Expertengespräch auf der MacWorld

26.11.1998

DÜSSELDORF: Die Absatzprognosen für digitale Kamerasysteme waren euphorisch. 200.000 Stück sollten 1996 einen Käufer finden. Tatsächlich wurden nur 35.000 Kameras hauptsächlich über Fachmärkte und den Fotofachhandel abgesetzt. ComputerPartner-Redakteur Christian Meyer fragte im Rahmen einer Podiumsdiskussion Vertreter der Industrie und des Handels nach dem Stand der Dinge im digitalen Kameramarkt.Sowohl PC- als auch Fotofachhandel konnten sich bis heute nicht recht mit der digitalen Fototechnik anfreunden. "Berührungsängste mit Bits und Bytes" stellte Manfred Laubinger, Verkaufsleiter Computer Products bei Olympus Optical GmbH in Hamburg, bei den Fotohändlern fest und "kein Blick für das Potential der Digitalkameras" im PC-Fachhandel, weil der Bits- und Bytes-Spezialist "die digitale Technologie noch nicht richtig verarbeitet und umgesetzt hat". 1997 wurden nur 20 Prozent der insgesamt 100.000 verkauften Digitalkameras über den Computerhandel abgesetzt. Die klassischen Kamerahersteller, bemerkt Laubinger, hätten es nicht leicht, beim PC-Fachhandel einen Fuß in die Tür zu bekommen: "Dort werden eher digitale Kameras von PC-Anbietern wie HP verkauft."

Noch zahlreiche Vermarktungsprobleme

Fotofachhändler Jörg Hagitte, Inhaber der Probis Vertriebs GmbH in Hamburg, sieht eine Reihe anderer Vermarktungsprobleme: "Weil am Anfang einige Hersteller über die Elektronikschiene und Distributoren vermarktet haben, ist das Geschäft am Fotohandel vorbeigegangen, der es nicht gewohnt ist, über diesen Kanal seine Ware zu beziehen. Die Lieferzeiten für professionelle Kameras sind mit bis zu sechs Monaten zu lang. Außerdem gibt es zuviel Auswahl für zuwenig Käufer. Und nicht zuletzt ist der Markt noch zu schnellebig." Klaus Jendrissek, Leiter Verkauf Digital Imaging Professionell bei der Agfa Deutschland Vertriebs GmbH in Köln, schätzt, daß dieser rasante technologische Trend "noch in den nächsten zwei Jahren anhalten wird". Für zusätzliche Verwirrung sorgt seiner Meinung nach, daß "jeden Monat aus irgendeiner Ecke ein neuer Anbieter in den Markt einsteigt." Ein Ende dieser Fahnenstange sieht auch Laubinger nicht: "Weitere Hersteller werden einsteigen, die ersten sind dagegen schon wieder ausgestiegen. Der Markt wird sich wohl bei etwa zehn Anbietern einpendeln."

In spätestens zwei Jahren geht der Preiskampf massiv los

Der größte Hemmschuh für den Marktdurchbruch der digitalen Systeme liegt "in der fehlenden Infrastruktur", wie Hagitte feststellt. Erst wenn Minilabs flächendeckend installiert seien, meint auch Jendrissek, werde der Knoten platzen und die Nachfrage auch der privaten Verbraucher anziehen. Ein übriges werden die fallenden Preise tun. In ein bis zwei Jahren soll der Preiskampf massiv loslegen. "Wir müssen aber noch ein paar Qualitätsschritte nach oben machen", so Laubinger, dann "steigt der Consumer bei der 499-Mark-Superpixelkamera richtig ein". Fachhändler Hagitte berichtet - sicher nicht repräsentativ, aber als Trend durchaus aussagekräftig -, daß er nur zehn Prozent der Digitalkameras in den privaten Markt verkauft. (ak)

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