Festplatten

03.11.1999

MÜNCHEN: Der Absatz von Retail-Kits im Festplattenmarkt ist verschwindend gering. Billigere Bulk-Ware läßt sich besser verkaufen, ist aber auch störanfälliger.Die Marktforscher von IDC sehen den europäischen Festplattenbedarf 1999 bei zirka 50 Millionen Stück. Das Gros davon wird direkt in PCs und Subsysteme integriert oder als Bulk-Ware verkauft. Retail-Kits sind eher ungewöhnlich. In Deutschland versuchen sich derzeit Quantum und Western Digital darin, ihre Laufwerke in bunten Kartons an den Kunden zu bringen.

Beide Hersteller nutzen die Retail-Kits als Möglichkeit, den Firmennamen bekannter zu machen. Für Jens Hartmann ist es wichtig, dem Kunden ein komplettes Paket anzubieten. "Es werden ungefähr zweimal mehr Festplatten verkauft als PCs. Der Upgrade-Markt ist daher relativ groß", erklärt der Europa-Direktor von Western Digital. "Mit einem reinen Laufwerk ist es meist nicht getan, daher statten wir unsere Kits mit einem Einbaurahmen und einer sechssprachigen Einbauanleitung aus. Bei Prob-lemen hat der Käufer auch gleich eine Hotline-Nummer parat, die er anrufen kann."

Der wichtigste Vorteil von Retail-Kits ist jedoch, daß die Geräte schonender behandelt werden. Die Laufwerke sind von der Bestückung an bis zum Endkunden von einer schützenden Schaumstoffverpackung umgeben. Bulk-Platten sind das nicht.

"Man darf nicht vergessen, daß Festplatten eine mechanische und daher empfindliche Komponente sind", sagt Claudia Hesse, Group-Manager PC Components & Mass Storage bei Computer 2000. "Eine Harddisk geht auf dem Weg zu ihrem Bestimmungsort durch sehr viele Hände." Und jeder Handgriff schadet dem Laufwerk. Ein Bulkdrive, das lediglich in eine Antistatikhülle gekleidet im Regal liegt, hat gute Chancen, des öfteren von interessierten Kunden in die Hand genommen zu werden, um dann mehr oder weniger unsanft wieder abgelegt zu werden. "Es ist eindeutig erwiesen, daß beispielsweise OEM-Festplatten weniger Defekte aufweisen als Distributionsplatten", weiß Hesse.

Rainer Thieme sieht es ähnlich. "Es gibt leider unheimlich viele Retailer, die nach wie vor Bulk-Ware vertreiben. Die verkaufen es für zehn Mark billiger, und es ist ihnen egal, ob das Produkt dann weniger geschützt ist oder nicht", so das frustrierende Resümee des Regional-Sales-Managers von Quantum. "Das ist die Erfahrung, die wir als Distributoren machen", konstatiert Hesse. "Auch ein Mediamarkt oder wie sie alle heißen, kauft Bulk. Der Prozentsatz bei den Festplattenherstellern an Retail-Kits im Vergleich zu Bulk-Ware ist minimal."

Wohl auch ein Grund, warum Sea-gate diesen Markt nicht mit eigenen Produkten bedient. "In Amerika hatten wir Retail-Kits", sagt Hans-Dieter Blaser, Vice President Sales Central Europe. "Wir hatten es auch für Europa geplant, aber letztendlich steht der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen, und wir haben gesagt, okay, laß die anderen machen, die können dann drei Mark mehr verlangen und gut", frotzelt Blaser.

Fachhändler, die nicht nur die höheren Kosten der Retail-Platten sehen, können durchaus davon profitieren. Jeder Handgriff schadet der Platte. Bulk-Laufwerke werden beim Hersteller gefertigt und verpackt, beim Distributor und später beim Wiederverkäufer ausgepackt und erneut verpackt. Dazwischen gibt es keine Garantie, wie sanft die Paketdienste damit umgehen. "Je behutsamer die Festplatten behandelt werden, desto geringer ist die Ausfallrate", sagt Hartmann. "Durch die Garantie entsteht offensichtlich kein materieller Schaden - sofern die Daten gesichert wurden - doch laufen im Handel versteckte Kosten auf. Die Zeit, die der Vertriebspartner aufwenden muß, um die defekte Ware anzunehmen, zu überprüfen und weiter zu versenden, kostet im Endeffekt Geld." (kfr)

"Rein kommerziell bringen Retail-Kits nicht viel", glaubt C2000-Managerin Claudia Hesse.

Retail-Kits kosten mehr, bieten aber auch mehr: WD liefert neben dem Laufwerk ein Einbauset mit Anleitung.

"Bei Bulk-Ware muß mit einer höheren Returnrate gerechnet werden", warnt Jens Hartmann von Western Digital

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