Factory Outlet Center: Kurz vor dem Durchbruch in Deutschland?

24.10.1997
MÜNCHEN: Die geplante Ansiedlung von Factory Outlet Centern (FOC), eine besondere Form des Fabrikverkaufs, hat in Deutschland zu verstärkten Diskussionen geführt. Vor allem auch amerikanische FOC-Betreiber haben den deutschen Markt als interessantes Spielfeld für ihre Expansionen ausgemacht. In den USA entstehen gegenwärtig jedes Jahr 20 neue dieser Einkaufszentren. Ein Thema, das sicher auch für die deutsche Computerhandelslandschaft von Bedeutung ist. Im folgenden Beitrag erläutert Prof. Dr. Walter Ruda* die Geschichte und Entwicklung des FOC-Konzepts und die Auswirkungen auf den Markt.Die Idee des Factory Outlet Centers kommt aus den USA. Ende der 70er Jahre wurden Factory Outlet Center in alten Fabrikstädten wie Reading im Nordosten der USA eröffnet. Diese neue Distributionsform stieß bei den Konsumenten bald auf hohe Akzeptanz. Erholungsstädte in Staaten von Maine bis Florida erkannten sehr bald die ausgeprägte Vorliebe der Touristen zum "Shoppen". Die Zahl der FOC ist seitdem kontinuierlich angestiegen. Während 1988 erst 110 Center besucht werden konnten, boomten innerhalb der folgenden Jahre Outlet Center mit jährlich 30 bis 40 Neueröffnungen.

MÜNCHEN: Die geplante Ansiedlung von Factory Outlet Centern (FOC), eine besondere Form des Fabrikverkaufs, hat in Deutschland zu verstärkten Diskussionen geführt. Vor allem auch amerikanische FOC-Betreiber haben den deutschen Markt als interessantes Spielfeld für ihre Expansionen ausgemacht. In den USA entstehen gegenwärtig jedes Jahr 20 neue dieser Einkaufszentren. Ein Thema, das sicher auch für die deutsche Computerhandelslandschaft von Bedeutung ist. Im folgenden Beitrag erläutert Prof. Dr. Walter Ruda* die Geschichte und Entwicklung des FOC-Konzepts und die Auswirkungen auf den Markt.Die Idee des Factory Outlet Centers kommt aus den USA. Ende der 70er Jahre wurden Factory Outlet Center in alten Fabrikstädten wie Reading im Nordosten der USA eröffnet. Diese neue Distributionsform stieß bei den Konsumenten bald auf hohe Akzeptanz. Erholungsstädte in Staaten von Maine bis Florida erkannten sehr bald die ausgeprägte Vorliebe der Touristen zum "Shoppen". Die Zahl der FOC ist seitdem kontinuierlich angestiegen. Während 1988 erst 110 Center besucht werden konnten, boomten innerhalb der folgenden Jahre Outlet Center mit jährlich 30 bis 40 Neueröffnungen.

Die grundsätzliche Attraktivität eines Centers wird durch die Angebotsvielfalt bewirkt. Diese basiert sowohl auf der Auswahl der Hersteller, die Stores unterhalten, als auch auf den Produkten, die in den einzelnen Stores angeboten werden. 1996 operierten zirka 550 Unternehmen in den fast 12.000 Outlets. Der Konsument findet sowohl namhafte Firmen als auch kleine und mittelgroße Unternehmen, die über 1.000 bekannte Marken anbieten. Bis zum Jahr 1996 erwirtschafteten 330 Center zwölf Milliarden Dollar Umsatz. Gegenüber 1990 mit 6,3 Milliarden Dollar bedeutet dies nahezu eine Umsatzverdoppelung. Trotz dieser Steigerung beläuft sich der Anteil der Factory Outlet Center immer noch auf weniger als zwei Prozent des gesamten US-Einzelhandelsumsatzes.

