Drei Feedback-Regeln für agile Unternehmen

Feedback, ja klar - aber richtig

23.12.2019
Von Andreas Slogar
Einzelnen Mitarbeitern oder Teams Feedback zu geben, ist wichtig. Hier lesen Sie, durch welche Methoden alle davon profitieren können.
Auch ein einfaches Feedback, kurz im Vorbeigehen, kann Kollegen den Tag erhellen.
Auch ein einfaches Feedback, kurz im Vorbeigehen, kann Kollegen den Tag erhellen.
Foto: Roman Samborskyi - shutterstock.com

Feedback ist bekanntlich ein Geschenk. Aber wie bei jedem Geschenk ist es auch beim Feedback wichtig, das Geschenk passend zum Anlass auszuwählen. Einem ehemaligen Raucher eine Kiste Zigarren zum Geburtstag zu schenken, ist definitiv unangemessen. Einem Kollegen ein persönliches Feedback ohne Aufforderung mitzuteilen auch.

Wie bei Geschenken ist es auch beim Feedback wichtig, neben dem Anlass auch Kontext und Zeitpunkt, also das Timing, zu beachten. Um aus der Fülle an Möglichkeiten die passende Feedback-Methode auszuwählen und einzusetzen, soll dieser kleine Kompass behilflich sein. Außerdem kann er dabei helfen, peinliche Situationen zu vermeiden.

Drei Feedback-Methoden

Feedback bedeutet, dass die Arbeits- und Kommunikationsergebnisse von Menschen gezielt beobachtet und analysiert werden. Dadurch sollen die persönliche wie auch die kollektive Qualität der Zusammenarbeit kontinuierlich verbessert und den Anforderungen angepasst werden.

Eine Rückkopplung zwischen der objektiv-rationalen Kennzahlenebene mit der subjektiv-emotionalen Seite der Wahrnehmung der Beteiligten/Betroffenen soll hergestellt werden. Dazu ist Feedback das Werkzeug der Wahl.

Auf der Kennzahlenebene kann beispielsweise die Produktivität eines Teams gemessen werden. Die Anzahl hergestellter Produkte pro Zeiteinheit wird mit den Vorgaben oder der maximalen Produktionsleistung verglichen. Stellt man dieser Ebene die Ergebnisse aus Feedback-Gesprächen gegenüber, wird die Rückkopplung hergestellt:

  • Befinden sich die Mitarbeiter in einem Zustand der Überlastung oder permanenter Konflikte?

  • Stecken sie in einer chronischen Stresssituation?

Über Feedback kann also festgestellt werden, ob sich die Arbeitssituation in den Augen der Mitarbeiter in einem ausbalancierten, instabilen oder kritischen Zustand befindet.

Typen interdependenter Rückkopplung
Typen interdependenter Rückkopplung
Foto: Andreas Slogar

Bei dieser Form der Rückkopplung zwischen Sachebene und Wahrnehmungsperspektive sind drei Typen von Feedback zur Orientierung hilfreich. Durch sie wird eine integrierte Gesamtsicht von Ursache-Wirkung-Mechanismen sichtbar. Man läuft nicht Gefahr, lediglich offensichtliche oder vordergründige Symptome zu betrachten.

1. Individuell

Dreh- und Angelpunkt einer produktiven und emotional ausgeglichenen Arbeitsumgebung ist die individuelle Beziehungsebene der Menschen, beispielsweise in einem Team. Konflikte auf dieser Ebene, die nicht angesprochen und aufgelöst werden können, können zu zwei grundlegenden Effekten führen:

  1. Sie wirken sich unmittelbar negativ auf den individuellen emotionalen Zustand der Betroffenen aus. Im Extremfall können sie sogar zu Erkrankungen führen.

  2. Sie belasten die Kollaboration im Team oder mit kooperierenden Teams und beeinträchtigen die Qualität der Arbeitsergebnisse.

Konflikte auf der individuellen Beziehungsebene sind als Quelle von Irritationen auf der Teamebene oder der qualitativen Ebene leichter zu erkennen als zu beheben. Oft verhindern Tabus oder Misstrauen der Mitarbeiter untereinander die Klärung von Konflikten. Deswegen ist das Etablieren von Feedback-Mechanismen nicht nur für die in einem Team engagierten Menschen relevant. Die gesamte Kooperationssituation und somit die Leistungsfähigkeit der Organisation als Ganzes sind hiervon direkt betroffen.

Um individuelles Feedback auf der Beziehungsebene zu ermöglichen, ist ein spezielles Umfeld erforderlich. Das Ansprechen und Aussprechen von Konflikten in konstruktiver und respektvoller Form sollte grundsätzlich möglich sein. Hierfür wird ein "sicherer Raum" benötigt, in dem sich die Konfliktpartien, nötigenfalls durch einen Moderator oder Coach begleitet, begegnen können. Die Mitarbeiter selbst sollten Feedback-Mechanismen als Basis und Voraussetzung für eine konstruktive Zusammenarbeit und als Quelle persönlicher Entwicklungsimpulse begrüßen.

