-Standorte sank von 1.718 auf 1.500. Zudem habe sich die Aufgabe des Geschäftsbereichs Consumer Electronics eines großen Mitgliedes negativ auf die Umsatzentwicklung ausgewirkt, erklärt die Verbundgruppe. Rechne man diese Faktoren heraus, so sei das Vorjahresergebnis knapp gehalten worden. Der Umsatz je Mitglied sei 2015/16 sogar um 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesteigert worden. Den Gesamteindruck - vor allem gegenüber Einkaufspartnern und Industrie - werden die Zahlenspiele der Verbundgruppe jedoch nicht wesentlich beeinflussen.

Mehr Erklärungsarbeit für die Kunden

Trotz des Umsatzrückgangs steht für Euronics-Chef Benedict Kober eine Abkehr vom Multichannel-Kurs nicht zur Debatte. Vielmehr will sich die Verbundgruppe mit einer Marketing-Neuausrichtung den Kunden besser erklären. Steigenden Zugriffszahlen auf den Euronics-Online-Marktplatz verdeutlichten sowohl den Erfolg als auch die Relevanz der eingeschlagenen Cross-Channel-Strategie. "Durch die Verknüpfung von Online-Angebot und attraktiven Verkaufsflächen zu einem digitalen Point of Emotion schaffen wir eine wesentliche Differenzierung zu Pure Playern und Flächenmärkten und generieren auf diese Weise einen Wettbewerbsvorteil für unsere Mitglieder, der bereits heute zu Umsatzzuwächsen führt", so Kober. "Daher gilt es für uns, im Handel mehr denn je, unsere Arbeit auch in Zukunft konsequent an den Bedürfnissen unserer Kunden auszurichten und emotionalisierende Erlebniswelten zu installieren. Nur so können wir dem durch die Digitalisierung veränderten Konsumentenverhalten gerecht werden. Daran arbeiten wir kontinuierlich und haben jüngst ein entsprechendes CRM-Projekt gestartet."

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In Sachen Marketing startet Euronics eine kommunikative Neuausrichtung: Künftig bündelt die Verbundgruppe in Deutschland alle Marketingaktivitäten unter dem Motto "Für dein bestes Zuhause der Welt". Verantwortlich dafür zeichnet die Hamburger Kreativschmiede Grabarz & Partner, die geistigen Urväter von Edekas "Wir lieben Lebensmittel". "Mit der Neuausrichtung der Marke EURONICS positionieren wir uns als genau der starke Servicepartner, der wir sind. Gleichzeitig rücken wir das Zuhause als wichtigsten Lebensraum unserer Kunden in den Mittelpunkt und setzen durch die Kombination von lösungsorientiertem Vor-Ort-Service und aktuellen Produkttrends neue Impulse im Multikanal-Handel", erläutert Benedict Kober. Die Euronics-Mitglieder sollen von einer integrierten 360 Grad-Kampagne profitieren, die die Servicekompetenz im stationären Handel mit der Multi-Kanal-Präsenz von Euronics kombiniert und damit die Stärken der Verbundgruppe über alle Kanäle in den Fokus rücken soll. Gleichzeitig soll die Gestaltung der neuen Kampagne es allen Euronics Händlern ermöglichen, Werbemittel - von großflächigen Plakaten bis zum Flyer - auf ihre Bedürfnisse individuell anzupassen und durch ihre Präsenz die eigene Position gegenüber lokalen Wettbewerbern zu stärken.

Euronics-Vorstandssprecher Benedict Kober bei der letztjährigen Summer Convention der Verbundgruppe
Euronics-Vorstandssprecher Benedict Kober bei der letztjährigen Summer Convention der Verbundgruppe
Foto: Euronics

Neue Technologien sollen für Impulse sorgen

Produktseitig will Euronics künftig auf den Trend zur weiteren Digitalisierung setzen und zielt dabei auf Produktbereiche wie Virtual Reality, vernetzte Elektrohausgeräte oder integrierte Smart-Home-Lösungen. "Obwohl wir hier noch jungen Technologien begegnen, kann bereits heute eine starke Nachfrage verzeichnet werden, die sich weiter steigern wird. Euronics wird bei allen Neuheiten und Trends auch in Zukunft ganz vorne dabei sein", erklärt Benedict Kober. Bereiche wie Smartphones, der Bereich Gaming oder auch hochwertige Design-Notebooks würden weiterhin Wachstumstreiber bei Euronics in ihren jeweiligen Kategorien sein.

Zufrieden zeigte sich der Euronics-Chef mit dem Abschneiden der Verbundgruppe in klassischen Geschäftsfeldern wie TV-Geschäft und HiFi/Audio. Hier habe die Verbundgruppe die Absatzzahlen 2015/16 entgegen der Branchenentwicklung gesteigert, die im TV-Segment einen Rückgang der Verkäufe um 0,9 Prozent (CEMIX) hinnehmen musste. "Es ist uns gelungen, in diesem Bereich mit einem Plus von 3,1 Prozent stärker zu wachsen als der Gesamtmarkt. Auch in Zukunft bleibt dieses Segment ohne Zweifel wichtiger Innovationstreiber", erklärt Kober. Und ergänzt: "Signifikante Zuwächse konnten wir in teilweise neuen Segmenten, wie vernetzten Elektrohausgeräten oder Smart-Home-Lösungen im Bereich der Sicherheitstechnik erzielen. Aber auch bei Elektrokleingeräten wie Handsticks, Smoothiemakern oder Kaffeevollautomaten war ein positiver Trend festzustellen." (mh)

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