Ex-Compusoft-Chef droht Gefängnis

16.12.2004
Knapp drei Jahre beschäftigte sich die Staatsanwaltschaft mit der Vertriebsstrategie von Compusoft. Jetzt wurde Zakaria Elhady, Ex-Chef des Licher Distributors, wegen Betrugs angeklagt: Es geht um mehrere Tausend Fälle und einen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe. Von ComputerPartner-Redakteurin Marzena Fiok

Bis die Fahnder kamen, war Compusoft ein erfolgreiches Unternehmen. Europaweit kauften 20.000 Händler bei dem Distributor ein, der mehrere Tausend Softwareprodukte im Angebot hatte. An guten Tagen lieferte die Licher Firma bis zu 600 Pakete aus, schätzen die Ermittler. Die Geschäfte liefen gut, aber sie waren nicht sauber - da ist sich die Staatsanwaltschaft Gießen inzwischen sicher. "Wir haben Anklage wegen Betrugs erhoben", bestätigt Oberstaatsanwalt Reinhard Hübner gegenüber ComputerPartner.

Vor Gericht verantworten muss sich Zakaria Elhady, Ex-Inhaber und -Geschäftsführer der inzwischen insolventen Firma. Drei Jahre lang wurde gegen ihn wegen Urheberrechtsverletzungen, Urkundenfälschung und schweren Betruges ermittelt. An Verdachtsmomenten hat es nicht gemangelt: "Aktuell geht es um mehrere Tausend Fälle und eine Schadenssumme von etwa zehn Millionen Euro", so die Staatsanwaltschaft. So habe Elhady unter anderem veranlasst, dass bei Compusoft Schullizenzen von Microsoft als Vollversionen verkauft wurden. Unter anderem - aber nicht nur, wie die Justiziare betonen: "Die Anklageschrift umfasst 300 Seiten."

Dem Schlagabtausch mit Microsoft folgte die Razzia

Den Stein ins Rollen gebracht hat Elhady selbst, als er sich ausgerechnet mit dem Software-Giganten Microsoft anlegte. So ließ der Manager 2001 Anzeigen schalten, in denen behauptet wurde, Compusoft biete seinen Kunden "mehr Sicherheit" als andere Software-Distributoren und verkaufe nur "auf Herz und Nieren" geprüfte Ware. Was daraufhin folgte, ist einmalig in der Geschichte der deutschen IT-Branche: Microsoft verlieh dem Distributor ebenfalls per Anzeige die Auszeichnung "Schwarzes Schaf" (ComputerPartner-Ausgabe 50/01) für eine "besonders raffinierte Irreführung des Kunden". Begründet wurde dies mit zwei OLG-Entscheidungen, in denen Compusoft untersagt wird, Raubkopien von Microsoft-Produkten anzubieten oder in Verkehr zu bringen (Az. 6 W 35/01 und 6 W 36/01 vom 27.04.2001, OLG Frankfurt). Elhady tobte, warf dem Softwarekonzern vor, eine "Rufmordkampagne" gegen ihn zu betreiben und bestritt auf seine Art die Existenz der OLG-Entscheidungen: Er lobte eine Million Mark für denjenigen aus, der ihm die Aktenzeichen der Fälle nennen könnte. Als die ersten Anrufer ihm diese durchgaben, folgte ein peinliches Zurückrudern per anwaltlichem Schreiben.

Zu diesem Zeitpunkt fand Microsoft das Gebaren des Compusoft-Chefs gar nicht mehr komisch und erstatte Strafanzeige. Es blieb nicht die einzige. Es folgten eine Razzia bei Compusoft und die Verhaftung des Geschäftsmannes; die Fahnder beschlagnahmten Akten, die zwei Lkw füllten. Wegen möglicher Fluchtgefahr wurde Elhady für kurze Zeit sogar in Untersuchungshaft genommen.

Ein Geschäftsführer auf Abruf?

Inzwischen hat Elhady sogar wieder einen neuen Job als Geschäftsführer. Ob er den noch lange ausüben kann, ist fraglich. Voraussichtlich im Frühjahr 2005 wird die Hauptverhandlung gegen ihn eröffnet. Falls sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung nicht schon vorher über das Strafmaß einigen können. Auf jeden Fall droht dem Geschäftsmann ein längerer Aufenthalt hinter Gittern, wie man aus Gießen hört: "Hier geht es nicht um Monate, sondern um Jahre."

Meinung der Redakteurin

Wohl die ganze Branche ist gespannt auf den weiteren Verlauf dieser Geschichte. Besonders natürlich die Rechtsabteilung von Microsoft.

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