Finanzpartnerschaften zwischen Herstellern und Händlern

24.09.1998

HÜTTENBERG: Finanzierung ist per se ein sensibles Thema. Wenn es dann auch noch um Unterstützung der Vertriebspartner durch ihre(n) Lieferanten geht, spielen neben den finanziellen Aspekten auch Machtfaktoren mit, denn oftmals gehen dem Händler die Bedingungen, die an die angebotene Hilfe geknüpft sind, zu weit. Die Unternehmensberater Gerhard J. Pleil* und Dieter W. Keil* erstellten eine Marktstudie über Gegebenheiten und Erfordernisse in diesem Bereich.Hintergrund für die Studie bildet das aufgrund der kritischen Kapital- und Ertragssituation zahlreicher Händler sprunghaft gestiegene Interesse an dem früher oft negierten Thema "Finanzierung". Während 1995 nach einer Befragung von Global Touch Inc. nur sieben Prozent der Befragten Finanzierungsfragen als "wichtig/sehr wichtig" einstuften, zeigt das aktuelle Ergebnis mit 84 Prozent eine dramatische Veränderung auf.

Vor diesem Hintergrund war es erforderlich, einen Vergleich der wichtigsten, am deutschen Markt operierenden PC-Hersteller durchzuführen. Da sich Vertriebspartner (VP) oft untereinander informieren, können größere Unterschiede im finanziellen Bereich der Partnerschaft schnell zum Vor- oder Nachteil gereichen. Die Hersteller selbst geraten zunehmend in eine unangenehme Lage, da Finanzierungsprobleme ihrer Partner immer häufiger auftreten. Für das Finanzmanagement des Herstellers sind daher drei Fragen von Bedeutung, die letztlich die Basis für unsere Befragung darstellen:

1. Welche Frühwarnsysteme können zusätzlich eingesetzt werden, um rechtzeitig ernstzunehmende finanzielle Schwierigkeiten des Vertriebspartners erkennen zu können?

2. Wie kann ein Hersteller seinem Vertriebspartner realistisch und wirkungsvoll helfen, wenn dieser einen finanziellen Engpaß nicht mit eigenen Ressourcen überwinden kann?

3. Wie verhalten sich andere in Deutschland produzierende Hersteller bezüglich dieser Thematik?

Um ein brauchbares Ergebnis zu erhalten, wurden neben Herstellern auch Vertriebspartner sowie Einkaufsorganisationen und auch typische Finanzierungsgesellschaften der Branche befragt.

Wie erwartet sehen Vertriebspartner die Welt naturgemäß etwas anders als Hersteller. Die Interessen sind hier überwiegend auf die Erhaltung des selbständigen Status in all seinen Facetten ausgerichtet. Die Hersteller dagegen sind eher alternativ-strategisch denkend ausgerichtet und stellen die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Kanäle immer wieder kritisch zur Disposition. Bei näherer Betrachtung lassen einige Hersteller jedoch erfreulich klar erkennen, da ihnen das Wohl des Partners sehr wichtig ist, weil davon auch ihr Erfolg abhängig ist.

Bei aller Unterschiedlichkeit der Standpunkte war bei den kaufmännisch orientierten Gesprächspartnern ein gemeinsamer Grundkonsens vorhanden, der sich in der These: "Das Finanzierungsproblem ist eine Zeitbombe und muß höheren Stellenwert bekommen" zusammenfassen läßt.

Der schlimmste Fall - nämlich der komplette Firmenzusammenbruch - spielt sich zwar überwiegend bei den kleineren Vertriebspartnern ab, aber auch die größeren sind nicht ohne Sorge, obwohl die Auftragsbücher meistens besser gefüllt sind. Gerade im Projektgeschäft sind die Margen mittlerweile verschwindend gering (zum Teil unter fünf Prozent) geworden. Zwischen- und Projektfinanzierungen verursachen hier besondere Probleme.

Daß es nicht allen langjährigen Vertriebspartnern von in Deutschland ansässigen IT-Herstellern gutgeht, ist bekannt. Einige sind sogar schlecht dran. Da sie es aus guten alten Tagen (die gar nicht sehr lange zurückliegen) gewohnt waren, aus dem Vollen zu schöpfen, tun sie sich oftmals schwer, in einer finanziell angespannten Situation rechtzeitig Wege aus dem Engpaß einzuschlagen. Sie warten zu lange ab nach dem Motto: "Das wird schon wieder." In der derzeitigen Marktlage werden sich jedoch die Dinge selten von selbst bessern.

