Ex-Gesellschafter Escom ist für die MEGware GmbH ein warnendes Beispiel

10.10.1997
CHEMNITZ: Distributor, PC-Einzelhändler und Systemhaus - mit diesem Mix kann die Chemnitzer MEGware Computer GmbH seit nunmehr gut sieben Jahren im heißumkämpften deutschen PC-Markt mithalten. Auch für die Zukunft rechnen sich die Sachsen gute Wachstumschancen aus. Ihr Motto: In Maßen expandieren statt zu explodieren.Für Jürgen Gretzschel kam die Wende in der DDR im November 1989 mindestens fünf Jahre zu spät. "Wenn wir unser Unternehmen einige Zeit früher hätten gründen können, wären wir heute vielleicht auch so groß wie Vobis", glaubt der Geschäftsführer der MEGware Computer GmbH. So aber müssen und wollen die Chemnitzer kleinere Brötchen backen und fahren seit reichlich sieben Jahren gut damit.

CHEMNITZ: Distributor, PC-Einzelhändler und Systemhaus - mit diesem Mix kann die Chemnitzer MEGware Computer GmbH seit nunmehr gut sieben Jahren im heißumkämpften deutschen PC-Markt mithalten. Auch für die Zukunft rechnen sich die Sachsen gute Wachstumschancen aus. Ihr Motto: In Maßen expandieren statt zu explodieren.Für Jürgen Gretzschel kam die Wende in der DDR im November 1989 mindestens fünf Jahre zu spät. "Wenn wir unser Unternehmen einige Zeit früher hätten gründen können, wären wir heute vielleicht auch so groß wie Vobis", glaubt der Geschäftsführer der MEGware Computer GmbH. So aber müssen und wollen die Chemnitzer kleinere Brötchen backen und fahren seit reichlich sieben Jahren gut damit.

Angefangen hat alles zu Weihnachten 1989, als Dr. Gerd Maudrich, Steffen Eckerscham und Jürgen Gretzschel - vorerst per Handschlag - die Gründung einer eigenen Existenz beschlossen. Neben Fördermitteln stand den Jungunternehmern auch die obligatorische Garage zur Verfügung, ohne die die Branche anscheinend um etliche Unternehmen ärmer wäre. Dort wurden dann auch die ersten PCs zusammengeschraubt, bevor die Chemnitzer - immerhin schon mit zehn Mitarbeitern - im Mai 1990 in die ersten Gewerberäume umzogen. Am 1. Juli schließlich nahm die MEGware Computer Vertrieb und Service GmbH offiziell den Betrieb auf.

Gleich zu Beginn ihrer Tätigkeit konnte MEGware einen starken Partner an Bord holen: Die Escom Computer AG, die zu dieser Zeit noch unter Schmitt Computersysteme firmierte, stieg mit 25 Prozent bei der jungen Firma ein. "Diese Beteiligung hat uns damals sehr geholfen, weil wir viel vom marktwirtschaftlichen Know-how des westdeutschen Unternehmens übernehmen konnten", so Gretzschel. Allerdings habe man die eigene Strategie konsequent beibehalten und sei zu keiner Zeit abhängig gewesen. "Das hat uns beim Zusammenbruch von Escom im vergangenen Jahr geholfen", ist Gretzschel noch im nachhinein über die Unabhängigkeit froh. Betont der Mitbegründer: "Wir haben die 25 Prozent von Manfred Schmitt zurückgekauft und sind jetzt stolz und zufrieden, daß uns unsere Firma selbst gehört." An den Einsteig eines weiteren Gesellschafters sei daher im Moment nicht zu denken.

Auf guten Service wird viel Wert gelegt

Daß sich das ostdeutsche Unternehmen um seine (finanzielle) Zukunft anscheinend keine Sorgen zu machen braucht, liegt neben den drei Standbeinen - Einzel- und Großhandel sowie das Systemhausgeschäft - auch an dem selbst auferlegten Kerngeschäft: dem Service. "Egal, welche Produkte wir vertreiben und wie wir sie verkaufen: Wir sind bestrebt, einen überdurchschnittlich guten Service anzubieten und damit besser als der Wettbewerb zu sein", erklärt Gretzschel die Firmenphilosophie. Für sein Unternehmen bedeute das vor allem Beratung, geschultes Personal und eine gute Kalkulation. Die Reparatur von defekten Geräten in den eigenen Werkstätten (Gretzschel: "Am liebsten würden wir jedes CD-ROM-Laufwerk selbst reparieren.") sowie die Bereitstellung von Leihgeräten gehörten ebenso dazu. Gretzschel: "Der Kunde muß mit seinem Computer arbeiten können - das ist unser Anspruch."

Wichtig ist dem MEGware-Geschäftsführer aber auch der Mix der Geschäftstätigkeit, die vom Einzelhandel dominiert wird. Zur Zeit verfügen die Chemnitzer über ein Filialnetz von 27 PC-Shops in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Bayern, in denen ausschließlich Geräte der Eigenmarke "MEGware" verkauft werden. Sehr gut laufen dabei nach Gretzschels Worten die "All-inclusive-Systeme": "Von der Diskettenbox über den Joystick bis hin zum Druckerpapier bieten wir alles komplett an - zu einem Preis, der sich sehen lassen kann", wirbt der MEGware-Mitbegründer.

Produziert werden die PCs unter dem Label "Home Line" und "Power Line" im firmeneigenen Entwicklungs- und Produktionszentrum in Röhrsdorf bei Chemnitz. Etwa 20.000 PCs werden nach Schätzung von Gretzschel in diesem Jahr die Fabrik verlassen. Rund 10.000 mehr strebt der Geschäftsführer im nächsten Jahr an - allerdings nur, wenn ein weiterer Abnehmer für die PCs gefunden wird.

