Evaluationssoftware: Drum prüfe, wer sich ewig bindet!

02.07.1997
MÜNCHEN: Seit der Softwareschwemme der neunziger Jahre ist für Hersteller existentiell, ihre Produkte bei Händlern bekannt zu machen. Das geschieht meist mittels einer Reihe von Produkten, die unter dem Namen Evaluationssoftware firmieren. Doch was den Herstellern zunehmend recht und billig ist, ist für Händler noch längst nicht gang und gebe und wird von vielen wenig geschätzt. Lediglich die Hälfte der von ComputerPartner befragten Händler hält Evaluationssoftware für wichtig und setzt sie im Kampf um Kunden ein.Microsoft hat vorgemacht, daß man Evalutionstools verteilen muß", rekapituliert Stephan Link, Vorstand von Netzwerkdistributor ComputerLinks AG in München, den Beginn einer Massenkampagne in Softwarekreisen Anfang der neunziger Jahre. Seitdem gehören bei prominenten und weniger prominenten Softwareherstellern bunte Pappkartons mit für Händler beziehungsweise Kunden bestimmter NFR-Software ("Not For Resale") so selbstverständlich zur Büroeinrichtung der Marketingabteilung wie die Exceltabellen auf den Monitoren.

MÜNCHEN: Seit der Softwareschwemme der neunziger Jahre ist für Hersteller existentiell, ihre Produkte bei Händlern bekannt zu machen. Das geschieht meist mittels einer Reihe von Produkten, die unter dem Namen Evaluationssoftware firmieren. Doch was den Herstellern zunehmend recht und billig ist, ist für Händler noch längst nicht gang und gebe und wird von vielen wenig geschätzt. Lediglich die Hälfte der von ComputerPartner befragten Händler hält Evaluationssoftware für wichtig und setzt sie im Kampf um Kunden ein.Microsoft hat vorgemacht, daß man Evalutionstools verteilen muß", rekapituliert Stephan Link, Vorstand von Netzwerkdistributor ComputerLinks AG in München, den Beginn einer Massenkampagne in Softwarekreisen Anfang der neunziger Jahre. Seitdem gehören bei prominenten und weniger prominenten Softwareherstellern bunte Pappkartons mit für Händler beziehungsweise Kunden bestimmter NFR-Software ("Not For Resale") so selbstverständlich zur Büroeinrichtung der Marketingabteilung wie die Exceltabellen auf den Monitoren.

"Wer es sich leisten kann, verschickt Software an seine Händler", faßt denn auch Hans Krogull, Senior Product Marketing Manager bei Netzwerker Novell in Düsseldorf, seine Marktbeobachtungen in Sachen Evaluationssoftware (E-Software) zusammen (siehe Grafik 1). Umstritten erscheint in der Belle Etage der Softwerkerzunft lediglich, wie viele NFR-Pakete, Test-CDs oder Disketten verschickt werden müssen, um Händler auf Software und Hersteller aufmerksam zu machen: Im letzten Jahr hat Novell beispielsweise 750.000 Intranetware-Kopien versandt.

Mit "Gießkannenprinzip, das am Händlerkanal vorbeigeht!" kommentiert diese Zahl Olaf Uchtmann, Channel Marketing Manager bei Erzrivale Microsoft GmbH in Unterschleißheim bei München. Zum Beleg dafür, was man in der Unterschleißheimer Backoffice-Abteilung unter "qualifizierter Akquisition" (Uchtmann) versteht, nennt er die Zahl von 2.000 Windows NT Serverversionen, die man Mitte 1996 an Händler verschickt hat. Zwar kostete die Software jeden knapp 500 Mark, wenn er auch am Training "zum Selbstkostenpreis" teilnehmen wollte, doch der Erfolg dieser Aktion steht für den Marketier fest: "1.000 Händler haben auf unsere Aktion reagiert und drei Viertel am Training teilgenommen", bilanziert er. Die Bewertung "Erfolg" trifft völlig zu, zieht man zum Vergleich die so teuren Mailingaktionen heran: Hier wird ein Quote von drei bis fünf Prozent Antworten - nicht Zusagen - schon als Erfolg gewertet.