Finanzielle Misere bessert sich nicht von selbst

Unternehmer dieser Kategorie haben auch oft ein Problem damit, einen kaufmännischen Engpaß gegenüber einem Lieferantenpartner einzugestehen und einen gemeinsamen Ausweg zu suchen. Im Gegenteil: Die harten Fakten werden verschwiegen, um, wie man glaubt, das Gesicht zu wahren. Man realisiert nicht, daß mangelnde Offenheit später zum gravierenden Nachteil werden kann.

Bricht ein VP-Unternehmen endgültig zusammen, so findet der Hersteller in aller Regel eine traurige Hinterlassenschaft vor. Zunächst ist dies ein Imageverlust, der um so größer ist, je mehr zuvor mit seinem Namen von der Pleitefirma geworben wurde. Weiter finden sich zumeist unklare Lagerbestände, auf die der Konkursverwalter die Hand hält. Normalerweise gibt es auch Ärger mit Kunden, die in der Endphase nicht mehr ordentlich betreut wurden und die nun alle Hilfe vom Hersteller erwarten. Und last, but not least hinterläßt ein Pleitier offene Rechnungen, die von manchem Drittlieferanten irgendwie auch mit dem Herstellerpartner in Verbindung gebracht werden, denn sein Name stand ja groß über der Tür.

Manche Hersteller versuchen zumindest zu vermitteln und suchen nach Lösungen. In Ausnahmefällen bezahlen sie auch. Man hat ja was zu verlieren, will möglichst wenig Aufhebens und vor allem keine negative Presse. Alles in allem entstehen Aufwendungen, die offenbar nicht selten bemerkenswerte Größenordnungen erreichen. Genaue Zahlen erfährt man nicht. Prekär wird die Situation inzwischen für manche Hersteller, weil sich die Fälle häufen.

Selbst wenn sich die Wirtschaftslage wieder etwas entspannt, so lehrt die Erfahrung, daß sich Hersteller zukünftig rechtzeitig und dauerhaft um Finanzfragen mancher ihrer VPs kümmern sollten. Das wird in dieser Schärfe von den Herstellern neu bewertet und nunmehr mit hoher Priorität in die Geschäftsstrategie eingebaut.

Logisch ist, daß man zukünftig alles tun will, um die Probleme erst gar nicht entstehen zu lassen. Was kann also im Vorfeld unternommen werden? Wo hört Controlling auf, und wo beginnt Kontrolle? Wie kann ein Hersteller seinen VP unterstützend beraten - oder sogar tatkräftig beistehen -, und wann gewinnt ein VP den Eindruck, daß er seine unternehmerische Selbständigkeit aufs Spiel setzt? Ist etwa der Gang zum Hersteller für ihn sinnvoller als das Gespräch mit der Hausbank?

Dieser Fragenkomplex beschäftigt alle Hersteller mehr oder weniger. Aber auch aufgeschlossene Vertriebspartner machen sich in dieser Richtung ihre Gedanken. Ausschlaggebend für die Deutlichkeit und Aktualität der gesamten Problematik ist letztendlich die Häufigkeit des "Schadensfalles" innerhalb der letzten zwei Jahre.

Offenheit gefordert - aber selten erbracht

Offenheit im Umgang miteinander proklamieren beide Parteien. Wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, sei es zu spät zum Reden und Handeln. Man wäre auch seitens der Hersteller durchaus bereit, Engpässe zu überwinden, wenn man davon rechtzeitig in Kenntnis gesetzt würde. Die Offenheit von seiten des VPs sei jedoch meistens nicht vorhanden. Dort würde man eher alle möglichen Tricks anwenden, um die Bezahlung von Rechnungen zu verzögern - etwa Lieferungen beziehungsweise Rechnungen ungerechtfertigt reklamieren oder versuchen, die Limits zu überziehen oder Limits durch "Nachkarten" immer wieder ein Stückchen nach oben zu drehen.

Trend zur Distribution

Vertrauen gegen Vertrauen gilt noch etwas. Alte kaufmännische Gepflogenheiten haben insbesondere in den Finanzetagen kaum an Wert verloren. Vertrauensbruch, Durchmogeln, klammheimliche Überziehungsversuche und so weiter fallen auf und irritieren sehr. Ein derartiger Stil wird übel genommen und beeinflußt nachhaltig die Einstellung gegenüber dem Vertriebspartner.

