Ex-Vorstandschef Walter von Szczytnicki nimmt Stellung

15.07.1999

MÜNCHEN: Der Schock über den Aderlaß im Topmanagement der Computer 2000 AG und der deutschen Niederlassung sitzt noch immer tief. Auch der Ex-Vorstandsvorsitzende des Distributors, Walter von Szczytnicki, beobachtet die Entwicklung von Computer 2000 mit Sorge.Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Manfred Günzel und Harry Krischik von der Computer 2000 AG, Joachim Prinz und Friedrich Rettenberger von der deutschen GmbH - vier altgediente Manager des Münchner Distributors - gehen beziehungsweise werden ihren Hut nehmen. Der neue Eigentümer des größten europäischen IT-Großhändlers, die Tech Data Corp. mit Steven Raymond an der Spitze, hat trotz Rekorden bei Umsatz und Gewinn im vergangenen Jahr aufgeräumt. Auf Computer 2000 kommen schwere Zeiten zu.

Das sieht auch der ehemalige Vorstandsvorsitzende Walter von Szczytnicki so. "Der fast komplette Exodus des Topmanagements in weniger als zwölf Monaten wird Computer 2000 in Europa schaden", lautet seine Befürchtung. Zwar dürfe man die Entwicklung nicht dramatisieren, dennoch spiele die Tech-Data-Firmen- spitze die Probleme herunter. "Es ist einfältig zu glauben, daß ein Vorstand unwichtig ist. Die einzelnen Ländergesellschaften, die ohne Frage für die Umsätze verantwortlich sind, sind dennoch auf eine vernünftige Strategie und Führung des Headquarters angewiesen", meint von Szczytnicki. Der Exodus in der Firmenspitze sei aber nur die eine Seite der Medaille. "Es gibt einen nicht unerheblichen Prozentsatz an Mitarbeitern, die innerlich bereits gekündigt haben", weiß der langjährige Firmenlenker.

Eine klare Position bezieht von Szczytnicki auch zu den Trends in der Distributionsszene. Zwar beurteilt er die Zukunftschancen für Broadliner und Nischendistributoren grundsätzlich positiv. Dennoch werde es, auch nachdem der Konsolidierungsprozeß weitgehend abgeschlossen sei, für diese Firmen nicht einfacher. "Die Hersteller werden weniger Großhändler als zuvor beliefern und zusätzlich den Direktvertrieb forcieren", meint er. Aus diesem Grund werde es immer wichtiger, sich zu differenzieren und Mehrwerte zu schaffen.

Die Logistikunternehmen kommen

Weiterhin sieht von Szczytnicki ein Vordringen der großen Logistikunternehmen, wie etwa Kühne & Nagel, in die hiesige Distributorenlandschaft. "Diese Logistikfirmen verfügen über riesige, flexible Lagerkapazitäten, eine sehr gute Infrastruktur und haben ein niedrigeres Kostenniveau als die IT-Großhändler", erklärt der Ex-Computer-2000-Boß. Und last but not least würde sich der Anteil des Software-Vertriebs am Gesamtumsatz durch die elektronische Software-Distribution zunehmend verringern.

Im internationalen Wettbewerb glaubt von Szczytnicki an ein Oligopol von Tech Data und Ingram Micro. Über die Zukunftsaussichten von CHS indes ist er sich nicht ganz sicher. "Der Börsenkurs zeigt sehr gut, wie die Chancen des Unternehmens in der Zukunft beurteilt werden", so von Szczytnicki. (Anm.d.Red.: derzeitiger Kurs: rund vier Dollar, vor einem Jahr etwa 19 Dollar). Dennoch sieht er das Unternehmen nicht gefährdet. Und auch das Duo Actebis/Peacock befinde sich auf dem richtigen Weg: "Actebis hat jetzt die Chance, mit einem europäischen Management aufzuschließen. Allerdings müßte man mit Otto noch aggressiver und mutiger Akquisitionen angehen." (sn)

Glaubt auf der internationalen Distributorenbühne an ein Oligopol von Tech Data und Ingram Micro: Ex-Computer-2000-Vorstandschef Walter von Szczytnicki.

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