Allerdings weiß Uchtmann auch, daß die mit Millionen an Werbegeldern in den professionellen IT-Markt hineingewuchtete Betriebssoftware Windows NT mittlerweile als Renner schlechthin gehandelt wird, weshalb dieser Erfolg alle dann doch nicht so besonders erstaunt. "Wer auf der Gewinnerseite steht, hat eben auch die Möglichkeit, seine Händler mit Marketingaktionen zu bepflastern", lautet der bissige Kommentar des Geschäftsführers eines fränkischen Softwarehauses. Sein Haus hat das Microsoft-NT-Angebot in der geschilderten Form ignoriert. Begründung: "Wenn ich mich ernsthaft für eine Software interessiere, will ich für den Test nicht auch noch bezahlen müssen. Oder würden Sie für eine Autoprobefahrt bezahlen?" fragt er, einen beliebten Vergleich benutzend, zurück. Bei Herstellern kommt der Vergleich bekanntlich weniger gut an: "Kein Autohändler würde Ihnen sein Testauto kostenlos überlassen, wenn Sie es in einer Werkstatt auf Herz und Nieren prüfen wollen", lautet die gängigste Antwort von Softwareherstellern.

Trotzdem läßt sich generell feststellen: E-Software ist in. Ja, sogar "ein Muß", wie Distributor Link bestätigt: "Wer seine Händler nicht mit E-Software beliefern kann, ist schnell weg vom Fenster!"

"Visibilität im Markt" heißt das im Jargon der Marketingprofis. Praktisch bedeutet das, daß der Evaluationssoftware eine entscheidende Bedeutung im Spiel um Absatz und Gewinn zukommt. "Man wird im Markt nur gesehen, wenn man für Sichtbarkeit sorgt", bringt es der Distributor auf den Punkt.

Auch wenn dann die Controllingabteilung noch so stöhnt und darauf verweist, daß Marketing im Durchschnitt um die zwölf Prozent des gesamten Kostenblocks eines Softwarehauses ausmacht. Die kostenlose beziehungsweise gegen eine Schutzgebühr oder auch zu Selbstkostenpreisen verteilte Software muß in den Markt. Über Händler (siehe Grafik 2).

Herstellerstrategien und -interessen

Umstritten allerdings ist bei Herstellern, welche ihrer Software wie, mit welchem Umfang und an wen verteilt werden muß. Der Unsicherheit liegt das Dilemma zugrunde, daß alle Softwarehersteller respektive ihre Marketingabteilungen E-Software verteilen, sofern sie es sich leisten können.

Angesichts der Menge von Produkten und mittlerweile sechsmonatigen Produktzyklen führt das unweigerlich zu einem stetig anwachsenden Softwareberg. So muß der eher konservativ zählende Münchener Nomina Verlag seit 1995 seine halbjährlich erscheinenden Softwarereports pro Ausgabe um zirka 20 Prozent Neueintragungen erweitern, und Marktforscher Gartner Group hat für 1997 um 80 Prozent mehr Produktankündigungen für Soft- und Hardware als im letzten Jahr gezählt. Da Software sich außerdem schon wegen der Menge der Produkte zwangsläufig immer ähnlicher wird, mußten Hersteller Instrumente entwickeln, die den Wert der angedienten E-Software gebührend unterstreichen. Das Instrument heißt Differenzierung.

"Wir unterscheiden zwischen Test-CDs mit eingeschränktem Funktionsumfang, zeitlicher Limitierung und ohne jeden Support, Test-CDs, die eine Vollversion beinhalten, aber ohne Handbuch an unsere Händler gehen, und NFR-Pakete, also Komplettversionen, für Händler", listet Manager Uchtmann das Spektrum seines Unternehmens auf. Doch das ist noch nicht alles: Da große Softwarehersteller auch bemerkt haben, daß Händler ihrerseits die Angebotsschraube kritisch betrachten, gibt es, sobald die Kosten machende E-Softwarestufe erreicht ist, zusätzliche Angebote.

