Ex-Primus-Partner bietet Sage KHK im Handwerksgeschäft die Stirn

02.05.2003
Mit der Übernahme von Primus durch Sage KHK entsteht im Westen Deutschlands eine gigantische Handwerks-Unit. Doch im Osten der Republik leistet ein unbeugsamer Familienbetrieb dem Softwaregiganten Widerstand.

50 Primus-Kunden hat Neuber Datentechnik nach eigenen Angaben bereits auf sein selbst entwickeltes Handwerkspaket "Hans" umgestellt. Der ehemalige Primus-Händler für den Bereich Thüringen schmiss 1999 hin, als der von Roland Piske gegründete Softwarehersteller sein Programm von DOS auf Windows umstellte: "Die Anwendung funktionierte nicht", berichtet Michael Neuber, Geschäftsführer bei Neuber Datentechnik. Er habe zwar auf einen Schlag zehn Windows-Versionen verkauft, doch Freude hatte er keine an dem Geschäft: "Die verdienten Margen legten wir wieder für Dienstleistung und Support drauf."

Handwerkspaket "Hans" läuft unter Windows

Damit wollten sich die Thüringer nicht abfinden und machten Schluss mit dem Primus-Vertrieb. Seit Mitte 2002 vertreibt Michael Neuber aktiv die von seinem Bruder Matthias programmierte Software Hans. Der Geschäftsführer und Kopf des Softwerkers entlieh die Idee für den Namen seines Handwerkpakets von AVM: "Wenn ich Fritz sage, weiß auch jeder, dass das eine IDSN-Karte ist."

Jetzt soll auch Hans sein Glück machen. Das Handwerkspaket verfüge über Windows-Menüführungen und Fenstertechniken sowie original Wysiwyg-Oberflächen ("What You See Is What You Get", einer unter Windows aufgekommene Technik, die genau das auf den Bildschirm bringt, was später gedruckt wird). Der Anwender könne das Programm für seine Bedürfnisse durch benötigte oder nicht benötigte Toolbars am Desktop anpassen.

SQL-Unterstützung befindet sich in Arbeit

Als Hardware benötige Hans für eine durchschnittliche Konfiguration einen 500-Megahertz-Rechner mit 128 MB Arbeitsspeicher, beim Einsatz von Windows 98 und 256 MB Arbeitsspeicher unter Windows XP sowie eine 32-MB-Standard-Grafikarte. Laut Matthias Neuber sind für Hans keine individuellen Einstellungen am Rechner und auch keine spezifischen Netzwerkumgebungen erforderlich. Derzeit setzt das Handwerkspaket auf eine auf Visual Fox basierende Datenhaltung auf. Ab nächstem Jahr soll Hans auch den SQL-Server von Microsoft und andere Datenbank-Plattformen unterstützen.

Der Softwerker bietet sein Programm in zwei Versionen für die Zielgruppe Handwerk an: die Einzelplatzanwendung "Hans-Core" und die netzwerkfähige Software "Hans-Forsight". Erstere adressiert Kleinstunternehmen, die Funktionen für Angebotserstellung, Kalkulation, Rechnungslegung und Buchhaltung benötigen. Das Paket kostet 1.278 Euro.

Hans-Forsight ist für Unternehmen konzipiert, die neben dem Funktionsumfang der Core-Version auch Baustellenüberwachung und Projektverwaltung benötigen. Das wirkt sich auch auf den Preis aus: 3.550 Euro verlangen die Thüringer für die Hauptlizenz. Jeder weitere Arbeitsplatz kostet 400 Euro. "Wir rabattieren aber jeden fünften Anwender mit einer Lizenz", betont Neuber.

Partnervertrieb steht noch am Anfang

Kunden, die eine Mandatenverwaltung haben möchten, mit der sich weitere Firmen buchhalterisch getrennt verwalten lassen, müssen allerdings noch einmal 250 Euro drauflegen. Wer innerhalb eines Jahres auf Forsight umsteigt, bekommt den Preis der Core-Version abgezogen.

Neuber gibt sich mit seinem Angebot kämpferisch."Wir stellen uns mit Hans jedem Wettbewerber." Doch auch der Thüringer weiß, dass er mit einem flexiblen Preismodell und einem wettbewerbsfähigen Produkt alleine keine Chance gegen Sage KHK hat. Deshalb sucht Neuber starke Partner. Geplant sei, pro Bundesland einen Master-Händler zu etablieren, der sich einen eigenen Vertrieb aufbaut: "Wir versuchen, Fehler zu vermeiden, die Hersteller machen, die nie Händler waren", verspricht Neuber. Jeder Partner erhalte deshalb dieselbe Marge von 40 Prozent. Der Ex-Primus-Händler verlangt nach eigenen Angaben keine Einstiegsgebühren und keine Mindestumsätze von seinen Vertriebspartnern und stellt ihnen eine Inhouse-Version zur Verfügung. Die notwendigen Schulungen finden an einem Wochenende bei dem Softwerker statt.

Doch trotz niedriger Einstiegshürden gelang es den Thüringern bisher nicht, einen eigenen Vertriebskanal zu installieren. "Wir haben noch keinen Partner unter Vertrag", räumt Neuber ein. Noch betreut der Softwerker selbst seine Kunden, möchte sich langfristig aber ganz aus dem Vertrieb zurückziehen: "Vorausgesetzt wir finden für unsere Anwender Händler, die diese übernehmen können." Zumindest für diese Partner könnte sich das Engagement lohnen: 450 Unternehmen habe der ehemalige Primus-Partner nach eigenen Angaben unter Vertrag.

www.neuber.net

ComputerPartner-Meinung

Neuber Datentechnik gegen die Handwerks-Unit von Sage KHK. Das verhält sich kräftemäßig wie das kleine gallische Dorf gegen das römische Imperium. Trotz hohem persönlichen Einsatz der Neuber-Brüder im Support und umfangreichem Fachwissen für die Entwicklung dürfte es deshalb außerhalb von Marktnischen eng werden für die Thüringer. Sage KHK hat mit der neuesten Hwp-Win-Version seine durch den Betriebssystem-Wechsel bedingten Probleme weit gehend ausgemerzt und unterstützt bereits den SQL-Server von Microsoft. Funktionale Lücken werden die Frankfurter durch das handwerksspezifische Know-how von Primus schließen, und ein Vertriebskanal ist bereits etabliert. Ob die Geschichte für die Thüringer genauso verläuft wie für die unbeugsamen Gallier, ist deshalb zumindest fraglich - es fehlt am Zaubertrank. (hei)

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