Ist dies auf der individuellen Ebene nicht möglich, bleiben die nachfolgenden beiden Feedback-Typen in ihrem Nutzen limitiert.

2. Kollaborativ

Auf der nächsten Stufe des Austauschs geht es nicht mehr um das individuelle Mitglied eines Teams, sondern um das Team selbst. Die zu behandelnden Fragestellungen sind darauf ausgerichtet, festzustellen, in welchem Zustand der Kollaboration sich ein Team insgesamt befindet. Das schließt alle darin agierenden Menschen ein. Gegenstand der Reflexion dieses Feedback-Typs können beispielsweise die folgenden Themen sein:

  • Wie und in welchem Umfang unterstützen die eingesetzten Methoden die Qualität der Zusammenarbeit und die Kommunikation der Teammitglieder?

  • Unterstützen bestehende Regelungen und Vorgaben die Kollaboration im Team und sorgen sie für einen reibungslosen Ablauf oder stellen sie bürokratische Hürden dar?

  • Geben die verfügbaren Kennzahlen Aufschluss über den Auslastungszustand des Teams und lassen sie erkennen, ob es sich in einer Überlastungssituation befindet?

  • Ist die Kooperationsbeziehung zu anderen Teams klar und sind alle Mitarbeiter über Sinn, Zielsetzung und Ablauf der Zusammenarbeit informiert?

  • Entspricht das Know-how, das wir in unserem Team aufgebaut haben, nach wie vor den Anforderungen unsers Umfeldes und unserer Aufgabenstellung?

Aus den Recherchen zu diesen Fragen können die Teammitglieder notwendige Maßnahmen ableiten, um die Qualität ihrer Kollaboration weiter zu entwickeln und identifizierte Reibungsverluste zu reduzieren. Dies kann auch Kooperationspartner betreffen und mit einbeziehen. Im Zuge der Reflexion auf der Kollaborationsebene werden Konflikte unter den Mitgliedern identifiziert. Diese können, sofern die genannten Voraussetzungen gegeben sind, mit Hilfe der Feedback-Mechanismen des individuellen Typs behandelt werden.

3. Qualitativ

Der dritte Feedback-Typ fokussiert die produktiven Arbeitsergebnisse eines Teams oder von Team-Gruppen, die in einer Wertschöpfungskette miteinander kollaborieren. Ziel des Feedbacks ist es, festzustellen, ob und in welchem Umfang die erreichten Ergebnisse den Anforderungen der Kunden gerecht werden. Sind diese, im Vergleich zu Konkurrenten, wettbewerbsfähig? Durch eine interdisziplinäre Reflexion ermöglicht das Feedback auf der qualitativen Ebene, übergreifende Kommunikationsdefizite oder operative Mängel zu identifizieren. Außerdem fördert dieser Typ die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses des Ganzen: Alle Teammitglieder wissen um Abhängigkeiten der Teams untereinander und um Auswirkungen oder Risiken von Engpässen in ihren Leistungs- und Lieferbeziehungen.

Durch diesen Feedback-Typ zur Qualität der Zusammenarbeit können auch Ursachen identifiziert werden, die aus Konflikten oder Engpässen der beiden vorhergehenden Ebenen zurückzuführen sind. Ist das der Fall, so können, im Anschluss an das Feedback zur Qualität, die erkannten Ursachen behandelt werden.

Zwischentöne zulassen

Die hier aufgeführten Feedback-Typen sind sicher nicht für alle möglichen Facetten von Konflikt- und Problemquellen erschöpfend. Dieser Anspruch wird auch nicht erhoben. Des Weiteren können sie nicht scharf voneinander getrennt verstanden werden. Im Alltag nicht nur agiler Organisationen sind alle drei Ebenen gleichzeitig aktiv und relevant. Auf die Zwischen- und Grautöne ist immer zu achten, da sie wertvolle Hinweise auf Wechselwirkungen der verschiedenen Problemstellungen aufweisen.

Fazit: Alles ist Feedback

Ob man nun will oder nicht: Rückkopplung findet immer statt, wenn Systeme mit ihrer Umwelt in Interaktion stehen. Egal ob es sich um ein technisches, biologisches oder soziales Umfeld handelt, wie es bei einem Team oder einer ganzen Organisation der Fall ist. Daher ist es durchaus angebracht, den Begriff Feedback von der Analogie des Geschenks zu trennen, und damit den Status des Außerordentlichen aufzugeben. Rückkopplung ist selbstverständlich, da unvermeidlich. Das macht sie nicht weniger wertvoll. Ganz im Gegenteil!

Aber das Selbstverständliche sollte als fester Bestandteil der individuellen wie der kollektiven Interaktion verstanden und angenommen werden. So kann durch die Analyse der Rückkopplungsqualität ein konsequenter individueller und kollektiver Erkenntnisgewinn sichergestellt werden. Nur über diesen Weg sind eine kontinuierliche Entwicklung und Anpassung der persönlichen Fähigkeiten wie auch der Organisation zu erreichen. Das zeichnet eine anpassungsfähige Organisation letztlich aus.

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