Entwicklung des Images und des Erscheinungsbildes

Das Erscheinungsbild der Factory Outlet Center hat sich hinsichtlich Ausstattung und Angebot innerhalb der letzten zehn Jahre stark verändert. Sie wandelten sich von kargen Hallen mit primitiver Ladengestaltung und Warenpräsentation zu attraktiven Einkaufsstätten. Das Verkaufspersonal wirkt unterstützend beim Einkauf. Auch sonstige Serviceleistungen, wie moderne Zahlungsmethoden, Stornierungsmöglichkeiten und kundenfreundliche Öffnungszeiten, runden das Bild der heutigen FOC ab.

Die meisten Outlet Center sind Montag bis Samstag von 9 bis 21 Uhr und auch am Sonntag von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Das Ziel der "Top Outlet Developers" ist es, den Konsumenten sehr gute Preise in einer angenehmen Atmosphäre zu bieten. Der Konsument kann sich mit Hilfe von Informationsbroschüren schon vorab gezielt auf den Besuch vorbereiten. Es existieren sowohl Führer mit Beschreibungen der verschiedenen Center als auch spezielle Prospekte, in denen einzelne FOC detailliert anhand von Übersichtsplänen vorgestellt werden. Auch über das Internet kann der Besucher die für ihn notwendigen Informationen abfragen.

Ein besonderes Merkmal von FOC ist der Verkauf von in Überzahl produzierten Produkten mit einem Preisabschlag. In den Geschäften kann der Kunde Produkte auslaufender Serien sowie Artikel erster Qualität neben Artikeln zweiter Wahl finden. Teilweise werden auch aktuelle Waren angeboten.

Besucheranreize

FOC bieten auch die Möglichkeit, neue Produkte auf ihre Marktakzeptanz hin zu testen. Outlets locken große Kundenpotentiale aus der weiteren Umgebung an, so daß sich das Kaufverhalten für Produkte beziehunsgweise Produktvariationen analysieren lassen. Testwaren werden häufig nur in limitierter Auflage und regional begrenzt angeboten.

In vielen Outlets kann der Konsument die Produkte für weniger als 50 Prozent des Einzelhandelspreises kaufen. Betreiber, wie zum Beispiel Tanger Factory Outlet Center, Factory Stores of America und Belz Enterprises, werben mit Abschlägen, die bis zu 75 Prozent reichen. Eine zusätzliche Variante, um Kunden verstärkt zu Käufen zu animieren, sind Bonushefte mit zum Beispiel "Buy-2-Get-1-Free"-Angeboten. Beim Erwerb von zwei Produkten erhält der Kunde ein Gratis-Produkt dazu.

Schon in den letzten Jahren wurden in einigen europäischen Staaten FOC errichtet. Die Aktivitäten des Betreibers BAA-McArthur/Glen begannen im Jahre 1993 in Großbritannien und in Frankreich. Das erste Factory Outlet Center wurde im März 1995 in Cheshire Oaks im Nordwesten Englands eröffnet. McArthur/Glen setzt im Angebot auf Marken wie Fruit of the Loom, Timberland, Paul Costelloe, Nike und Levi's.

FOC-Aktivitäten in Europa

Noch im selben Jahr eröffnete der Betreiber Value Retail Bicester Village, 60 Minuten von London und Birmingham entfernt gelegen, mit rund 11.000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Bei einem Einzugsbereich von sechs Millionen Einwohnern setzt Value Retail vor allem auf Qualitätsmarken. Der Konsument kann unter Nobelmarken, wie zum Beispiel Polo Ralph Lauren, Cerrutti, Versace, Donna Karan und Lacroix, mit Preisnachlässen von 25 bis 60 Prozent wählen. Bei einer durchschnittlichen Verweildauer von drei bis vier Stunden nutzen sehr viele Kunden auch die Gelegenheit, sich in der Region um Oxford umzuschauen.

