Fertigungsstätte Bankrott

27.05.1999

HALLBERGMOOS: Olivettis Computerfertigung in Italien ist bankrott. Macht nichts, dachte sich wohl das Management und startet derzeit einen Wiederbelebungsversuch. Doch die deutschen Vertriebspartner sind nicht bereit, die neuerlichen Lieferengpässe klaglos hinzunehmen.Was macht ein Hersteller ohne seine Fertigungsstätte? Ganz schnell Ersatz suchen oder sich vom Markt verabschieden, sollte man meinen. Aber Olivetti Computers läßt sich von solchen Geschehnissen nicht aus der Ruhe bringen: "Wir sind sicher, daß sich die Produktionsstätte in Italien wieder berappelt", gibt sich eine Mitarbeiterin in Hallbergmoos zuversichtlich. Schließlich habe zwar die Schwesterfirma OP Computers S.p.A. am 14. Mai Konkurs angemeldet, durch Management-Buy-Out und die fixe Neugründung von "Olivetti Euro Computers" könne es aber bald weitergehen wie bisher. Ein entsprechendes Anschreiben an die Fachhändler existiert. Allerdings: Nur wenige haben es erhalten, und kaum jemand wurde daraus klug.

Armin Hofmann, General Manager Central Europe, erklärt darin, es seien im Konzern "erhebliche Umstrukturierungen" vorgenommen worden. "Und als daraus resultierende Änderung hätte sich dann der Konkurs der Produktionsstätte ergeben. Die Rede ist von einer anderen Olivetti, die jetzt plötzlich fertigt", wundert sich der Vertriebsmann eines großen Olivetti-Partners. "Wo haben sie die jetzt hergezaubert?"

Olivetti-Gruppe spendiert über 50 Millionen Mark

Die Erklärung: Die Ex-OP-Manager gründen der italienischen Presse zufolge eine Firma mit Namen Alcione, und mieten die bankrotte Computerfertigung samt der dort beschäftigten 1.200 Mitarbeiter. Die fertigen dann die Systeme unter dem Namen Olivetti Euro Computers. Dem Vernehmen nach schießt die Olivetti-Gruppe (immer noch mit einer Minderheitsbeteiligung dabei) diesem Rettungsversuch 50 Milliarden Lire (rund 50,5 Millionen Mark) zu.

"Wahrscheinlich werden die Produkte vorübergehend etwas knapp", räumt die deutsche Marketingmanagerin ein, "aber das normalisiert sich. Das Business geht weiter." Fragt sich nur, ob die Vertriebspartner das auch so sehen. Beispielsweise Peacock, das erst im März die komplette Produktpalette von Olivetti in sein Sortiment aufgenommen hatte. Oder Macrotron, das seit langem Olivetti-Disti ist. Doch obwohl so manch ein Produktmanager bei den Großhändlern die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, gibt man sich nach außen gelassen: "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg", sinniert beispielsweise ein Vertriebsmann. "Auch Distributoren haben in der Vergangenheit mit Konsolidierungs-erscheinungen zu tun gehabt. Hier sind viele Hersteller den Weg mitgegangen und haben auch in schwierigen Zeiten ihren Distributions-Partnern nicht den Rücken gekehrt." Man bleibe also im Geschäft mit Olivetti. Die Fachhändler sehen das längst nicht so abgeklärt. Schließlich ist für Loyalität im harten Hardware-Tagesgeschäft nicht viel Raum. Kurz: Bei Olivetti-Händlern herrscht dicke Luft. Offenbar kann der Hersteller schon seit Wochen nicht mehr liefern - und keiner wußte, warum. "Olivetti hat mich nicht informiert - aber ich hatte sowas in der Nase", schüttelt ein langjähriger Olivetti-Händler im Raum München den Kopf. "Seit April habe ich von denen kein Produkt mehr bekommen - und hätte ich nicht einen guten Informanten in Italien, hätte mich das ganz schön in die Bredouille bringen können!" Was er meint: Ihm lag eine "ganz beachtlich große Order" eines Kunden für Olivetti-Computer vor. Den konnte er noch rechtzeitig warnen, daß da nichts mehr kommt, und verkaufte ihm statt dessen eben Siemens-Geräte. "Noch mal gutgegangen", zeigt er sich erleichtert. "Aber nachdem schon im September/Oktober nicht geliefert werden konnte - Gott weiß, warum nicht -, heißt für mich die Konsequenz: Olivetti wird bei mir nicht mehr aktiv beworben oder angeboten, nur noch auf Anfrage!"

Genauso sauer ist ein Kollege aus dem Norden: "Olivetti? Die haben mich gerade wieder ganz schön draufgesetzt. Jetzt erfahre ich von Ihnen, wieso. Wissen Sie: Der Zug ist für mich abgefahren!" Er setzt jetzt ebenfalls auf Siemens und einen lokalen Assemblierer. Ganz kurzen Prozeß plant ein westfälischer Händler: "Mir reicht's jetzt. Olivetti fliegt bei mir raus. Andere Hersteller haben auch schöne Computer...!"

Olivetti-Chef Hofmann dazu gegenüber ComputerPartner: "Wir wollten unsere Partner eigentlich schon Anfang April informieren - aber die Mühlen der Administration in Italien mahlen so langsam, daß es nicht so lief, wie wir uns das hier vorgestellt haben. Ab Anfang Juni läuft die Produktion aber wieder an. Wann wir allerdings wieder die vollen Stückzahlen fertigen können, läßt sich derzeit noch nicht sagen." (du)

Über dem Olivetti-Fertigungswerk im italienischen Scarmagno schwebt der Pleitegeier. Doch noch hofft man im Management: "Die berappeln sich wieder!"

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