Fehlende Applikationen halten den Markt klein

21.10.1999

MÜNCHEN: Die Absatzzahlen haben sich zwar erhöht, doch immer noch dümpelt der DVD-Markt unverkennbar vor sich hin. Solange die Softwareindustrie nicht einsteigt und sich die Hardwarehersteller nicht auf gemeinsame Standards einigen können, wird das auch so bleiben."DVD wird im vierten Quartal seine vierte oder fünfte Chance bekommen", erklärt Stefan Klima, Produktmanager bei Computer 2000. An dem selbsternannten CD-Rom-Nachfolger scheiden sich nach wie vor die Geister. Für die einen repräsentiert DVD die Zukunft digitaler Speichermedien, für die anderen ist es lediglich ein überschätztes Nischenprodukt.

Fakt ist: Es fehlt eine Killerapplikation. Solange die Spieleindustrie DVD nicht zum Standard erhebt, wird die Technologie vor sich hin dümpeln. Wobei Klima bemerkt: "Die Stückzahlen haben sich seit Sommer verdoppelt. Bundles mit einer Mpeg-Karte verkaufen sich besser als nackte Laufwerke."

Den OEMs sind DVD-Rom-Drives immer noch zu teuer. Zwar gibt es einzelne Aktionsrechner, doch zur Standardausstattung ist es noch ein weiter Weg. "Da CD-Roms immer schlechter lieferbar sind, könnte dies DVD helfen", erklärt Klima. "Auf der anderen Seite haben einige große OEMs DVDs wieder durch CDs ersetzt." Obwohl DVD-Laufwerke stark im Preis gefallen sind, kosten sie im Händlereinkauf immer noch gut das Doppelte. "Erst wenn der Abstand zwischen CD und DVD bei zirka 20 Mark liegt, könnte das Geschäft richtig in Fahrt kommen", glaubt Klima.

Die derzeitige Marktentwicklung spricht nicht für die DVD. Mit dem horrenden Preisanstieg im Speicherbereich wird es für PC-Hersteller und Integratoren immer schwerer, die Preispunkte zu erreichen. Daher wird die Ausstattung zum Jahresende eher abnehmen.

Toshiba kombiniert DVD- und CD-RW-Funktion

Mit Spannung wird Toshibas "SD-R1002" erwartet. Das Laufwerk ist sowohl ein CD-Rewriteable- als auch ein DVD-Rom-Gerät. Das Kombigerät beschreibt CD-R-/RW-Medien und liest DVDs mit vierfacher Geschwindigkeit. CD-Roms verarbeitet der Atapi-Rekorder mit 24x. Die mittleren Zugriffszeiten liegen zwischen 140 (DVD) und 105 Millisekunden (CD). Der Hersteller glaubt, mit dem SD-R1002 genau den Anwenderbedarf zu treffen. "CD-RW und DVD gehören heute zu den Technologien mit dem größten Wachstum in Europa", sagt Tom

Frawley, European Marketingmanager bei Toshiba. "Die Kombination eines Drives, in dem beide Techniken vereint sind, gibt uns die Möglichkeit, beide Märkte simultan zu bedienen, das heißt, unseren Kunden sowohl umfassende Speicher- als auch Playbacklösungen im Multimediabereich anbieten zu können."

Selbst der Guru unter den Storage-Analysten, Bob Peyton, scheint von dem Konzept beeindruckt. "Toshiba übernimmt die Führung bei einem Produkt, das, wie IDC glaubt, das ultimative multifunktionale Peripheriegerät der nächsten Jahre werden könnte", erklärt der Direktor European Storage Research von IDC.

Die Frage ist allerdings: Will der Anwender wirklich eine All-in-One-Kombination beziehungsweise wieviel ist er bereit, dafür auszugeben? Der Preis ist bis dato noch ein Geheimnis. Die Distribution erwartet die ersten Laufwerke Mitte November. Bisher wird über einen Händlereinkaufspreis von rund 700 Mark spekuliert. In dieser Konstellation würde der Verkaufspreis bei knapp unter 1.000 Mark liegen.

Das halten Beobachter für deutlich zu hoch. "Um erfolgreich zu sein und um in großen Stückzahlen zu laufen, darf das Drive nicht mehr kosten als die Einzelprodukte", erklärt ein Marktbeobachter gegenüber ComputerPartner. Der Verkaufspreis für ein DVD-Rom liegt derzeit bei rund 300 Mark, für ein CD-RW müssen knapp 400 Mark veranschlagt werden. Gelingt es Toshiba, das Delta von zirka 300 Mark zu überbrücken, könnte das Kombilaufwerk durchaus einschlagen.

Philips verschiebt Einführung von DVD (Plus) RW

Für September war die Markteinführung des Philips "DVD (Plus) RW 3.0 GB" geplant. "Diesen Termin können wir nicht halten", erklärt Unternehmenssprecher Georg Wilde. "Das Laufwerk wird erst Ende des Jahres verfügbar." Der Hersteller positioniert das wiederbe-schreibbare DVD-Drive als Bandersatz und Backup-/Archivierungslösung. Gegenüber Tape-basierten Speichermedien führt Philips den beliebigen und schnelleren Zugriff auf die gespeicherten Daten ins Feld. Zudem lassen sich DVD (Plus) RW-Disks wie konventionelle CDs einsetzen. Diese Eigenschaften sollen die Technik zu einer Alternative zu MO- und DVD (Minus) RAM machen.

Doch auch hier stellt sich die Frage, ob der Hersteller den richtigen Preispunkt treffen kann. DVD (Minus) RAM ist den meisten mit einem Verkaufspreis von rund 1.150 Mark noch viel zu teuer. MOs haben zwar viele Vorteile, doch konnten sie nie das Image des teuren Speichermediums ablegen. Für Unternehmens-Backups sind Bandlaufwerke die erste Wahl. Sie warten mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis auf.

Kritiker behaupten, Philips orientiere sich an Nischenlösungen. Daher wird das DVD (Plus) RW 3.0 GB selbst auch kein Massenprodukt werden. Für das DVD-(Plus)-RW-Format spricht, daß neben Philips namhafte Firmen wie HP, Sony, Ricoh, Mitsubishi und Yamaha dahinter stehen. Während sich die Hersteller aber darum streiten, ob DVD (Plus) RW oder DVD (Minus) RAM die bessere Technik ist, hat der Konsument mit CD-RW seine Wahl längst getroffen. Ihm geht es dabei weniger um die Speicherkapazität als um die Möglichkeit, Audio-CDs zu brennen. Solange DVD das nicht kann, wird es sich auch nicht in großen Stückzahlen verkaufen. Möglicherweise hat To-shiba das bereits erkannt und macht sich daher mit dem Kombi-Laufwerk lieber selbst Konkurrenz. (kfr)

Die Markteinführung von Philips "DVD (Plus) RW 3.0 GB" hat sich von September auf Ende des Jahres verschoben.

"Noch ist das Preisdelta zwischen CD-Rom und DVD zu groß", sagt Computer-2000-Manager Stefan Klima.

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