Zehn Prozent der 2,5 bis 3 Millionen jährlichen FOC-Kunden besucht auch die Innenstadt von Bicester. Das FOC in Street, Clark's Village, ist dagegen kleiner dimensioniert und weist bei einer Verkaufsfläche von 6.700 Quadratmetern, einen Einzugsbereich von einer Million Einwohner auf. Im Frühjahr diesen Jahres wurde "Great Western" im Südwesten Londons eröffnet. Untersucht man heute die britischen FOC, so ist ein Branchenmix mit einem eindeutigen Schwerpunkt auf Bekleidung (70 Prozent), gefolgt von Schuhen (20 Prozent) und Haushaltswaren (zehn Prozent) erkennbar.

In Frankreich findet der Käufer in Troyes, der alten Textilstadt, östlich von Paris gelegen, sogar mehrere FOC vor. Troyes hat mittlerweile eine besondere Anziehungskraft in einem weiten Einzugsbereich von fünf Millionen Einwohnern. Im Outlet Center "Marques Avenue" mit zirka 45 Stores sind Marken, wie zum Beispiel Laura Ashley, Olympia, Salamander, Sara Lee und Villeroy & Boch, erhältlich. Im Outlet Center "Marques City" kann der Käufer unter einer breiten Palette von Sportmarken (zum Beispiel adidas, le coq sportif, Tacchini, Fred Perry, arena, Reebok, Puma, Kappa) und von Jeans (zum Beispiel Levi's, Wrangler, Lee) wählen. Produkte von Cerrutti, benetton, Guy Laroche, Yves St. Laurent und Ralph Lauren runden das Angebot ab. Es wird damit fast ausschließlich Bekleidung und in geringem Umfang ergänzende Sortimente im eher mittelpreisigen bis teilweise gehobenen Niveau offeriert. Weitere FOC existieren in Ile St. Denis und Pontoise mit jeweils 18.000 Quadratmeter Verkaufsfläche und einem Einzugsbereich von etwa zehn Millionen Einwohnern.

Von großem Interesse sind ebenso die zahlreichen in Planung befindlichen Projekte. In Romans/Frankreich ist ein FOC in Innenstadtlage geplant. In Österreich, 45 Kilometer vom Wiener Stadtzentrum entfernt, an der Autobahnausfahrt A4 zum Urlaubsgebiet Neusiedler See gelegen, wird bis März 1998 ein FOC mit 17.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, mehr als 50 Outlets und über 1300 Parkplätzen entstehen. Betreiber ist BAA-McArthur/Glen. Der Betreiber Value Retail wird 30 Kilometer nördlich von Barcelona ein FOC mit mehr als 10.000 Quadratmetern Verkaufsfläche und Optionen auf Erweiterungen eröffnen.

Bei Paris ist ein 15.000 Quadratmeter großes FOC geplant, das an Eurodisney angrenzt. Weitere Planungen bestehen für Projekte zum Beispiel in Großbritannien, Frankreich, Belgien, der Schweiz und nicht zuletzt in Deutschland.

FOC-Entwicklungen in Deutschland

Die Wurzeln für Factory Outlet Center in Deutschland liegen im Fabrikverkauf. Dieser kann auf eine lange Tradition zurückblicken und erfreut sich hoher Akzeptanz der Konsumenten. Heute gibt es in Deutschland inzwischen über 1.500 Fabrikverkaufsstellen, in denen Markenartikel in unmittelbarer Nachbarschaft zur Produktionsstätte zu reduzierten Preisen an den Endverbraucher verkauft werden. Der Umsatzanteil von Fabrikverkaufsstätten hat sich seit Jahren konstant auf einem niedrigen Niveau des gesamten Einzelhandelsumsatzes eingependelt.

Die Weiterentwicklung der Idee des Fabrikverkaufs sind Factory Outlet Center, in denen zwar ein Kauf direkt beim Hersteller, aber fernab von der eigentlichen Zentrale erfolgt und der Kunde preisreduzierte Ware nicht nur eines Anbieters, sondern zahlreicher Markenartikler in einzelnen Stores erwerben kann. Ergänzt wird das Angebot oftmals durch Gastronomie und Freizeitmöglichkeiten. Die klassische Zielgruppe sind junge, markenbewußte Familien der mittleren bis höheren Einkommensgruppe, die eine große Mobilität aufweisen und auch zwei Stunden Fahrtzeit in Anspruch nehmen.