So verweist Novell-Manager Krogull auf "speziell zugeschnittene Pakete". Beispielsweise bietet eines für gewinnversprechende "Infoplus-Partner", also solche, die Verträge über "Volumen und Kunden abgeschlossen haben", zusätzliche Services wie frühzeitigen Zugang zu Softwareentwicklungen, direkte Hotline und andere Attraktionen. Eine Autorisierungsetage tiefer gibt es zeitlimitierte Vollversionen, etwa eine 22-Benutzerversion, die nach 15 Tagen automatisch auf zwei Benutzer zusammenschnurrt, aber bei Bedarf ohne komplette Neuinstallation erweiterbar ist. Besagte 14-Tage-Version zielt im übrigen auf kleinere Unternehmen ab, die in Deutschland etwa 90 Prozent aller Unternehmen ausmachen.

Es könnten hier noch eine Reihe weiterer E-Software-Varianten aufgezählt werden. Sie unterscheiden sich so fundamental dann doch nicht.

Vielmehr ist ihnen grundsätzlich gemeinsam: Bei Interesse erklimmen Händler die Stufen einer Eskalationsleiter, die Marketiers und Herstellerdirektiven aufgebaut haben. Zum einen, um wenigstens doch ein paar Marketingkosten zu sparen - "E-Software war erst eine Kostenfrage. Dann setzte ein anderer Denkprozeß ein" (Channel Marketing Manager Harald Knapstein von Seagate Software in München) -, zum zweiten, um das Interesse auf die Probe zu stellen. Und zum dritten, um sich gegen illegitime Weitergabe schützen.

Händlerstrategien und -interessen

In Händlerkreisen jedoch findet diese Stufenleiter nicht ungeteilte Zustimmung: "Wir evaluieren nicht in 15 Tagen", schildert ein kleinerer Münchener Händler seine Alltagssituation. Da sie nicht beziehungsweise nicht vor allem von systematischer Suche nach neuer Software für neue Geschäftsfeldern bestimmt ist, sondern eher von günstigen Offerten, ist ihm bewußt. "Wir bestellen, wenn das, was uns erreicht, uns auch interessiert. Zum Testen kommen wir zwischen Tagesaufträgen." Diese Aussage steht repräsentativ für viele kleinere Händler, wie ComputerLinks bestätigt. "Bei komplexeren Produkten müssen wir Händlern das Tool einfach in die Hand geben. Um sie darauf aufmerksam zu machen, damit sie sich damit beschäftigen und damit sie bei Projekten daran denken. Es ist unsere Bringschuld", listet Produktmanagerin Paula Bulgarelli zentrale Distributionsüberlegungen auf. Diese bestätigt Seagate-Manager Knapstein: "Der Kanal soll wissen, daß wir die Produkte haben."

Daß er bisher auf das volle Repertoire der E-Software noch nicht zugreifen konnte und insofern die Bringschuld schuldig war, verschweigt er nicht. Doch seit 1. Februar liefert seine Abteilung "Vollversionen inklusive Handbuch aus", freut er sich. Damit ist marketingmäßig nicht nur der Aufstieg in die oberste Etage der Softwareanbieter geschafft, sondern auch das deutliche Zeichen dafür gesetzt, daß man Händlern nicht länger mißtrauen will. Denn daß bisher für Händler nur "CD-Versionen, 15 Tage gültig", neben seinem Schreibtisch lagen, liegt nicht zuletzt daran, daß viele Hersteller Händlern mißtrauen, sobald diese unbegrenzten Zugang zu ihrer Software haben.