Zunehmend - und vielleicht aus schlechter Erfahrung heraus - gehen Hersteller auf Distanz und schalten einen Distributor als Puffer zwischen sich und den Partnern. Dieser Trend scheint sich mehr und mehr durchzusetzen. Einige Hersteller berichten, daß die Entscheidung, ihre Händler im Normalfalle nicht mehr direkt zu beliefern, richtig war. Einerseits sei das Risiko und die finanzielle Abwicklung ausgelagert, andererseits könne man sich nun verstärkt anderen Aufgaben wie beispielsweise den Key-Accounts zuwenden. Auch dort, wo man noch direkt sowie indirekt beliefert, will man zukünftig den indirekten Weg verstärken. Inwieweit das Problem des Hersteller-Imageverlustes im Falle von Insolvenzen durch einen Distributorenvertrieb gelöst werden soll, bleibt dabei offen.

Hinzu kommt, daß beim Einsatz von Distributoren die Bindung Hersteller/Partner reduziert wird. Letztlich ist der Hersteller dann vom Distributor abhängig, der sich jedoch gleichzeitig mehrerer Lieferanten bedient (Verlust von Differenzierungsfaktoren).

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Hersteller nehmen gern die Dienste von Kreditversicherern und Wirtschaftsauskunfteien in Anspruch. Namentlich erwähnt wurden Creditreform, Bürgel, Gerling und Hermes. Die Inanspruchnahme solcher Dienste beginnt bei der ersten Bonitätsprüfung, geht über ständige Informationen bezüglich des Vertriebspartners und endet dort, wo die Berater von sich aus warnend den Finger heben. Darauf verlassen sich einige Hersteller fast blind, offenbar ist man damit gut gefahren.

Auch die Kreditversicherung gehört meist zur selbstverständlichen Ausstattung der Finanzabteilungen von Herstellern.

In der Not fliesst selten Geld,

und Lieferstopps sind keine Ausnahme

Kaum ein Hersteller, der gerne zugibt, daß er durch direkte monetäre Zuwendungen seinem VP aus Engpässen heraushilft, obwohl Insider wissen, daß es immer wieder geschieht. Anders sieht es bei Projektfinanzierungen aus. Hierfür bieten fast alle Hersteller Zwischenfinanzierungen oder andere Finanzierungsformen an.

In den seltenen Fällen, in denen bei der Frage nach direkten Mittelzuflüssen nicht sofort "Nein" gesagt wurde, wird allerdings auch auf deutliche Einflußnahme beim Vertriebspartner gepocht.

Wenig nützlich aus VP-Sicht ist der vermeintlich allzu schnelle Lieferstopp in Engpaßsituationen. Das sei der Tod des Fachhändlers, sofern er Probleme hat, sagen diese von sich selbst. Dagegen vertreten die Hersteller die Meinung, daß der Zeitpunkt für den Lieferstopp entscheidend sei. Einerseits werden einzelne VPs nicht mehr beliefert, weil man sich vor Verlusten schützen muß. Andererseits erkenne man die Problematik und versuche, so lange wie möglich zu beliefern. Für die richtige Beurteilung des Lieferstopp-Zeitpunkts sei es eben auch erforderlich, daß man die Lage des VP genau kenne und nicht hintergangen werde. Ob dem ihm alternativ durch Vorauskasse-Lieferung geholfen ist, wird von den den Vertriebspartnern kritisch gesehen.

Wie komfortabel die Werkzeuge und Methoden des Hersteller-Controllings sind, bleibt deren gutgehütetes Geheimnis. Aber alle haben ähnliche Mechanismen installiert. Teilweise werden auch ganz offen Auswertungen vom VP angefordert beziehungsweise automatisch überstellt. Sehr aufmerksam wird das Zahlungsverhalten beobachtet. Dies scheint als eins der wichtigsten Warnsysteme der Hersteller sehr gut zu funktionieren.

Trotz des Verständnisses für die Notwendigkeit der Hersteller-Controllingmaßnahmen pochen Vertriebspartner immer wieder auf ihre unternehmerische Selbständigkeit. Alle Maßnahmen und Bindungen dürfen aus deren Sicht nicht soweit gehen, daß die freie Unternehmerentscheidung in Frage gestellt wird. Einige Vertriebspartner würden "lieber aufgeben, als sich in die angeblich totale Abhängigkeit von Herstellern zu begeben". Freilich: In Engpaßsituationen sieht alles anders aus.

Vertriebspartner befinden sich

zu oft in schwacher Position

Der Mittelstand hat oft das Problem, sich nicht in ausreichendem Maße mit dem Thema "Strategie, Eigen-Controlling und Unternehmensführung" auseinanderzusetzen, weil die Tagesroutine angeblich keinen Freiraum dafür läßt. Die Chefsache ist dann keine mehr.