In Deutschland ist derzeit eine Reihe von Projekten im Planungsstadium. Allerdings werden bestimmte Projekte derzeit nicht mehr weiter vorangetrieben. So haben aufgrund der Würdigung aller Umstände, vor allem wegen der inzwischen eingetretenen Politisierung, die Betreiber Value Retail und BAA-McArthur/Glen die Projekte in Fallingbostel und in Soltau nicht weiterverfolgt. In Fallingbostel plante Value Retail ein FOC mit zirka 50 Outlets auf einer Gesamtverkaufsfläche von etwa 10.000 Quadratmetern. BAA-McArthur/Glen wollte in Soltau ein FOC mit 80 bis 100 Outlets und einer Verkaufsfläche von zirka 20.000 Quadratmetern errichten.

Die Basis des FOC-Erfolges ist in verschiedenen Faktoren zu sehen. Wichtig ist ein partnerschaftliches Verhältnis zu den Herstellern als Mieter der Outlets. Mit diesen steht und fällt die Angebotsvielfalt und somit die Attraktivität der Center. Mieter in den FOC sind nicht nur internationale, sondern auch lokale Markenhersteller, die eine "Türöffnerfunktion" für den lokalen Markt erfüllen. Innerhalb der Region, in der Center errichtet werden, sind positive Beziehungen zu verschiedenen Institutionen, Unternehmen und Personen aufzubauen. Von besonderer Bedeutung ist das gute Verhältnis zum regionalen Einzelhandel, der sich häufig durch FOC in seiner Existenz gefährdet sieht. Das Verhältnis zwischen Handel und Herstellern hat sich in den vergangenen Jahren zunehmend verschlechtert. Einige der artikulierten Vorwürfe sind zum Beispiel mangelnde Vororder, Konditionen- und Retourenpolitik, Mindestabnahmemengen, Platz- und Gebietsschutz.

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die geeignete Standortwahl. Der Standort muß verschiedenen Anforderungen gerecht werden. In Factory Outlet Centern offeriert eine Vielzahl von Herstellern ihre Produkte. Der Standort sollte verkehrsgünstig mit der Möglichkeit der Erschließung mehrerer potentialsstarker Verdichtungsräume liegen. Die Grundstücksflächen sollten preiswert sein und dem Projekt entsprechend ausreichende Entwicklungsmöglichkeiten haben. Zur strategischen Standortfindung für Factory Outlet Center kann folgende "idealtypische" Unterteilung herangezogen werden: Middle of Nowhere, Mittelzentrum im Verdichtungsraum, Beggar my Neighbour (Grenzstandorte) und Citylagen.

Besondere Bedeutung erlangen FOC-Projekte in Gebieten, die ehemals militärisch genutzt wurden.

Nach dem Abzug des französischen, englischen und vor allem des US-amerikanischen Militärs werden verstärkt Anstrengungen auf Landes- und Kommunalebene unternommen, eine Umnutzung dieser Militärflächen vorzunehmen, um den Verlust an zivilen Arbeitsplätzen auszugleichen.

Beispiele für FOC-Projekte: Ludwigsfelde und Hahn

Die zwei im folgenden beschriebenen FOC-Vorhaben grenzen sich voneinander durch ganz unterschiedliche Standorte und daraus resultierende Zielsetzungen ab: ein Projekt in der Innenstadt von Ludwigsfelde (Brandenburg) und ein Projekt auf ehemals militärisch genutzten Flächen in Hahn/Hunsrück.

