Digitalisierung in der Logistikbranche

Fahrerlose Lkw, SMS aufs Navi und clevere Software

Michael Sudahl lebt in Stuttgart und arbeitet in Schorndorf. Der gelernte Banker und Journalist beschäftigt sich seit 20 Jahren mit den Themen Personal, Karriere und IT. Daneben berät er Firmen in internen und externen Kommunikationsfragen, erstellt Kundenmagazine, schreibt Fachartikel und moderiert Prozesse rund um die Felder Unternehmensstrategie, öffentliche Wahrnehmung und Unternehmenskultur. Darüber hinaus hat er eine mehrjährige Ausbildung zum Körpertherapeuten (Cranio) abgeschlossen und ist inzwischen ebenfalls als Coach und Trainer tätig. 
Logistik wird digital. Firmen dieser Branchen investieren immer mehr in IT und digitale Infrastruktur. Beispiele zeigen, was Logistiker für ihre Arbeit brauchen.

Logistiker legen in den kommenden Jahren weltweit um 1,9 Billionen Dollar zu. Das wird die Digitalisierung zu Wege bringen, glauben die Unternehmensberater von Horváth & Partners. Damit werden die Dienstleister rund um Transport & Co für Systemhäuser, Clouddienste und Softwareanbieter zur interessanten Zielgruppe. Effizienteres Arbeiten soll die neuste digitale Investition der Seifert Logistics Group aus Ulm bringen. Ein modernes Transportmanagement-System soll interne Prozesse verbessern und Abteilungen vernetzen. „Ziel dabei ist, dass sich Mitarbeiter mehr auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren und schneller auf Kundenwünsche reagieren können“, sagt Geschäftsführer Harald Seifert.

Das Bombardier-Projekt Primove betankt den LKW während der Fahrt mit Strom.
Das Bombardier-Projekt Primove betankt den LKW während der Fahrt mit Strom.
Foto: Bombardier Inc.

Aus 23 potenziellen Kandidaten wählte Seifert mit seinem Projektteam 14 Anbieter aus, die er zur Teilnahme an seiner Ausschreibung aufforderte. Unter den vier letzten suchte er sich vor einem knappen Jahr den passenden IT-Dienst aus, der die 2.126 Punkte im Pflichtenheft für die Software abarbeitete. Mitte Juni ging die erste Abteilung mit dem TMS online. Sukzessive werden die einzelnen Gruppen an 34 Standorten eingebunden.
Was bisher manuell erfasst wurde, auf Papierlisten unterging oder in anderen Programmen nachgeschaut werden musste, geht jetzt schnell und mit wenigen Klicks. Viele Abläufe wurden automatisiert. Beispielsweise werden dem Kunden Zustellungen jetzt ohne Zutun der Mitarbeiter bestätigt. „So kann sich beispielsweise der Disponent auf seine eigentliche Kernaufgabe konzentrieren, nämlich Transporte zu planen. In Zukunft möchten wir, dass unsere Mitarbeiter wieder mehr Zeit für das haben, für was sie eingestellt wurden.“ Das setze Ressourcen frei, meint der vorausschauende Unternehmer. Stellen werden bei ihm aber keine abgebaut.

Harald Seifert investierte in ein umfassendes Transportmanagement-System. Die Software soll Prozesse vereinfachen und beschleunigen.
Harald Seifert investierte in ein umfassendes Transportmanagement-System. Die Software soll Prozesse vereinfachen und beschleunigen.
Foto: SLG

Wenn der E-LKW alleine fährt

Mit E-Lkw haben es digitalisierungswilligen Logistiker bei Bombardier aus Mannheim zu tun. Dem Hersteller von Flugzeugen und Zügen gelang es bei Testfahrten einen Lkw während der Fahrt mit 70 Stundenkilometern kontaktlos mit Strom aufzuladen. Das zehn Meter lange und zehn Tonnen schwere Fahrzeug wurde unterwegs induktiv mit einer Leistung von bis zu 200 Kilowatt mit Energie versorgt.