Damit ist ein heikler Punkt in der Beziehung Hersteller/Händler angesprochen; ein Umstand, der den Vormarsch der E-Software begleitete und erst allmählich dem Interesse weicht, Software gezielt mittels gestärkter und offensiver Marketingorganisation zu verkaufen.

Denn daß ein gewisser Prozentsatz immer wieder Testpakete geordert und unter Umgehung der Lizenzbestimmungen weiter verkauft hat, bestreitet niemand. "Vernünftige Händler haben darunter gelitten, daß andere Händler mit Testsoftware Schindluder getrieben haben", berichtet der Geschäftsführer eines schwäbischen Softwarehauses. In Herstellerkreisen jedoch scheut man sich, die Fahne mit dem Emblem "Illegaler Vertrieb von E-Software" hoch aufzuziehen. Martin Ehrle, Channel Manager bei Netscape Deutschland in Hallbergmoos, grenzt beispielsweise die Klientel auf "zirka zwei bis drei Prozent schwarze Schafe" ein. Und die könnten das "Vertrauensverhältnis zu den Partnern" (Ehrle) nicht ernsthaft erschüttern. Diese Haltung bestätigt auch Novellianer Krogull: "Es gibt gewiß eine Reihe von IS-Managern, Bastlern und technisch Interessierten, die in der Lage sind, unsere Pakete zweckzuentfremden. Doch diese sind für uns weder wichtig noch können sie ernsthaft unsere Geschäfte gefährden. Unser echtes Umfeld, der qualifizierte Händler, mit dem wir ein Geschäft generieren können, braucht unsere Informationen, reagiert auf unsere Aktionen und weiß, was er will."

Das solchermaßen propagierte Vertrauen scheint auf Händler allerdings noch nicht so überzeugend zu wirken, wie Hersteller sich das wünschen. Denn auch wenn diese sich jede Mühe geben, mittels E-Software ihr Zielpublikum zur erreichen, verhalten sich Händler offensichtlich störrischer, als man das bei Herstellern wahrhaben will.

Die Abwehrformen reichen von knochentrocken pragmatischen Gesichtspunkten bis hin zur offenkundigen Verweigerung und Desinteresse.

Für den pragmatischen Fall steht etwa der Geschäftsführer eines Stuttgarter Systemhauses. "Geld in Software bunkern geht nicht", erklärt er.

Die aus Herstellersicht weit schlimmeren, weil schwieriger aufzulösenden Haltungen Verweigerung und Desinteresse belegt die Händler-Umfrage, die Marktforscher TechConsult in Kassel im Auftrag von ComputerPartner bei nach repräsentativen Kriterien ausgewählten 150 Händlern durchführte.

Nur etwas mehr als die Hälfte der befragten Händler hielten demnach Evaluierungssoftware für "sehr wichtig" (30 Prozent) beziehungsweise für "wichtig" (23 Prozent) (siehe Grafik 3). Ein Viertel der befragten Händler hielt E-Software für "weniger wichtig" (25 Prozent) und ein erstaunliches Fünftel für "vollkommen unwichtig" (22 Prozent).

Da des weiteren 40 Prozent der befragten Händler auch verneinten, daß Evaluierungsoftware "ein Verkaufsargument bei Kunden ist" (vergleiche Grafik 4), liegt der Schluß nahe: Es steht mit der eingangs geltend gemachten "Visibilität bei Kunden" schlechter, als so mancher Hersteller es sich wünscht.

Eine Stichprobe bei Händlern ergab, daß diesen Aussagen folgende Motive zugrunde liegen:

- "Der Mittelstand nimmt E-Software nicht an. Er erwartet von uns als Dienstleister, daß wir für ihn die geeignete Software auswählen", erklärt ein Nürnberger Softwarehaus. "Einkäufer von Groß- und Firmenkunden wissen bereits, was sie wollen", ergänzt ein Münchener Softwareanbieter. Er schränkt allerdings ein: "Wenn es E-Software gibt, haben wir gute Erfahrungen gemacht."

