...FEEDBACK

04.03.1998

Computerwoche Verlag GmbHChefredaktion ComputerPartner

Herrn Damian Sicking

Postfach 400467

80704 München München, 27. März 1998

Sehr geehrter Herr Sicking,

zunächst einmal freue ich mich, daß man in dieser schnellebigen, hektischen Industrie doch noch Zeit findet, gesellig beisammen zu sitzen. Schade übrigens, aber doch irgendwie symptomatisch, daß keine Geschäftsführerin oder Managerin dabei war!

Nun zum eigentlichen Thema: Ich bin mir ganz sicher, daß der Erfolg oder Mißerfolg eines Unternehmens wesentlich durch die Person an der Spitze beeinflußt wird. Meines Erachtens hat das sehr stark mit der individuellen Persönlichkeit und der Erfahrung zu tun und weniger mit "Schön- oder Schlechtwetter"-Manager, Hineinregieren usw.

Manche in entsprechenden Positionen sind nicht ausreichend auf diese für sie neue Rolle vorbereitet und bekommen sehr oft in diesem quartalsgetriebenen und von permanentem Erfolgsdruck gekennzeichneten hektischen Business auch nicht die Zeit, in diese Aufgabe hineinzuwachsen. Der IT-Markt ist in vielen Belangen (time-to-market, cash-flow) so ganz anders als etabliertere Branchen und verlangt dementsprechende Leute. Wir würden uns manchmal wünschen, daß die klassische 100-Tage-Schonfrist auf zum Beispiel 150 Tage ausgedehnt wird.

Marketing- und Vertriebsstrategien, die vor ein bis zwei Jahren noch gegriffen haben, funktionieren heute nicht mehr so. Das heißt, man muß alte, eingetretene Pfade verlassen und neue Wege gehen, etwas riskieren, etwas Neues "unternehmen". Das erfordert Kreativität, Mut und Durchsetzungsvermögen!

Aus eigener Erfahrung und aus Gesprächen mit vielen anderen Managern weiß ich, daß man das "Hineinregieren" nicht generell abstellen kann. Es ist vielmehr die Frage, inwieweit "Hineinregierender" und "Betroffener" in dieser Situation tragfähige, sinnvolle Kompromisse im Sinne einer akzeptablen, funktionierenden Lösung finden können. Rupert Lay spricht hier zum Beispiel vom "Prinzip der reversiblen Selbstzwecklichkeit": "Handle stets so, daß du nach dem Prinzip der wechselseitigen Rollenübernahme die Gründe deines Handelns auch gegen dich selbst gelten lassen würdest." Wenn die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit nicht mehr vorhanden sind, muß man sich selbst treu bleiben und handeln und nicht gegen eigene Überzeugung abwarten und aussitzen. Dabei sehe ich durchaus die Problematik des "golden handshake", was aber erfahrungsgemäß lösbar ist.

Wertewandel und Ethik sind neben den so wichtigen fachlichen Qualifikationen weitere Kriterien, nach denen wir zum Beispiel geeignete Kandidaten für Top-Positionen unserer Kunden auswählen, weil diese für die Sicherstellung des mittel- und langfristigen Erfolgs unerläßlich sind. Die richtige Persönlichkeit mit der notwendigen Erfahrung und Ausbildung setzt sich als Teil eines guten Teams ("human capital") und mit verkaufbaren Produkten auch in schwierigem Umfeld durch und steuert das Schiff erfolgreich durch unruhiges Fahrwasser. Es gibt hierfür genügend positive Beispiele.

Daß IT-Manager sich nicht vor Managern anderer Branchen verstecken müssen, beweist unter anderem die Tatsache, daß das Business nach wie vor teilweise explosionsartig wächst und allein 1998 zirka 100.000 zusätzliche Stellen geschaffen werden. Übrigens..., gut für unser Geschäft!

Mit freundlichen Grüßen

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