Europas Telekommarkt ist nicht totzureden

05.07.2001
Kursverlusten, Gewinnwarnungen und den Unkenrufen der Finanzgurus zum Trotz ist der westeuropäische und selbst der deutsche Telekommunikationsmarkt noch lange nicht im Keller.

TK-Experte Torsten Gerpott von der Universität Duisburg geht für die Branche in Deutschland als größtem Markt der Alten Welt von einem Umsatzwachstum von 8,6 Prozent aus, europaweit von 9,6 Prozent und in Spanien sogar von 14,7 Prozent. Dies deckt sich auch mit den Daten der Europa-Statistiker von Eito und des Branchenverbandes Bitkom, die für den europäischen Telekommunikationsmarkt Wachstumsraten von ebenfalls mindestens acht Prozent erwarten. Gerpott zufolge wird der europäische IT-Markt in diesem Jahr auf ein Volumen von 443 Milliarden Mark anschwellen, wovon auf Deutschland immerhin 21,5 Prozent entfallen (siehe Grafik).

Während es auch in Deutschland noch immer mehr Neugründungen als Pleiten gibt, kritisiert Gerpott die "nur mäßig wettbewerbsförderlichen Rahmenbedingungen" hier zu Lande. Als Beispiel nennt er die hohen Gebühren, welche die Deutsche Telekom ihren Mitbewerbern für die "letzte Meile" (local loop) abknöpft und die schließlich auch auf den Endverbraucher umgelegt werden müssen. Kein Wunder, dass Deutschland trotz des Booms des vergangenen Jahres bei den Wachstumsmotoren Internet- und Mobilfunk-Nutzung europaweit nur im unteren Mittelfeld liegt. Die Skan-dinavier, Niederländer, Schweizer und Briten sind da schon sehr viel weiter. Denn in den Ländern herrscht viel mehr Wettbewerb, was sich auch durch verbraucherfreundlichere Preise bemerkbar macht. Die Italiener, Spanier und Portugiesen hingegen sind zwar deutlich weniger am Internet interessiert, dafür aber mobil viel schwatzfreudiger als die Deutschen. In den USA ist es genau umgekehrt: Dort ist das Internet zwar stark verbreitet, nicht aber das Handy.

UMTS-Zukunft ungewiss

Was UMTS und Mobiltelefone der dritten Generation angeht, hält sich Gerpott mit eindeutigen Prognosen zurück. Gute Chancen sieht er für Kommunikationsdiens-te wie E-Mail und - ab 2005 - für interaktive Spiele, nicht aber für den Versuch, Informationsdienste zu vermarkten. Auf die Frage, wie sich der UMTS-Markt in den kommenden zwei Jahren entwickeln wird, weiß Gerpott auch keine Antwort und verweist darauf, wie weit die Prognosen auseinander liegen: Während die Analysten von Durlacher für mobile E-Commerce-Diens- te 2003 in Europa von Umsätzen in Höhe von 48 Milliarden Mark ausgehen, sind es bei den Kollegen von Jupiter Research gerade mal 3,8 Milliarden Mark.

www.eito.com; www.bitkom.org

www.durlacher.com

www.jupiterresearch.com

ComputerPartner-Meinung:

Kraft Masse ist Deutschland zwar der größte TK-Markt Westeuropas, bewegt sich aber bei der Mobilfunk- und Internet-Nutzung trotz des Booms im vergangenen Jahr im unteren Mittelfeld. Solange die Deutsche Telekom die letzte Meile monopolisiert, wird sich daran auch nichts ändern - Monopol behindert Wettbewerb. Ohne wettbewerbsfreundlichere Bedingungen ist auch nicht davon auszugehen, dass die Diensteanbieter ihre Gebühren senken. Und ohne Gebührensenkung wird die Nutzung von Internet und Handy für viele Bundesbürger ein teurer Schnickschnack bleiben. (kh)

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