- "Wir setzen auf Support und Service, um neue Kunden zu gewinnen. Das interessiert unsere Kunden viel mehr", erklärt ein hessischer Anbieter. Er verweist zugleich auf die "umständlichen Prozeduren und Hürden", die bei vielen Herstellern üblich sind, um an E-Software zu kommen. Und schließlich macht ein badisches Softwarehaus geltend, daß "nur große Hersteller E-Software verteilen können. Doch da auch andere interessante Lösungen bieten können, machen wir uns lieber selber auf die Suche nach Software."

Evaluationssoftware über Internet

Damit stellt er wahrscheinlich eine Ausnahme in dem Geschäft dar, in dem immer wieder auf die Enge des Tagesgeschäfte und die daraus folgende Abhängigkeit von einmal getroffenen Software- und Produktentscheidungen hingewiesen wird. Aber da es seit zirka zwei Jahren das Internet gibt, hat er gute Chancen, bei seiner Suche schnell und umfassend fündig zu werden.

Auf den Web-Seiten nämlich sprießt das Softwareangebot bekannter und unbekannter Anbieter; hier kann man als Händler die Suche selbst in die Hand nehmen. Natürlich vorausgesetzt, man hat die Geduld, halbstündige Download-Zeiten in Kauf zu nehmen, und man überwindet sich, elektronische Formulare, ausgefüllt mit Angaben über die eigene Person und Firma, zu versenden.

Trotz dieser Einschränkungen ist das Internet dabei, das Handling von E-Software gründlich zu reformieren. Denn wenn man als Händler auf Web-Seiten jederzeit und einigermaßen bequem Software ordern oder über spezielle Seiten sich Angebote ansehen und vergleichen kann, ohne daß man mehr als die E-Mail-Adresse hinterlassen müßte, sind Anbieter, die das nicht machen, schnell im Abseits. Ein Suchbegriff und ein Mausklick genügen, und man ist auf einer anderen Web-Seite mit neuen Angeboten.

Infolgedessen schlagen in fast allen Marketingabteilungen von Softwareunternehmen die Wogen hoch. Was soll in die Web-Seiten gestellt werden? Wer erhält welchen Zugang? Welche Spuren muß der Interessent doch hinterlassen? So lauten die Fragen, die Internet-Anbieter bewegen.

Die Antworten auf diese Fragen sind vielfältig. So stößt man auf umfassende Softwareofferten oder auf ärgerlich einschränkende und geradezu inquisitorisch wirkende Formularseiten.

Tatsache aber ist, daß das Internet von vielen kleineren und größeren Softwareanbietern offensiv benutzt wird. Und damit eine neue, bisher keineswegs den Regelfall darstellende Produkt- und Zugriffsvielfalt für Händler bietet.

"Mittels des Internets können Märkte geschaffen werden", wagt sich Netscape Manager Ehrle vor. Der amerikanische Shootingstar unter den Softwareanbietern bietet alle seine Produkte auf seiner Homepage an. Einzige Versandbedingung für das Herunterladen der Test-Software ist ein E-Mail mit ausgefüllter Adresse an Netscape. Das wird in der Netscape-Datenbank gespeichert, und schon hat Netscape eine qualifizierte Kundenadresse.

Daß viele große Hersteller mit Netscape gleichziehen, liegt auf der Hand. Für die E-Software dieser Hersteller heißt das: Sie befreit sich allmählich aus den bisherigen engen Grenzen der Autorisierungsprozeduren. Wie Ehrle sagt: "Das Produkt wird verteilt. Jeder kann es testen, vorausgesetzt, er hat einen Internetzugang."