Schlechte Kalkulationen bei geringen Margen geben kränkelnden Unternehmen den Rest. Mancher Unternehmer ist schlecht oder gar nicht beraten und nimmt Aufträge zu jedem Preis an. Etablierte Vertriebspartner mit einer starken Marktposition machen diesen Fehler wesentlich seltener.

Nicht selten bescheinigen Vertriebspartner ihren Steuerberatern - als den klassischen Beratern ihres Unternehmens - mangelnde Qualifikation und/oder mangelnde Initiative. Von vorausschauender oder gar von selbst initiierter Beratung können viele VPs nur träumen. Herstellern böte sich hier eventuell ein Thema an, mit dem VPs tatkräftig unterstützt werden könnten, im Sinne von durch Hersteller (mit)finanzierter, qualifizierter Unternehmens- und Marketingberatung von neutraler Seite. Sinn machen würde dies aber nur im Rahmen eines mittelfristig andauernden und begleitenden Konzepts und nicht durch ein oder zwei Seminare.

Wegen der Befürchtung, die eigene, selbständige Entscheidungsfähigkeit zu verlieren, meidet man den rechtzeitigen und ständigen Kontakt zum Herstellerpartner. Man glaubt, es sei ein Zeichen von Schwäche und Abhängigkeit, sich eng mit diesem "einzulassen". Einblick in die finanzielle Situation wird weitgehend als der Anfang vom Ende empfunden. Nur wenige VPs haben dieses (auch innere) Selbstbewußtsein, fröhlich zu sagen: "Ich habe ein gläsernes Haus, bei mir darf jeder überall hineinsehen."

Echte Partnerschaften realisieren

Der von einigen Gesprächspartnern (VP und Hersteller) geäußerte Wunsch nach gegenseitiger Beteiligung kann nur als Vision bezeichnet werden. Sinn des indirekten Partnervertriebs (aus Herstellersicht) ist es ja, die eigenen (Direkt-)Vertriebsinvestitionen zu limitieren. Und bei VPs kollidiert der Beteiligungswunsch mit dem oft geäußerten Postulat der Unabhängigkeit. Die angeregte Gründung einer Kapitalgesellschaft (VP) birgt die Gefahr in sich, allzu schnell zu einer Subventions-GmbH zu degenerieren.

Nach Auswertung aller vorliegenden Fakten und Ergebnisse ergeben sich aus unserer Sicht abschließend folgende Schlußfolgerungen und Empfehlungen:

1. Finanzierung wird Schlüsselthema des Partnergeschäftes

Die anvisierten Umsatzplanungen der PC-Branche sind nur dann realistisch, wenn es gleichzeitig gelingt, das Finanzierungsproblem zu entschärfen. Bei über einem Drittel der Vertriebspartner besteht aufgrund der zu niedrigen Eigenkapitalausstattung und des limitierten Kreditrahmens akuter Handlungsbedarf. Besonders fatal ist, daß die Situation oft erst erkannt wird, wenn es für eine Korrektur bereits zu spät ist. Bei einigen Herstellern dominiert hier das Prinzip Hoffnung.

2. Es gibt (noch) kein optimales Finanz-Controlling

Kein Hersteller verfügt bisher über ein optimales Finanz-Controlling, zumal damit ein immenser Aufwand verbunden ist. Die konsequente Nutzung der möglichen oder vorhandenen Instrumente gibt jedoch bereits einen relativ guten Sicherheitsstandard. Allerdings wird dieses Instrumentarium nur fragmentarisch genutzt. Bei einzelnen Herstellern liegt der "Erfüllungsgrad" nur bei zirka

50 Prozent, was mit einem zu hohen Restrisiko verbunden ist.

3. Die meisten Hersteller nutzen ähnliche Methoden und Instrumente der Finanzkontrolle

Die von den Herstellern genutzten Methoden und Instrumente der Finanzkontrolle sind weitgehend deckungsgleich; sie werden nur mit unterschiedlicher Intensität, Konsequenz und Härte genutzt. So wurde von Vertriebspartnern moniert, daß zum Beispiel bei zwei Herstellern bei wiederholtem Zahlungsverzug die Geschäftsbeziehung ziemlich rigide beendet würde. Ob dies stets der Königsweg ist, muß bezweifelt werden. Im Regelfall halten wir es für richtig, die individuelle Situation des Einzelfalls abzuwägen. Das Geschäftsgebaren anderer Hersteller wurde dagegen als "toleranter" eingeschätzt.