Vom Verkauf von Marken-PCs in den eigenen Computershops hat die dreiköpfige Führungscrew mittlerweile Abstand genommen. "Wir haben immer mal wieder versucht, PCs von Compaq und SNI zu verkaufen - mit wenig Erfolg", sagt Gretzschel. Der Kunde greife erst dann zum Marken-Computer, wenn dieser auf dem preislichen Niveau eines No-name-Gerätes liege. Außerdem ist die Diskussion um Marke oder No-name in seinen Augen sowieso verfehlt. "Der Kunde möchte doch vielmehr ein vernünftiges Preis-Leistungs-verhältnis und einen guten Service haben", so seine Einschätzung. Auch das Argument, daß eine Marke mehr Sicherheit für den Käufer vermittelt, läßt er nicht gelten. Gretzschel: "In Deutschland sind die Kunden bisher nicht bereit, für diese Sicherheit zu zahlen." Im Gegensatz dazu hat das Chemnitzer Unternehmen, das derzeit 102 Mitarbeiter beschäftigt, mit dem Verkauf von Komponenten und Gebrauchtgeräten gute Erfahrungen gemacht. "Aufgerüstet werden Computersysteme eigentlich ständig", so Gretzschels Erfahrung. Zudem bestehe in den neuen Bundesländern ein Bedarf an preisgünstigen PC-Systemen, die in den MEGware-Läden angeboten werden.

Partnergeschäft soll ausgebaut werden

Anders als im Einzelhandel arbeitet MEGware im Systemhausgeschäft, das einen Anteil am Umsatz von rund zehn Prozent hat, durchaus mit anderen PC- und Server-Herstellern zusammen. "Es wäre nicht sinnvoll, für das Systemhaus auch noch Server aus eigener Produktion anzubieten. Die kaufen wir lieber von Compaq oder Siemens Nixdorf hinzu", erklärt Gretzschel. Um diesen Geschäftsbereich, der seiner Meinung nach noch einiges an Potential biete, weiter voran zubringen, wurde im vergangenen Jahr gerade hier erheblich investiert. Mittlerweile sind der MEGware GmbH vier Systemhäuser angeschlossen.

Das dritte Standbein des ostdeutschen Unternehmens ist der Großhandel. Zur Zeit kaufen etwa 500 bis 600 Händler bei MEGware ein. Vor allem die Cebit, an der die Chemnitzer in diesem Jahr zum ersten Mal teilgenommen haben, brachte hier laut Gretzschel einen gewaltigen Schub und eine positive Erfahrung: "Wir haben festgestellt, daß man in den alten Bundesländern mit ostdeutschen DV-Produkten gar kein Problem mehr hat", so der MEGware-Chef. Den Grund für die hohe Akzeptanz sieht er darin, daß es heute nicht mehr entscheidend ist, wo ein Produkt herkommt, sondern daß technische Parameter, Preisgefüge und Servicebedingungen stimmen.

Ermutigt von diesem Erfolg möchte das sächsische Unternehmen noch mehr Händler für den Verkauf seiner PCs gewinnen - und zwar zum einen über Franchising und zum anderen über ein Fachhandelskonzept. Mit dem Franchise-Konzept allerdings scheint sich MEGware etwas schwer zu tun: Lediglich sechs Partner nutzen derzeit das Angebot, vom Know-how der Sachsen in Sachen Marketing, Produkte und Warenwirtschaft zu profitieren "Das Konzept hängt natürlich von der Marktlage ab: In guten Zeiten gibt es viele Interessenten. Wird allerdings der Markt schwächer, stellt sich die Frage, ob der Partner aufgibt", begründet Gretzschel die Zurückhaltung. Unterstützung verspricht er künftigen und bestehenden Partnern aber auch beim Fachhandelskonzept: "Wir helfen unseren Händlern beim Marketing und haben auch unsere Servicebedingungen umgestellt."

Maßvolle Expansion geht vor explosivem Wachstum

Zufrieden mit dem bisherigen Erfolgen, bleibt MEGware-Gesellschafter Gretzschel dennoch realistisch. "Ich kann nicht zu meinen Mitarbeitern sagen, wir wollen so groß werden wie Vobis. Das wäre falsch." Statt dessen wolle man auch in Zukunft maßvoll expandieren. Betont Gretzschel: "Bei uns gilt die Devise: Lieber ein kleines und feines Geschäft als ein riesengroßes, das man nicht mehr bewältigen kann." Auch hier habe die MEGware GmbH von Ex-Gesellschafter Escom lernen können, dem bekanntlich seine Expansionswut die Existenz kostete. Trotzdem soll die Zahl der Filialen, die das Unternehmen vor allem in Ostdeutschland aufbauen möchte, weiter wachsen. Oberste Priorität dabei: Kundenbindung und -zufriedenheit. (sn)

Ein kontinuierliches Umsatzwachstum weist das sächsische Unternehmen seit seiner Gründung im Jahr 1990 auf. Auch die Erträge entwickeln sich nach Angaben der Geschäftsführung erfreulich.

Im Entwicklungs- und Produktionszentrum in Röhrsdorf bei Chemnitz werden in diesem Jahr rund 20.000 MEGware-PCs vom Band rollen. Ausgelegt ist das Werk allerdings für die dreifache Menge.

Derzeit noch sehr regional ist die MEGware GmbH mit ihren Computershops vertreten. In den nächsten Jahren jedoch soll das Filialnetz vor allem in Ostdeutschland dichter gezogen werden.

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