Mit Strom betanken Logistiker ihre Flotte wohl erst in den nächsten fünf bis zehn Jahren. Die Fahrzeuge seien noch zu teuer und die Reichweite sei außerdem ein Problem, heißt es unisono. Die Branche diskutiert vielmehr über autonome Systeme, die den Mangel an Berufskraftfahrern ausgleichen könnten. „Wir sind uns sicher, dass Fahrzeuge, bei denen niemand mehr am Steuer sitzt, kommen werden. Das gilt nicht nur für Pkw, sondern auch für Lastkraftwagen“, sagt Andrea Marongiu, Geschäftsführer des Verbands Spedition und Logistik. Die Frage sei nur, wann die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden.

Andrea Marongui, Geschäftsführer des Verbands Spedition und Logistik, glaubt, dass autonome Lkw erst ab 2025 auf den Straßen zu sehen sein werden.
Andrea Marongui, Geschäftsführer des Verbands Spedition und Logistik, glaubt, dass autonome Lkw erst ab 2025 auf den Straßen zu sehen sein werden.
Foto: VSL

An der Technik werden fahrerlose Lkw jedenfalls nicht scheitern. Denn schon heute haben Testfahrten gezeigt, dass ein Brummi auf der Autobahn keinen Menschen braucht, um die Spur zu halten, das Tempo anzupassen oder vor einem Hindernis rechtzeitig abzubremsen. Auch die richtige Ausfahrt finden die Geister-Fahrer problemlos, bei denen zwar keiner mehr das Lenkrad hält, aber wohl ein Mensch an Bord sein wird. Dass wir autonomen Trucks tatsächlich auf der Straße begegnen, werde allerdings erst 2025 der Fall sein, glaubt Marongiu. Bis dahin werden wir etliche Automatisierungsschritte erleben, die dem Fahrer die Arbeit erleichtern.

In den vergangenen Monaten konnte Roland Rüdinger, Chef der Rüdinger Spedition mithilfe seiner digitalen Innovationen viele Daten sammeln. „Diese werden wir in diesem Jahr noch systematischer auswerten, um die Zusammenarbeit mit unseren Kunden weiter zu optimieren“, verrät er seine Strategie für die Zukunft. Industrie 4.0 lebe davon, dass die Unternehmen vernetzt untereinander intelligentere und effizientere Lösungen bringen. „Als Dienstleister der Industrie sind wir Teil dieses Prozesses“, so Rüdinger.

Digitales hat bei der Spedition in Krautheim nach und nach Einzug gehalten: Zum Beispiel durch ein neues Mess-Wiege-System, das speziell auf sein XXL-Stückgut wie Großventilatoren und Langgut, angepasst ist. Nach dem Abladen in seiner Umschlaghalle werden die Waren dort mit Scanner, Kamera und Waage exakt erfasst. „Jedes Stück erhält einen Aufkleber mit den exakten Messdaten. Diese werden automatisch in unser Disposystem eingespeist. So können wir Lkw sicher und effizient beladen“, erläutert der Unternehmer.

Seine Kunden informiert er über fehlerhafte Angaben. Probleme gebe es dabei nicht. „Unsere Kunden kommen aus der Industrie. Hier zählt Präzision – und diese bekommen sie von uns.“ Zudem setzt der Hohenloher auf Videoüberwachung. 50 Kameras beobachten das Geschehen in der Umschlaghalle rund um die Uhr. Bilder und Daten fließen in die Speditionssoftware ein. „Damit wissen wir sehr genau, welches Stück sich gerade wo in der Halle befindet“, so Rüdinger. Auch Qualitätsdefizite werden dadurch nachvollziehbar und können aufgearbeitet werden, etwa bei Warenschäden. Ein Plus im Wettbewerb. Dank seines ausgeklügelten Systems habe er bei einem neuen Kunden die Transportschäden um 90 Prozent gedrückt. Bei aller Begeisterung für Innovationen, sei Technik für ihn aber kein Selbstzweck. „Sie muss uns und unseren Kunden etwas bringen“, betont der Unternehmer.

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