Generell ist zwischen Methoden des Finanz-Controllings (Bewertung der Faktoren Mahnwesen, Skonti, Zahlungsverhalten, Kreditlimit, Eigenkapital etc.) und den aktiven Finanzhilfen wie etwa aktive Leasingangebote zu unterscheiden. Hier ist noch erheblicher Spielraum für Differenzierungsmöglichkeiten für Hersteller vorhanden.

4. Methodik allein genügt nicht - Vertrauen ist genauso wichtig.

Selbst bei konsequenter Nutzung der vorhandenen Möglichkeiten zum Beispiel durch ein computergestütztes Controlling-Verfahren ê la SAP R/3 bleibt stets ein Rest Unsicherheit, der auf den "weichen" Faktoren wie Vertrauen, Glaubwürdigkeit, Offenheit und Erfahrungen basiert. Der Schlüssel dazu ist ein intensiver persönlicher Kontakt sowohl auf vertrieblicher als auch auf kaufmännischer Ebene, der durch nichts zu ersetzen ist.

Der von einzelnen Vertriebspartnern angesprochene Wunsch nach finanzieller Beteiligung des Herstellers ist ein zweischneidiges Schwert. Zum einen wird der Wunsch meist nur in Krisensituationen geäußert; zum andern steht er im Widerspruch zum häufig geäußerten Postulat der unabhängigen Unternehmensführung.

Erfolgreiche Partnerschaft setzt keine gegenteilige Beteiligungen voraus. Dies schließt die Suche nach neuen Finanzierungsformen, zum Beispiel in Form eines Beteiligungsfonds für junge Unternehmen, keinesfalls aus.

Welche Bedeutung hat eine kontinuierliche

beobachtung des zahlungsverhaltens?

Die ständige Kontrolle des Zahlungsverhaltens wird als wichtigstes (und selbstverständlichstes) Früherkennungssignal gewertet. Im Laufe der Interviews zeigten sich lediglich unterschiedliche Auffassungen darüber, wer die erforderlichen Zahlen aufzubereiten hat.

Soll der hersteller das recht auf einblick in die finanziellen

verhältnisse des vertriebspartners haben?

Die Offenheit gegenüber dem Lieferanten geht nicht bis zum Öffnen der Kontoauszüge. Ein Informationsrecht des Lieferanten wird von den Vertriebspartnern generell abgelehnt (54 Prozent) oder auf Ausnahmen (fünf Prozent) beschränkt. Lediglich einige Hersteller betrachten dies als legitimes Vertragsrecht, insbesondere in der Folge von Engpaßsituationen beim Vertriebspartner. Sie sagen aber auch, daß sie vor Andeutung einer krisenhaften Zuspitzung gar nicht in die kaufmännischen Geheimnisse des Vertriebspartners eindringen wollen, sondern erst, wenn es not tut.

Muss der Vertriebspartner bei einer finanziellen beteiligung des Herstellers mit einer einflussnahme rechnen?

Immerhin 31 Prozent sagen "Ja" oder "nicht selten", wenn es um die Frage des direkten Einflusses geht. In der Praxis ist dies jedoch nur bei einer finanziellen Beteiligung oder bei einem sich in Schwierigkeiten befindenden VP möglich. 64 Prozent der Befragten sind ausgesprochen skeptisch, was die direkten Einflußmöglichkeiten auf das Finanzgebaren der VPs betrifft. Darunter befinden sich die meisten Hersteller.

Welche Bedeutung hat finanzierungs-know-how beim VP?

Hersteller vermissen bei ihren Partnern kaufmännisches Know-how.

Die Befragten können sich eher einen Kaufmann an der Spitze eines Unternehmens vorstellen als einen reinen Vertriebsmann oder Techniker.

Bedeutung des Lieferantenkredits bei vertriebspartnern

Unterschiedliche Meinungen zur Höhe des Lieferantenkredits. 22 Prozent vertrauen einzig auf ihre Kreditversicherer. Was hier nicht steht: Fast alle Gesprächspartner räumen individuelle Gestaltungsmöglichkeiten ein, je nach Bedeutung und Größe des Vertriebspartners sowie entsprechend der Geschäftsbeziehung.

*Dieter W. Keil, Autor des Artikels, ist geschäftsführender Gesellschafter der EDV-Beratung Codik GmbH, Hüttenberg. Gerhard J. Pleil ist Geschäftsführer der PMI Marketing für Informationstechnologien, Kempten.

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