Ludwigsfelde ist eine Stadt ohne eigentliche City. Im Rahmen eines Planungswochenendes haben sich Politiker, Planer und Bewohner unter der Leitung von TrizecHahn getroffen, um über Möglichkeiten der Aktivierung der Innenstadt zu diskutieren. TrizecHahn konnte bereits Erfahrungen im Bereich der Errichtung von FOC in den USA sammeln. Seine Tochter TrizecHahn Europe ist seit 1990 in Deutschland tätig. Zur Zeit hat der Investor 69 Büro- und Einzelhandelsimmobilien mit einer Fläche von fünf Millionen Qudratmetern im Bestand.

Das Unternehmen sieht sich auch als Partner von Kommunen bei der Verwirklichung von Projekten, wie dies in Ludwigsfelde der Fall ist. Der Ausbau der Autobahn und die Schaffung einer neuen Mitte mit Stärkung der Entwicklungspotentiale stellen wichtige Chancen für die Stadt dar. Deshalb ist in der City ein Factory Outlet Center von TrizecHahn unter Neuplanung des Stadtkerns von Ludwigsfelde in der Projektierungsphase. Bei einer Verkaufsfläche von 9.000 Quadratmetern ist auch ein Food Court disponiert. Entertainment-Möglichkeiten sind im Konzept nicht geplant. Das FOC im Innenstadtbereich wird als Katalysator für weitere städtische Entwicklungspotentiale angesehen, wobei die langfristigen Perspektiven von Ludwigsfelde als positiv eingestuft werden. Als Fertigstellungstermin ist Ende 1999 ins Auge gefaßt.

Ein Beispiel für ein Konversionsprojekt ist der Flugplatz in Hahn. Dort betreibt seit April 1995 die Holding Unternehmen Hahn GmbH & Co. KG (74,9 Prozent Wayss & Freytag AG und Partner, 25,1 Prozent Rheinland-Pfalz) die Aufgabe der Standortentwicklung und Vermarktung der ehemals von den US-Amerikanern genutzten Airbase. Das von der Gesellschaft vorgelegte Konzept der Umnutzung beinhaltet die Errichtung eines Handelszentrums mit Outlet-Funktion, dem eine Freizeitattraktion, die "Erlebniswelt Fliegen", angeschlossen werden soll.

Eine Nutzung des ehemaligen Militärflughafens für den Passagier- und Frachtverkehr rundet das Konzept ab. Das eigentliche FOC, mit einer Verkaufsfläche von 5.900 Quadratmetern, wird erweitert um 1.400 Quadratmeter durch Servicebereiche wie Gastronomie und Kinderparadies. Hierbei sollen bestehende Gebäude mit einer Fläche von 7.300 Quadratmetern genutzt werden. Insbesondere aufgrund der Kombination von Einkaufen und Freizeitvergnügen zielt der Investor darauf ab, jährlich aus einem Umkreis von bis zu 150 Kilometern zirka 350.000 Kunden in das FOC und weitere 300.000 Besucher in die Erlebniswelt anzuziehen. Vor allem beim regionalen Einzelhandel stößt das Projekt jedoch auf großen Widerspruch. Ob das Konzept letztlich realisiert wird, hängt auch von den noch laufenden Verfahren und Gutachten ab.

Das Zweibrücker Projekt

Die Region um Zweibrücken ist durch den Abzug der US-Amerikaner besonders betroffen. Mit rund 40.000 Einwohnern zählt Zweibrücken, an der Grenze zum Saarland und zu Frankreich gelegen, zu den Mittelzentren. Nach dem Abzug des größten Arbeitgebers der Region, dem US-Militär, stieg die Arbeitslosenquote auf zur Zeit 14 Prozent an.

