Filter machen das Ausgangssignal kaputt

27.09.2001
Die Signalqualität der Grafikkarten hat in den letzten Jahren recht stark nachgelassen, berichten Messexperten. Besonders im Business-Bereich bei hohen Auflösungen fallen viele Karten durch schwache Ausgangssignale auf.

Monitor und Grafikkarte sollten ein eingespieltes Team bilden. Es dürfte einsichtig sein, dass eine superteure Grafikkarte zusammen mit einem Schnäppchenmonitor aus dem Supermarkt kein Garant für optimale Bildqualität ist. In diesem Artikel geht es auch gar nicht um die zur Zeit hochgelobten superschnellen Hochleistungsgrafikkarten für Hardcore-Spieler. Die meisten Rechner werden immer noch im Business-Bereich eingesetzt. Und eine schnelle Berechnung von 3D-Effekten gehört im Office nicht zu den üblichen Aufgaben. Eine gute 2D-Karte ist hier ein Muss. Allerdings darf die Karte auch nicht zu teuer sein, mehr als 100 bis 200 Mark sind die meisten Chefs nicht bereit dafür auszugeben.

Videosignale

Damit die Grafikkarte optimal mit dem Monitor zusammenarbeiten kann, sind Absprachen zwischen den beiden Geräten notwendig. Eine Norm regelt zum Beispiel die Signalamplitude (Höhe der maximalen Ausgangsspannung der Grafikkarte). Die Amplitude ist nach der Norm auf maximal 0,7 Volt oder 700 mV festgelegt. Dabei steht ein Signalpegel von 0 V für Dunkel und 0,7 Volt für maximale Helligkeit. Früher erreichten alle Grafikkarten diese Werte problemlos. Aber vor wenigen Jahren war es auch einfacher. Erstens wurden geringere Auflösungen gefahren. Wer hatte schon einen 19-Zoll-Monitor? Und zweitens gab es keine CE-Norm.

Mit der Einführung der CE-Norm begann das Dilemma der Grafikkartenkonstrukteure. Um die Störstrahlung des Rechners auf ein Mindestmaß zu beschränken, muss der PC komplett abgeschirmt werden. Das lässt sich bei innen liegenden Komponenten durch ein massives Stahlblechgehäuse recht gut erreichen. Da aber die Grafikkarte ihre Signale zu einer Buchse an der Rückseite des Rechners führt, liegen die hohen Frequenzen (teilweise über 300 MHz) direkt an der Außenseite des PCs. Um die Störstrahlung trotzdem in den Griff zu bekommen, werden Filter in den Signalweg der Karte eingeschleift. Die Filter bestehen aus Widerständen (R), Kondensatoren (C) und Spulen (L). Diese RCL-Kombinationen filtern aber nicht nur die Störstrahlung aus, sondern schwächen gleichzeitig auch das Nutzsignal. Außerdem sind diese Filter frequenzabhängig. Je kleiner die Auflösung eingestellt wird (das heißt kleine Ausgangsfrequenz), desto höher ist das Ausgangssignal. Das darf aber nicht viel höher als 700 mV werden, sonst wird der Monitor übersteuert, und die Bilddarstellung verschlechtert sich drastisch.

Bei hohen Auflösungen ist das Gegenteil der Fall. Jetzt sinkt der Pegel des Ausgangssignals, da nun die Filter einen Großteil der Nutzspannung abschwächen. Bei manchen Grafikkarten sinkt die Ausgangsspannung teilweise sogar unter 500 mV. Für den Monitor ist das natürlich zu wenig, und das Bild wird insgesamt dunkler. Die Folge: Der Anwender muss die Helligkeit des Bildschirms hochregeln. Das belastet einerseits die Hardwarekomponenten des Monitors, und andererseits sinkt der Dynamikumfang des Computerbildes. Denn jetzt stehen ja nicht mehr 700 mV, sondern beispielsweise nur noch 500 mV zur Verfügung.

Grafikkarte ist nicht gleich Grafikkarte

Während im Spielesegment höchste Rechenleistung des Grafikprozessors an erster Stelle der Wunschliste der Anwender steht, ist es im Businessbereich die Auflösung bei ermüdungsfreien hohen Bildwiederholfrequenzen. Und gerade die hohe Auflösung bei einer Bildwiederholrate macht den Entwicklern zu schaffen. Denn der Ausgangsfilter lässt sich eigentlich nur für eine Frequenz optimal berechnen.

Beim Start eines jeden PCs wird die Einschaltsequenz auf dem Bildschirm aber unter DOS mit der Standardauflösung 640 mal 480 Pixel angezeigt. Erst nach dem Windows-Start erfolgt die Umschaltung auf eine höhere Auflösung. Preiswerte Karten bieten während der Startsequenz oft ein Bild, bei dem die einzelnen Zeichen alles andere überstrahlen. In diesem Fall liegt der Ausgangspegel weit über der geforderten Spannung von 700 mV. "Weit über 800 mV Signal-Amplitude sind keine Ausnahme, sondern eher die Regel", weiß ein Entwickler zu berichten.

Optimiert sind die Filter inzwischen für Auflösungen von 1.024 mal 768 und 1.280 mal 1.024. Hier werden von vielen Grafikkarten die Spezifikationen eingehalten. Wird aber die Auflösung noch höher geschraubt, sinkt der Ausgangspegel bei vielen Karten drastisch ab.

Welche Karte nun für Office-Anwendungen die Beste ist, wollte keiner der befragten Hersteller sagen. Doch hinter der Hand und ganz inoffiziell verwiesen mehrere Hersteller unabhängig voneinander auf Matrox-Karten. "Wer in den Business-Markt will, muss sich an einer Matrox-Karte messen lassen.", sagte ein Produktmanager eines großen Grafikkartenherstellers. "Die Entwickler haben den Bogen raus. Deren Filter sind so gut abgestimmt, dass selbst bei höchsten Auflösungen noch knapp 700 mV am Ausgang zu messen sind. Und bei der kleinsten Auflösung steigt die Ausgangsspannung nicht über 780 mV an." Einige Unternehmen haben sogar schon die Filter aus Matrox-Karten ausgelötet und in ihre eigenen Karten eingebaut - allerdings mit unbefriedigendem Ergebnis. Denn auch das Leiterbahndesign spielt eine große Rolle bei der Dimensionierung der Filter.

ComputerPartner Meinung:

Die Einhaltung der CE-Norm ist bei Grafikkarten eine Gratwanderung zwischen bestem Bild und geringer Störabstrahlung. Vielleicht gibt es ja einmal Grafikkarten, die nur für eine definierte Auflösung ausgelegt sind. Dann lässt sich der Filter optimal anpassen und wird mit bester Bildqualität belohnt. Doch bis es soweit ist, muss man halt mit diesen Kompromissen leben. (jh)

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