Diesen Zugang zu haben, bezeichnet Marketier Knapstein "als Bringschuld der Händler. Sie müssen sich darauf einstellen, daß zunehmend Software über Web-Seiten angeboten werden". Aber da Hersteller und Händler wissen, daß eine Suche im Internet oft eine ärgerliche Geduldsprobe darstellt, wird auch an sogenannter Casting-Software gearbeitet. Damit sollen Internetbenutzer die Möglichkeit haben, aufgrund persönlicher Suchkriterien das im Internet zu finden, was sie wirklich brauchen. Beispielsweise ist die Software über Nacht aktiv, am Morgen hat der Händler in seiner Datenbank, wonach er suchte.

Doch während bis zur akzeptablen Benutzung dieser Art Software noch einige Zeit verstreichen dürfte, bietet das Internet einen anderen bemerkenswerten Vorteil an.

Kleinere Softwareanbieter nämlich, die nicht mit größeren Marketingabteilungen gesegnet sind, können ihre Produkte anbieten. "Man wird von den Kosten erdrückt. Trotzdem müssen auch wir Testsoftware anbieten", schildert Mapware-Geschäftsführer Günther Zahnweh die prekäre Lage seines zehnköpfigen Softwarehauses. Er bekommt als spezialisierter Anbieter für den Finanzmarkt Unterstützung von seinem Hersteller, doch verglichen mit den mächtigen, finanzkräftigen Marketinginstrumenten eines großen Herstellers erinnert ihn diese Hilfe manchmal nur an den berühmten Tropfen auf den heißen Stein.

Mit dem Internet will er einen Ausweg gefunden haben. "Es bietet kleineren Softwarehäuser die Chance, mit Testversionen auf sich aufmerksam zu machen und auf einmal Kunden zu erreichen, die wir vor dem Web nicht adressieren konnten", macht er sich für den neuen, weltweit greifenden Verteiler stark. Zwar weiß er, daß ihn im Internet nur der Interessent findet, der ihn dort sucht. "Von Zufällen kann ich nicht leben" wehrt er den Hinweis auf zufälliges Browsen ab. Trotzdem bietet sich ihm erstmals die Chance, mit relativ geringen Geldmitteln sehr viele potentielle Interessenten anzusprechen.

Voraussetzung dafür ist wie gesagt, daß Händler das Internet benutzen.

Fazit: Das Internet ermöglicht umfassende Angebote und qualifizierten Zugriff

Evaluationssoftware ist ein zentrales Herstellerinstrument, um den Markt zu erreichen. Für Händler bedeutet das: Sie erhalten diese Software weiterhin. Auf Anforderung, ungefragt oder im Zuge von Autorisierungsprozeduren.

Doch zugleich findet, bedingt durch das Internet und seine Möglichkeiten, sich schnell und vergleichend zu informieren, eine qualitative und quantitative Veränderung bei E-Software statt.

Beide Veränderungen hängen zusammen: Weil die Verbreitung von E-Software leichter wird und auch immer mehr das versuchen, treffen immer mehr Softwareanbieter auf informierte Kunden und Händler. Diese sind nicht mehr von dem einseitigen Kanal vom Hersteller zum Kunden abhängig, sondern können umgekehrt umfassende Produktinformation und Produktumfang oder Online-Unterstützung verlangen. "Diesen Kriterien kann sich auf Dauer kein Hersteller entziehen", vermutet Distributor Link.

Umgekehrt ist für Händler notwendig, daß sie den Medienwechsel bei der Evaluationssoftware mitmachen. "Nur dann können Händler Geschäfte machen, wenn sie ihre Kunden umfassend beraten können", steht für Link fest. "Händler müssen aktiv werden, sich umsehen und informieren und eine Reihe Testversionen ausprobieren, damit sie ihre Kunden beraten können."

Solange sich also immer noch vergleichsweise wenige Händler auf die Internetsuche machen, ist Zahnweh vorerst eben doch darauf angewiesen, CD-ROMs zu pressen oder Disketten zu verschicken. Nach Angaben von Microsoft benutzten vor eineinhalb Jahren gerade fünf Prozent der Händlerschaft das Internet. Doch mittlerweile sind es bereits über zehn Prozent. (wl)

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