Dem erfolgreichen Aufbau des Fachhochschulstandortes in Zweibrücken mit Studiengängen der Betriebswirtschaft, Technischen Betriebswirtschaft, Wirtschaftsinformatik, Mikrosystemtechnik und Angewandten Informatik soll ein weiteres zukunftsgerichtetes Konversionsprojekt folgen. Für die Nutzung des ehemaligen Militärflughafens, direkt an einer Bundesautobahn gelegen, hat eine Investorengruppe ein Vier-Säulen-Konzept vorgelegt:

- Reaktivierung des Flugplatzes mit Nutzung für den privaten und kommerziellen Flugverkehr;

- Aufbau eines Multimedia-Komplexes, der Unternehmensgründern (Gründer-Park) und jungen, rasch wachsenden Unternehmen (Multimedia-Park) in enger Zusammenarbeit mit einem neuen Studiengang "Digitale Medien" an der Fachhochschule in Zweibrücken ein optimales gegenseitig förderndes Umfeld bietet;

- Einrichtung eines Freizeit- und Erlebniszentrums mit Trendsport-Park, Event-Center sowie Eissporthalle;

- Errichtung eines Factory Outlet Centers, auch Designer Outlet Zweibrücken (DOZ) genannt.

Durch das Gesamtkonzept mit der Realisierung aller vier Säulen wird ein Netz von ineinandergreifenden Aktivitäten geschaffen, die sich gegenseitig ergänzen und stärken sollen. Jeder Baustein des Projektes ist von großer Bedeutung, das Konzept steht und fällt mit der Gesamtverwirklichung. Ziel ist, überregional ein Einzugsgebiet zu erschließen und eine attraktive Standort-Identität aufzubauen.

Im Designer Outlet Center werden Markenartikelhersteller - vorwiegend der Bereiche Bekleidung, Schuhe und Heimtextilien - in 160 Outlets mit einer Gesamtverkaufsfläche von 48.300 Quadratmetern im Endausbau preisreduziert ihre Waren anbieten. Dafür sollen nationale und internationale Markenartikler gewonnen werden.

Gleichzeitig werden in das DOZ "Interactive Stores" mit Brückenfunktion zu den anderen Säulen integriert. Die im Endausbau vorhandenen fünf "Interactive Stores" umfassen die Bereiche Multimedia/Informationstechnologie, Trendsport, Spielwaren und Restpostenverkauf des lokalen Einzelhandels. Der Nutzer soll mit Gebrauch und Umfeld der Ware spielerisch vertraut gemacht werden. Kinder erleben eine Spielzeugwelt, Jugendliche die neuesten technologischen Entwicklungen und Trendsportarten.

Ein Umsatz von rund 300 Millionen Mark im Jahr wird bei jährlich drei Millionen Besuchern als realistisch angesehen. Im Einzugsbereich von 120 Autominuten leben allein in Deutschland 10,1 Millionen Einwohner mit einer Kaufkraft von nahezu 300 Milliarden Mark und einer Kaufkraft im Einzelhandel von 103 Milliarden Mark. In Frankreich und Luxemburg leben weitere 1,7 Millionen Einwohner im FOC-Einzugsbereich.

Abgeschlossenes Raumordnungsverfahren

Planungsrechtlich unterliegen Factory Outlet Center der städtebaulichen Sondervorschrift des ñ 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung. Sie sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Nach deutschem Bau- und Raumordnungsrecht kann die Errichtung eines FOC dann genehmigt werden, wenn das Projekt mit den Zielen und Grundsätzen von Raumordnung und Landesplanung vereinbar ist. Es ist zu prüfen, ob diese Ziele beeinträchtigt werden und ob negative Auswirkungen auf Infrastruktur, verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung und städtebauliche Ordnung zu erwarten sind.

Im Juni 1997 hat sich die Ministerkonferenz für Raumordnung des Bundes und der Länder mit 15 zu 1 Stimmen (Rheinland-Pfalz) gegen die Ansiedlung von Factory Outlet Centern außerhalb von Großstädten beziehunsgweise Oberzentren an integrierten Standorten in stadtverträglichen Größenordnungen ausgesprochen. Die Konferenz-Entschließung ist als politische Willensäußerung zu werten.

