Finanzierungsprobleme Verhindern den Kauf des PC-Werkes von SNI

17.09.1998

München: Der Deal, der schon in trockenen Tüchern schien, ist überraschend geplatzt: Acer wird das PC-Werk von Siemens Nixdorf in Augsburg mangels Geld nun doch nicht kaufen. Die Produktionsstätte mit 1.900 Mitarbeitern, die zum 1. September in die eigenständige Tochtergesellschaft PCS GmbH & Co. KG überführt wurde, soll vorerst unter den Fittichen von Siemens bleiben.Katzenjammer bei Acer Deutschland: Noch zwei Tage vor der überraschenden Wende in Sachen SNI-PC-Werk hatte Geschäftsführer Klaus M. Muuß ComputerPartner mit dem Brustton der Überzeugung versichert: "Mitte des Monats September haben wir die Vereinbarung abgeschlossen!" Der Traum ist ausgeträumt. Statt der Einverleibung der begehrten PC-Produktionsstätte in Deutschland, die eine wichtige Rolle im Rahmen der europäischen Expansionsbestrebungen der Taiwaner gespielt hätte, regiert nun Küchenmeister Schmalhans. Die Asien-Krise, noch im April bei Unterzeichnung des Memorandum of Understanding als ein Grund für die Kaufgelüste von Acer genannt, hat den Geldbeutel des taiwanischen Konzerns kräftig durchlöchert und Acer-Chef Stan Shih zu einer Revision seiner Investitionen gezwungen. Außerdem soll der Sicherung und Restrukturierung des Halbleiterbereiches Vorrang eingeräumt werden.

Daß die Taiwaner jetzt zum gesammelten Rückzug bliesen, lag laut Axel Heim, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Siemens Nixdorf in Augsburg, aber auch daran, daß "der Kaufpreis selbstverständlich in Mark festgelegt worden ist. Und der starke Kurssturz, den der asiatische Dollar seit April mitmachen mußte, machte Acer die Finanzierung immer schwerer, je länger sich die Verhandlungen hinzogen." Dagegen versucht Acer-Deutschland-Statthalter Muuß zu relativieren: "Wir haben ein Angebot zur Finanzierung vorgelegt, doch dieses wurde von Siemens als nicht akzeptabel abgelehnt."

Daß sich der Abschluß der Verhandlungen immer wieder hinausschob, lag laut Heim an den zahlreichen Verträgen, die es im Zuge des geplanten Deals auszuarbeiten und durch die Rechtsanwälte niet- und nagelfest zu machen galt. "Die OEM-Vereinbarung mußte vertraglich fixiert werden, dann natürlich auch der Verkauf des PC-Werkes an sich, und schließlich waren auch Kooperationsvereinbarungen auszuhandeln. Den Umfang haben beide Seiten etwas unterschätzt", so der SNI-PR-Mann, der eilig hinzufügt, daß man nun keineswegs zerstritten auseinandergegangen sei.

Expansion bleibt dennoch Ziel

Ob zerstritten oder nicht ist allerdings nach dem neuesten Stand der Dinge auch unerheblich. Siemens und Acer müssen sich notgedrungen auf die veränderten Gegebenheiten einstellen. Der Münchner Elektroriese hat unverhofft wieder die PC-Fertigung am Hals, ein neuer Kandidat für die Übernahme ist nicht in Sicht. Zumindest SNI-Manager Heim aber gewinnt der neuen Situation Positives ab: "Die Unsicherheit unter den Mitarbeitern, die sich immer einstellt, solange nicht klar ist, in welche Richtung man sich bewegt, ist weg. Alle wissen jetzt, wie es weitergeht und können sich nun auf das Tagesgeschäft konzentrieren."

Acer-Manager Muuß indes macht aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. "Daß der Deal nicht zustande kommt, finde ich sehr schade. Schließlich war ja nicht nur die Übernahme des PC-Werkes vorgesehen, sondern die Acer-Gruppe sollte auch Exklusivlieferant für Siemens-PCs werden. Das allein hätte die Stückzahl für Acer-PCs in Europa in die Höhe getrieben."

So aber wird aus der anvisierten PC-Offensive in Europa nun erst einmal nichts. Und auch in bezug auf die unter PC-Herstellern mittlerweile so gängigen Produktionsstrategien wie "Build-to-Order", was im SNI-Werk an der Tagesordnung ist, muß man sich jetzt selbst etwas einfallen lassen. "Wir hatten damit zwar kurz vor Aufnahme der Gespräche mit Siemens hier in Ahrensburg und auch in unserer Fertigungsstätte in Holland schon angefangen, das aber im Zuge der Verhandlungen ein bißchen vernachlässigt. Jetzt müssen wir sehen, daß wir dieses Konzept für unsere Partner kurzfristig umsetzen", so Muuß.

Zusätzlich trüben dürfte die Stimmung des Acer-Deutschland-Chefs, daß einem ein PC-Werk mit einem Ausstoß von zuletzt 1,4 Millionen Stück im Jahr nicht jeden Tag in den Schoß fällt. Acer selbst kommt in Ahrensburg auf gerade mal 250.000 Stück. Da auch in naher Zukunft die Übernahme einer größeren PC-Fertigungsstätte nicht anstehen dürfte, heißt es nun, Alternativkonzepte in puncto Wachstum auszutüfteln. "Wir wollen auf jeden Fall weiter expandieren", gibt sich Muuß kämpferisch. "Aber dabei wird es sich nun um eine allmähliche Expansion handeln, die den Marktgegebenheiten und der Nachfrage angepaßt ist." (bk/du)

Acer-Deutschland-Chef Klaus M. Muuß: "Daß der Deal nicht zustande kommt, finde ich sehr schade."

Im SNI-Werk in Augsburg werden pro Jahr 1,4 Millionen PCs gefertigt.

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