Für Zweibrücken hat die Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz mittlerweile die flächenmäßige Umnutzung und somit die Errichtung des FOC, mit Auflagen versehen, genehmigt. Im Raumordnungsverfahren sind unter anderem folgende Vorgaben festgeschrieben:

l Das DOZ stellt einen Teil der Gesamtkonzeption mit gewerblicher Nutzung des Flugplatzes, mit einem Multimedia-Komplex, einem Freizeit- und Erlebnispark sowie dem Factory Outlet Center dar und ist hinsichtlich einer regionalwirtschaftlich wirkungsvollen Entwicklung des Raumes Zweibrücken und der Region Westpfalz nur als Ganzes zu realisieren.

l Die konzepttreue Umsetzung des Vorhabens soll über rechtsverbindliche Vereinbarungen sichergestellt werden.

l Das DOZ ist in Stufen zu realisieren, wobei für die erste Stufe zirka 20.000 Quadratmeter Verkaufsfläche (einschließlich Interactive Stores) vorgesehen sind. Der weitere Ausbau ist von einer entsprechenden Auslastung der jeweils vorherigen Stufe (zirka 70 Prozent) und der konzepttreuen Umsetzung abhängig.

l Die branchenmäßige Ausrichtung der Interactive Stores ist weitgehend an der Nutzungsstruktur des Gesamtkonzeptes orientiert. Die Einrichtung herkömmlicher, großflächiger Einzelhandelsbetriebe oder Fachmärkte ist raumordnerisch unzulässig.

l Die bereits eingeleiteten und seitens der Landesregierung Rheinland-Pfalz geförderten Stadtmarketing-Konzepte sind weiterzuführen und durch ein Regional-Marketing zu ergänzen.

Mittlerweile wurde eine Klageschrift gegen die geplante Errichtung des FOC eingereicht.

Finanzierung

Die Finanzierung eines FOC-Projektes dürfte erst dann in vollem Umfang sichergestellt sein, wenn den entsprechenden Financiers (Banken etc.) nachgewiesen werden kann, daß Baurecht besteht und die baurechtliche Durchführung des Projektes durch Dritte nicht mehr verhindert werden kann. Auf eine feste rechtliche Planungsgrundlage ist der Investor auch beim Abschluß der Miet- oder Kaufverträge mit den einzelnen Herstellern angewiesen, da er einen Eröffnungstermin für das Factory Outlet Center verbindlich bestimmen muß. Läßt sich dieser wegen Verzögerungen in der Baudurchführung nicht einhalten, sind negative finanzielle Konsequenzen für den Investor unvermeidbar.

Deshalb hat der Investor natürlich ein großes Interesse sowohl am Inhalt als auch an der zeitgerechten Verabschiedung und Wirksamkeit der maßgeblichen Bauleitpläne. Generell bleibt festzuhalten, daß wegen der Komplexität der verschiedenen Rechtsmittel deren erfolgreiche Einlegung zu einer Verzögerung oder zu einer Verhinderung des Bauprojektes führen kann. Es ist notwendig, bereits in einem sehr frühen Planungsstadium die bestehenden Risiken sowohl faktisch als auch rechtlich abklären zu lassen.

Basis für die Finanzierung ist ein ausgereiftes strategisches Gesamtkonzept, bei dem auch alle privaten Rechtsbeziehungen zwischen den am Projekt Beteiligten berücksichtigt und die zivilrechtlichen Regelungen auf die öffentlich-rechtliche Situation abgestimmt werden müssen. Überzeugt das Konzept die Financiers, so kann die Finanzierung grundsätzlich über Eigenkapital beziehungsweise Fremdkapital erfolgen. Bedeutung im Rahmen des Eigenkapitals haben vor allem Einlagen in eine KG im Zuge der Plazierung von Zeichnungskapital eines geschlossenen Immobilienfonds erlangt. Formen der Fremdkapitalfinanzierung sind beispielsweise ein langfristiger Bankkredit oder ein partiarisches Darlehen. Auch können sich Banken im Rahmen eines Joint-venture selbst an der Objektgesellschaft oder am Projektentwickler beteiligen, wobei sie natürlich dann auch am Ertrag und am Risiko partizipieren.

Konsequenzen für den Einzelhandel

Die Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern von Factory Outlet Centern wird emotional geführt. Vor allem ökonomische und soziologische Kritikpunkte werden artikuliert.

Aus Sicht des Einzelhandels stellen FOC eine Bedrohung dar, weil sie das Verhältnis zwischen den Herstellern und dem Einzelhandel dadurch stören, daß die Markenartikler Läden in den Centern unterhalten. Sie stellen eine direkte Konkurrenz zum Einzelhandel dar. Auch wird argumentiert, daß mit einem Factory Outlet Center eine zu hohe Kaufkraftabschöpfung aus den angrenzenden Städten verbunden ist.

Dies führt dazu, daß einzelne Geschäfte schließen oder zumindest Beschäftigte entlassen müßten. Die Attraktivität der Innenstädte wird sinken und eine zunehmende City-Verödung mit Verminderung der ausgewogenen Versorgungsstrukturen herbeigeführt. Eine zunehmende Konzentration im Handel wird mit negativen Auswirkungen für den Verbraucher zu einer Verarmung der Handelslandschaft führen. Außerdem werden als Kritikpunkte negative Umwelteinflüsse und gesamtwirtschaftlich unerwünschte Auswirkungen angeführt. Den Kritikern steht eine Vielzahl von Befürwortern gegenüber. Der Einzelhandel kann sich durch ein Komplementärangebot und als Nischenanbieter profilieren oder durch Serviceleistungen hervorheben. Die Hersteller brauchen das Ventil FOC, um Warenüberhänge abzuverkaufen. Auch der Handel kann von diesem "kanalisierten" Abverkauf profitieren, da dadurch die Existenz von "grauen Märkten" vermindert wird. Factory Outlet Center werden Arbeitsplätze schaffen.

Das Outlet-Shopping wird als Freizeit- und Familienereignis die Attraktivität der gesamten Region erhöhen und neue Kaufkraftströme anziehen. Rechtzeitig sind Überlegungen anzustellen, wie die zusätzlichen Kaufkraftströme durch entsprechende touristische Angebote in die angrenzenden Innenstädte umzuleiten sind.

Bei allen Diskussionen, die von Befürwortern der Factory Outlet Center einerseits und von Kritikern andererseits teilweise sehr heftig und kontrovers geführt werden, ist allerdings zu beachten, daß Entwicklungen aus den USA in immer kürzeren Zeitintervallen auch nach Europa kommen. Es wird häufig vernachlässigt, daß der Handel generell vor großen Strukturveränderungen steht. Neben der Diskussion über die Ansiedlung von Factory Outlet Centern sind verstärkt Globalisierungsanstrengungen sowie in neuerer Zeit Verschiebungen hin zum Multimedia-Einsatz festzustellen. Entwicklungen wie "Electronic Commerce" (zum Beispiel Internet- und Teleshopping) und "Virtuelles Kaufhaus" (zum Beispiel Shopping mit CD-ROM) werden in verstärktem Maße umgesetzt. Diesen Herausforderungen muß sich der Handel offensiv stellen.

Eine restriktive Genehmigungspraxis für FOC in Deutschland kann grenznahe Standorte bei unseren Nachbarn für Investoren zunehmend interessanter machen. Vor der Übernahme von Konzepten sind die entsprechenden Rahmenbedingungen, auch infrastruktureller Art, zu durchleuchten. Generell ist es notwendig, die Diskussionen zu versachlichen und die "Konfrontationsproblematik" aufzuweichen. .n

Shopping als Erlebnis und Freizeitattraktion: Gigantische Einkaufszentren wollen immer mehr deutsche Hersteller auch hierzulande errichten.

Künstliche Innenstädte auf der grünen Wiese: Weder Verkehrslärm und Parkplatzsorgen noch Bettler oder Rowdies trüben die heitere Konsumatmosphäre.

Schuhwerk und edler Zwirn im Nobel-Ambiente: So müßten sich doch auch Computer verkaufen lassen.

*Prof. Dr. Walter Ruda ist Dozent für Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Kaiserslautern, Standort Zweibrücken.

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